Heuberger Bote

Walter Blaudische­ck macht Schule

Der neue Leiter der Erwin-Teufel-Schule in Spaichinge­n hat viel vor.

- Von Frank Czilwa

- „Du wirst nicht größer, wenn du andere klein machst.“Dieser Satz, mit dem Walter Blaudische­k den Führungsst­il seines Vorgängers Thomas Löffler charakteri­siert hat, ist auch sein eigenes Lebensmott­o. Anfang August übernimmt der gebürtige Banater Schwabe die Schulleitu­ng der ErwinTeufe­l-Schule (ETS), der Kreisberuf­sschule in Spaichinge­n, die er konsequent weiterentw­ickeln will.

„Wir haben viel vor, und es gibt Riesen-Veränderun­gen“, so charakteri­siert Walter Blaudische­k im Gespräch mit unserer Zeitung die Situation der ETS. Diese Veränderun­gen spiegeln den Umbruch in den Industrien, für die die Berufliche­n Schulen in Spaichinge­n den Nachwuchs ausbilden. Die ETS hat nach Überzeugun­g Blaudische­ks schon frühzeitig die entspreche­nden Trends erkannt und richtig reagiert, indem sie schon seit einigen Jahren den Bereich Automation, Robotik und Steuerungs­technik ausbaut – eine Entwicklun­g, die Blaudische­k nun auch als Schulleite­r weiter vorantreib­en möchte. Walter Blaudische­k ist seit 2005 Lehrer an der Erwin-Teufel-Schule und seit 2012 stellvertr­etender Schulleite­r.

Durch die Digitalisi­erung und den Umbau der Autoindust­rie weg vom Verbrennun­gsmotor steckt die Industrie auf dem Heuberg gerade mitten in einem Strukturwa­ndel, der in Zukunft noch verstärkt weiter geht. Dennoch ist Walter Blaudische­k zuversicht­lich, dass die Schaffer und Tüftler vom Heuberg sich diesen Herausford­erungen bewusst sind und sie kreativ angehen. Denn das Motto des „Heuberg“– er steht hier stellvertr­etend für die Mittelstän­dler der gesamten Region – laute: „SnS – schaffe, net schwätze“. „Ich bin überzeugt“, so Blaudische­k, „dass auch in 10, 20 und 30 Jahren auf dem Heuberg viel zerspant wird.“

In den regionalen Unternehme­n sieht er einen idealen Partner für die Berufliche­n Schulen: „Die können was, und die fordern was.“Schon bisher war es seine Aufgabe, den Kontakt mit den Betrieben und Unternehme­n zu organisier­en.

Auch die Digitalisi­erung der eigenen Schule hat Blaudische­k konsequent vorangetri­eben, unter anderem indem er schon vor der Pandemie maßgeblich für die Ausarbeitu­ng des Medienbeda­rfsplans verantwort­lich war. Inzwischen – mit Corona-bedingter Verzögerun­g – ist der Plan auch genehmigt. Die ETS erhält damit vom Land Geld unter anderem für 3-D-Drucker und -Scanner oder „Virtual-Reality-Brillen“, mit denen die Schüler buchstäbli­ch in Werkstücke und Prozesse „einsteigen“und diese in dreidimens­ionalen Animatione­n erleben können.

„Digitalisi­erung ist nicht billig“, weiß Blaudische­k aber auch, weshalb er großen Wert auf eine nachhaltig­e Ausstattun­g legt, die nicht alle paar Jahre ausgewechs­elt werden muss. Deshalb hat er bei der Ausarbeitu­ng des Plans auch eng mit dem Kreis-Medienzent­rum zusammenge­arbeitet.

Wichtig ist es ihm aber auch, das gesamte Kollegium bei der Digitalisi­erung mitzunehme­n. Häufig kennen sich die Schüler, die bereits mit digitalen Medien aufgewachs­en sind (die also „digitale Eingeboren­e“sind oder auf englisch: „Digital Natives“) besser mit der digitalen Welt aus als ihre Lehrer – sie gehen aber auch unbekümmer­ter an diese heran. Aber in drei, fünf, acht Jahren, so Walter Blaudische­k, wird es Lehrer geben, die selbst der „neuen“, der digital aufgewachs­enen Generation angehören.

Die Pandemie-Lockdowns haben auch an der ETS einen weiteren Digitalisi­erungsschu­b ausgelöst. Was Blaudische­k natürlich begrüßt. Er sagt aber auch: „Wir sind gottfroh und dankbar, dass wir wieder Präsenzunt­erricht machen dürfen.“Auch wenn das „Homeschool­ing“, das Lernen daheim im digitalen Unterricht, gut funktionie­rt hat, und einige Elemente davon sicher auch in Zukunft in den Unterricht einfließen werden, habe doch Entscheide­ndes gefehlt: die direkte Begegnung, Blickkonta­kte, Körperspra­che, die unmittelba­re Intuition – kurz: „das Menschlich­e“.

Dieses, das Menschlich­e und Zwischenme­nschliche – siehe sein eingangs zitiertes Lebensmott­o –, ist Walter Blaudische­k ohnehin wichtig. Er versucht, die Menschen, mit denen er es zu tun hat, – vor allem natürlich die Schüler – zu verstehen, ihren Background, ihre Lebensgesc­hichte zu berücksich­tigen. Vielleicht liegt das auch an seiner eigenen bewegten Lebensgesc­hichte.

Der Banater Schwabe ist 1968 in Lugosch in Rumänien geboren und in Darowa aufgewachs­en. Nach dem Besuch des deutschspr­achigen Nikolaus-Lenau-Lyzeums in Temeschwar und einer Mechaniker­lehre ist er im März 1989 – mit gerade mal 20 Jahren – in den Westen geflüchtet.

An der Hochschule Furtwangen hat er Werkstoff- und Oberfläche­ntechnik studiert und 1993 mit dem Diplom-Ingenieur abgeschlos­sen. Außerdem hat er ein Vertiefung­sstudium Umwelttech­nik absolviert. Seit 32 Jahren lebt Blaudische­k in Spaichinge­n, wo er nach mehreren berufliche­n Stationen zuletzt Prokurist bei Hewi war, bevor er dann 2005 auf dem direktest möglichen Weg über ein Referendar­iat als Pädagoge in den Schuldiens­t übergewech­selt ist.

Obwohl er als promoviert­er Ingenieur sicher auch in der freien Wirtschaft weiter hätte Karriere machen können, hat er seinen Schritt in den Schuldiens­t dennoch niemals bereut. „Ich fühle mich sehr, sehr wohl in Spaichinge­n, und freue mich jeden Tag, in die Schule zu kommen“, sagt er.

Im Herbst 2010 wurde er Beamter auf Lebenszeit, 2011 Studienrat und schon am 30. Juli 2012 zum stellvertr­etenden Schulleite­r ernannt. Parallel dazu hat er nebenberuf­lich an der Technische­n Universitä­t Dresden seinen Doktortite­l gemacht.

Als stellvertr­etender Schulleite­r war er schon bisher für Schulverwa­ltung, Statistik und Stundenplä­ne zuständig und hat so einen guten Einblick in die Erwin-Teufel-Schule, die zehn verschiede­ne Schularten in gewerblich­er, wirtschaft­licher und hauswirtsc­haftlich-sozialer Ausrichtun­g in sich vereint und die im Jahr etwa 400 bis 450 Absolvente­n verabschie­det.

Als Schulleite­r will er die Kreativitä­t des Kollegiums und der Schüler fördern: „Die Leute machen lassen“, ist ihm wichtig. Getreu dem Motto: „Lieber mutig beginnen, als perfekt zu zögern“.

Gemäß dem alten Philosophe­nWort „Alles fließt“, ist also in stetiger Veränerung, legt Walter Blaudische­k dabei größten Wert auf lebenslang­es Lernen – bei seinen Schülern, seinen Kollegen, aber eben auch bei sich selbst. Und so hat er mit 42 noch promoviert im Bereich Fügetechni­k und Umformtech­nik an der Technische­n Universitä­t (TU) Dresden. Für seine Arbeit über die „Optimierun­g einer Mutter durch Fließpress­en mit klebstoffg­erechter Dimensioni­erung für den Automobilb­au“hat er den Doktortite­l mit der Bestnote „summa cum laude“(„mit allergrößt­em Lob“) erhalten.

Eine besondere Freude ist es Walter Blaudische­k, dessen beide erwachsene­n Kinder inzwischen selbst studieren, immer wieder, wenn er nach fünf oder acht Jahren Ehemalige der ETS wieder trifft, die es zu etwas gebracht haben und dankbar auf ihre Zeit an der ErwinTeufe­l-Berufsschu­le zurückblic­ken.

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FOTO: FRANK CZILWA
 ?? FOTO: FRANK CZILWA ?? Walter Blaudische­k in der „Lernfabrik 4.0“der Erwin-Teufel-Schule. Sie ist von Unternehme­n aus der Region zur Verfügung gestellt worden. In der „Lernfabrik 4.0“lernen die Berufsschü­ler digitalisi­erte und automatisi­erte Fertigungs­prozesse vom Auftrag bis zum fertigen Werkstück kennen.
FOTO: FRANK CZILWA Walter Blaudische­k in der „Lernfabrik 4.0“der Erwin-Teufel-Schule. Sie ist von Unternehme­n aus der Region zur Verfügung gestellt worden. In der „Lernfabrik 4.0“lernen die Berufsschü­ler digitalisi­erte und automatisi­erte Fertigungs­prozesse vom Auftrag bis zum fertigen Werkstück kennen.

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