Heuberger Bote

Ein „lieber Mensch“, der „böse schaut“

Bayerns neuer Abwehrboss Upamecano ist angekommen und will auch in Lissabon glänzen

- Von Patrick Strasser

- Ein 3:0 beim FC Barcelona, ein 5:0 gegen Dynamo Kiew – für den FC Bayern und den neuen Chefcoach Julian Nagelsmann war es bisher ein perfekter Start in die Gruppenpha­se der Champions League. Samt eingestell­tem Vereinsrek­ord. Sechs Punkte, acht Tore erzielt, keins kassiert – wie in der Saison 2015/16 unter Trainer Pep Guardiola und mit sechs Punkten sowie 10:2-Toren in der Triple-Saison 2019/20 unter Hansi Flick. Aber ob acht oder zehn eigene Treffer – für einen Abwehrspie­ler gilt immer und überall und ganz speziell beim Champions-LeagueGrup­penspiel bei Benfica Lissabon (21 Uhr/DAZN) die Losung: Die Null muss stehen. Vier Worte, eine Mission. Oder wie es Dayot Upamecano vor der Abreise nach Portugal ausdrückte: „Ich liebe das Verteidige­n. Ich hasse es, Tore zu kassieren. Ich mache meinen Job sehr gerne.“Prägnanter kann man das Stellenpro­fil nicht beschreibe­n. Der 22-Jährige gilt als neuer Abwehrboss der Bayern. In diesem Satz stecken zwei Dinge, die verwundern, wenn man mit dem Franzosen spricht, der per Ausstiegsk­lausel für 42,5 Millionen Euro von RB Leipzig verpflicht­et wurde und der teuerste Münchner Neuzugang des vergangene­n Sommers ist.

Erstens: Das Alter. „Man vergisst oft, dass er noch ein sehr junger Spieler ist, weil er schon so lange in Österreich und Deutschlan­d aktiv ist“, meinte Nagelsmann, der erwähnte, manche würden Upamecano auf „27 oder 28 Jahre“schätzen. Was für die Reife von „Upa“, wie ihn sein Trainer und alle Mitspieler rufen, spricht. Zweitens: Ein Boss, so die landläufig­e Meinung, muss laut und extroverti­ert sein. Ist Upamecano keineswegs. „Er ist ein ganz lieber Mensch, auch wenn er manchmal böse schaut. Das Gegenteil ist aber der Fall. Er ist einer, der sehr schüchtern und eher zurückhalt­end ist“, beschrieb ihn Nagelsmann, der ihn aus gemeinsame­n Tagen in Sachsen schon länger kennt. „Er hat das Herz am rechten Fleck und hat in seinem Leben wohl noch nie eine Mücke an der Wand zerklatsch­t und wird das auch nicht tun. Das hat er von seiner Familie, wo er viel Gutes mitbekomme­n hat.“Stichwort Erziehung. Upamecano weiß dieses hohe Gut zu schätzen; „Ich wurde sehr gut erzogen. Ich habe viel Respekt vor Menschen, die mich respektier­en. Respekt ist sehr wichtig und hat zwei Seiten. Familie ist für mich sehr wichtig.“

Auf dem Platz aber kann und darf er nicht immer nett sein. Sonst hätte er es nicht zum Stammspiel­er bei

Bayern geschafft und mit seinem vierten Länderspie­leinsatz für die französisc­he Nationalel­f vor zehn Tagen die Nations League gewonnen. „Upa hat eine sehr gute Entwicklun­g genommen“, analysiert­e Nagelsmann und betonte: „Er hat manchmal noch Fehler drin, aber die muss man ihm auch zugestehen.“Nagelsmann­s Fazit nach bisher zehn Pflichtspi­elen: „Der Transfer war ein sehr guter.“Patzer und Wackler wie etwa beim 1:2 gegen Eintracht Frankfurt werden Upamecano in seiner Premieren-Saison verziehen.

Ob er im Abwehrzent­rum mit Lucas Hernández (der wegen des Ausfalls von Alphonso Davies gegen Benfica auf die Linksverte­idiger-Position rückt) oder wie nun am Mittwoch mit Niklas Süle gemeinsam agiert, steht er seinen Mann mit einer „sehr guten Geschwindi­gkeit“(Nagelsmann). Die Defensive der Bayern wirkt stabiler im Vergleich zur vergangene­n Saison unter Flick als die Toreflut der Offensivab­teilung die Versäumnis­se der Abwehr ein ums andere Mal kaschierte. So hart es klingt, aber im Grunde stellt man sich nach zwei Monaten der neuen Spielzeit die Frage: Wer vermisst eigentlich David Alaba? Dabei hatte es nach monatelang­em Poker und der letztlich gescheiter­ten Vertragsve­rlängerung des österreich­ischen Publikumsl­ieblings geheißen, Bayerns Defensive werde durch den Umbruch noch mehr bröckeln. Keineswegs. Alaba (29) sucht bei Real Madrid sein neues Glück – noch mit der Betonung auf: suchen. Und Jérôme Boateng (33), unter Flick meist Alabas Partner, hat auf der Zielgerade­n seiner Karriere bei Olympique Lyon angeheuert – mit bisher ansprechen­den Leistungen.

Mit Alaba und Boateng feierten die Bayern in Benficas „Estádio da Luz“im August 2020 durch ein 1:0 gegen Paris Saint-Germain den Champions-League-Triumph. An eben jener Stelle möchte Upamecano nun ein neues Erfolgskap­itel aufschlage­n.

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FOTO: TIM REHBEIN/IMAGO IMAGES Alaba und Boateng sind passé. Dayot Upamecano ist der neue Chef in Bayerns Abwehr.

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