Ende 2022 sollen die Windräder stehen
Die Vorarbeiten für fünf Windkraftanlagen auf dem Möhringer Berg beginnen
Das Projekt war lange umstritten, im kommenden Jahr wird es nun aber umgesetzt: Zwischen Eßlingen und Ippingen, Ortsteile von Tuttlingen und Immendingen, entsteht auf dem Möhringer Berg ein Windpark. Fünf Anlagen sind geplant. So richtig damit abgefunden haben sich aber noch nicht alle Anwohner.
Windpark Junge Donau wird das Ensemble heißen, dass hinter den Häusern auf dem Eßlinger Winterberg für Strom sorgen soll. Drei der fünf Windkraftanlagen stehen auf der Gemarkung Immendingen, zwei auf Tuttlingen. Die Flächen gehören dem Staatsforst, der Stadt Tuttlingen und einem Kirchenfonds.
Hinter dem Projekt steht die Kommunalwind GmbH, ein Zusammenschluss von mehreren Stadtwerken (Kommunal-Partner) und dem Projektentwickler Juwi AG. Die Kommunalwind ist in der Gegend kein Unbekannter: Sie hat auch den Windpark auf dem benachbarten Amtenhauser Berg gebaut. Für den Bau der Anlagen hat Juwi einen straffen Zeitplan aufgestellt: Bis Ende 2022 sollen laut Pressesprecher Felix Wächter die fünf Anlagen stehen.
In den nächsten Tagen sollen dafür die Ausgleichsmaßnahmen starten, teilt die Stadt Tuttlingen mit. Im Fokus sind dabei Fledermäuse und Haselmäuse. Weil die Anlagen ihnen Flächen wegnehmen (Juwi kalkuliert mit durchschnittlich einem Hektar pro Anlage), sollen umliegende Waldflächen auf dem Möhringer Berg aufgewertet werden. Das heißt, der Staatsforst wird dort keine Waldwirtschaft mehr betreiben, sondern auf 7,8 Hektar Fläche Fichten ausdünnen und stattdessen blüten- und beerenreiche Sträucher anpflanzen.
Bis Ende Februar müssen die Arbeiten aus naturschutzrechtlichen Gründen abgeschlossen sein. Dann sollen die Flächen für die Windräder gerodet werden und die Bauarbeiten beginnen, erläutert Wächter. Spätestens Anfang 2023 sollen sie in Betrieb gehen. „Wir haben schon ein paar Anlagen gebaut – wenn nichts dazwischen kommt, sollte der Zeitplan haltbar sein“, meint Wächter. Die Anlagen mit einer Nabenhöhe von 166 Metern und einem Rotordurchmesser von 150 Metern kommen aus einem Werk in Sachsen-Anhalt, sie werden voraussichtlich nachts und in Randzeiten über die Autobahn transportiert. Erschlossen wird das Gebiet dann über Ippingen.
Das Diffizile beim Aufbau ist laut Wächter die finale Phase: „Wir bauen ja eigentlich in windstarken Gebieten, aber wenn die Rotorblätter eingespannt werden, muss es ein paar Tage windstill sein“, erklärt er. Die Arbeiten seien in der Höhe sonst nicht möglich.
Was der Bau kostet, dazu macht Juwi keine Angaben. In der Branche rechnet man mit mehreren Millionen Euro pro Anlage.
Jede Anlage bringt 4,2 Megawatt Leistung, insgesamt sollen die fünf Windräder damit genug Strom für 16 000 Haushalte jährlich generieren (durchschnittlich 3100 Kilowattstunden jährlicher Verbrauch). Juwi hält das für realistisch. „Die Anlagen sind größer und leistungsfähiger geworden“, sagt Wächter. Neuere Anlagen bringen gegenüber älteren, kleineren zum Teil den achtfachen Ertrag.
Zum Vergleich: Die fünf Anlagen auf dem Amtenhauser Berg wurden 2018 gebaut und sollen je 3,3 Megawatt Leistung bringen. Das würde 10 000 Haushalte pro Jahr versorgen. Ob die Erwartungen bisher erfüllt wurden, dazu hält sich der Betreiber bedeckt. Es gehe um einen durchschnittlichen Wert, gerechnet auf 20 Jahre, teilt Ortwin Wiebecke, Geschäftsführer der Stadtwerke Tübingen und Geschäftsführer der Kommunal-Partner, mit. Ob er erfüllt werde, lasse sich „aufgrund der jährlichen Windschwankungen noch nicht prognostizieren“. Es hänge davon ab, wie sich das Windaufkommen entwickle.
Im Tuttlinger Ortsteil Eßlingen indes mussten sich die Einwohner trotz langer Proteste damit abfinden, dass die Anlagen gebaut werden. Einige sehen das Projekt nach wie vor kritisch. „Ich sträube mich immer noch in meinem Innersten dagegen, dass man Industrieanlagen in unseren Berggipfel setzt“, sagt Ortsvorsteher Hartmut Wanderer. Das habe mit Naturschutz seiner Ansicht nach nichts zu tun. Er sieht Widersprüche bei der aktuellen Energiepolitik der Grünen. „Wichtig ist vorerst Energie einzusparen und nicht ständig neue Verbrauchsstellen zu schaffen“, glaubt Wanderer.
Er hatte sich auch in der Aktion Lebenswertes Eßlingen gegen den Bau der Anlagen eingesetzt. Inzwischen ist er kein Mitglied mehr, der aktuelle Vorsitzende war am Donnerstag nicht zu erreichen.
Mindestens 20 Jahre soll der Windpark Junge Donau bestehen bleiben. Der Rückbau muss von Anfang an einkalkuliert sein, möglicherweise werden die Anlagen aber auch darüber hinaus betrieben. Wer den Windpark betreiben wird, ist indes noch nicht klar. Am ehesten in Frage kommen, wie beim Amtenhauser Berg, die Kommunal-Partner.