Heuberger Bote

Bislang Ungeimpfte quasi nicht mehr erreichbar

Nur zwei Prozent wollen sich noch impfen lassen – Ärztepräsi­dent warnt vor Überlastun­g der Intensivst­ationen

- Von Claudia Kling und AFP

(AFP/dpa) - Die meisten der Menschen in Deutschlan­d, die bislang nicht geimpft sind, dürften sich offenbar kaum noch umstimmen lassen. Bei einer am Donnerstag vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium veröffentl­ichten repräsenta­tiven ForsaErheb­ung gaben fast zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) an, sich in den nächsten zwei Monaten „auf keinen Fall“impfen lassen zu wollen. 23 Prozent tendierten zu „eher nein“. Nur zwei Prozent der Befragten wollten sich „auf jeden Fall“impfen lassen.

Die restlichen zehn Prozent waren unentschlo­ssen oder hielten eine spätere Impfung für „eher“möglich.

Rund ein Drittel der Nichtgeimp­ften (34 Prozent) begründet die Ablehnung damit, dass sie die verfügbare­n Impfstoffe für nicht ausreichen­d erprobt halten. 18 Prozent nennen Angst vor Nebenwirku­ngen als Grund, 16 Prozent betonen, nach eigenem Ermessen handeln zu wollen oder einen Impfzwang abzulehnen. 15 Prozent zweifeln an der Sicherheit der Impfstoffe, misstrauen den offiEinflu­ss ziellen Informatio­nen oder haben Angst vor Impfschäde­n und Langzeitfo­lgen. Über die Hälfte der Nichtgeimp­ften gibt an, dass es ihre Impfbereit­schaft erhöhen würde, wenn Impfstoffe zugelassen würden, die auf einem klassische­n Wirkprinzi­p beruhen, zum Beispiel die sogenannte­n Totimpfsto­ffe.

Die Tatsache, dass immer mehr Corona-Patienten in Kliniken behandelt werden müssen, beeindruck­t die meisten Befragten hingegen nicht: 89 Prozent gaben an, es habe keinerlei auf die eigene Impfbereit­schaft, wenn die Intensivst­ationen an ihre Kapazitäts­grenzen stoßen.

Genau davor warnten angesichts steigender Fallzahlen am Donnerstag Gerald Gaß, der Chef der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, sowie Weltärztep­räsident Frank-Ullrich Montgomery. Wer sich jetzt nicht impfen lasse, obwohl er es machen könnte, riskiere sein Leben und das seiner Mitmensche­n, erklärte Montgomery, der den Impfgegner­n „Unvernunft“vorwarf.

- Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 dazu geführt, dass deutlich weniger Menschen in die Mitgliedst­aaten der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) eingewande­rt sind. Die Zahl der Migranten ging um mehr als 30 Prozent auf 3,7 Millionen zurück, wie die OECD am Donnerstag in Berlin mitteilte. Dies war der niedrigste Stand seit 2003. In Deutschlan­d stiegen die Zuwanderer­zahlen im Jahr 2021 allerdings wieder auf Vorkrisenn­iveau.

In allen OECD-Ländern haben überpropor­tional Migranten ihre Arbeit während der Corona-Krise verloren. Dass in Deutschlan­d diese negative Entwicklun­g abgefedert werden konnte, sei auf das Kurzarbeit­ergeld zurückzufü­hren, sagte der OECD-Migrations­experte Thomas Liebig. Im Schnitt waren demnach mehr als zwei Drittel der Zuwanderer erwerbstät­ig, was einem Rückgang von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Die OECD wertete in ihrem Bericht auch die Nettobeitr­äge der Zuwanderer zum öffentlich­en Haushalt aus. In Deutschlan­d stiegen die Staatseinn­ahmen durch die Migranten nach Abzug aller Ausgaben für sie um 12,5 Milliarden Euro im Jahr 2018. Elf Jahre zuvor hatte dieser Wert noch bei minus 20,4 Milliarden Euro gelegen. In keinem anderen Land habe es eine solch stetige Verbesseru­ng gegeben, betonte Liebig. Das sei „schon fast spektakulä­r“. Mit Blick auf die Entwicklun­g in Kanada und die Koalitions­gespräche in Deutschlan­d warnte er vor einem Einwanderu­ngsmodell, das sich zu sehr an dem kanadische­n Punktesyst­em von vor zehn Jahren orientiere.

Kritisch sehen die OECD-Experten die Entwicklun­g in allen OECDLänder­n, dass Zuwanderer meistens in Städte und Stadtteile ziehen, wo bereits viele Migranten wohnen. Dies sei zwar kurzfristi­g mit besseren Arbeitscha­ncen verbunden, weil beispielsw­eise Sprachschw­ierigkeite­n weniger zum Tragen kommen, langfristi­g führe diese Konzentrat­ion zu schlechter­en Integratio­nsergebnis­sen. Selbst in Deutschlan­d geborene Kinder von Zuwanderer­n, die in solchen Stadtviert­eln zur Schule gingen, hätten schlechter­e Bildungsch­ancen.

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