Rentenerhöhung fällt 2022 wohl geringer aus
Gewerkschaftsbund fürchtet Abkopplung der Altersbezüge von der Lohnentwicklung
(dpa) - Die Rentenerhöhung für die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland soll im kommenden Jahr weniger stark ausfallen als bisher erwartet. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sagte der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der „Bild am Sonntag“: „Prognostiziert waren 5,2 Prozent. Jetzt erwarte ich, dass die Renten in Deutschland ab Juli 2022 um 4,4 Prozent steigen. Das ist immer noch sehr ordentlich.“
In diesem Jahr hatte die CoronaPandemie bei den Renten im Westen für eine Nullrunde gesorgt, in Ostdeutschland gab es im Zuge der Rentenangleichung ein Plus von 0,72 Prozent. Grund war der konjunkturbedingte Einbruch der Beitragseinnahmen. Eine Rentengarantie verhindert allerdings Rentenkürzungen. Für das kommende Jahr war erwartet worden, dass die Renten in Westdeutschland um 5,2 Prozent und im Osten um 5,9 Prozent steigen.
Der Grund für die nun weniger stark steigenden Renten im kommenden Jahr ist, dass die Ampel-Koalition den Nachholfaktor wieder einführen will. Im Koalitionsvertrag heißt es, dieser Faktor in der Rentenberechnung solle rechtzeitig vor den Rentenanpassungen ab 2022 wieder aktiviert werden: „So stellen wir sicher, dass sich Renten und Löhne im Zuge der Corona-Krise insgesamt im Gleichklang entwickeln und stärken die Generationengerechtigkeit ebenso wie die Stabilität der Beiträge in dieser Legislaturperiode.“
Heil sagte: „Wichtig sind mir zwei zentrale Anliegen: Mit einer sozialdemokratisch geführten Regierung wird es nicht zu Rentenkürzungen kommen. Und: Die Rentenentwicklung darf nicht von der Lohnentwicklung abgekoppelt werden.“
Die Entwicklung der gesetzlichen Renten folgt grundsätzlich der Lohnentwicklung. Die im Zuge der Finanzund Wirtschaftskrise seit 2009 gesetzlich verankerte Rentengarantie verhindert allerdings bei einer gesunkenen Lohnsumme Rentenkürzungen. Im Gegenzug sollte ein Nachholfaktor dafür sorgen, dass dieser Effekt ausgeglichen wird: dass bei wieder steigenden Löhnen die verhinderte Rentenkürzung rechnerisch ausgeglichen wird – die Rente also weniger stark steigt. Ziel war es, dass die Rentengarantie nicht zu einer dauerhaften Zusatzbelastung der Beitragszahler führt. Die schwarzrote Koalition hatte den Nachholfaktor aber bis Juni 2026 ausgesetzt.
Beim Deutschen Gewerkschaftsbund stieß das Vorhaben der Ampel auf Kritik. Vorstandsmitglied Anja Piel sagte der dpa am Sonntag: „Das Wiedereinsetzen des Nachholfaktors wird praktisch dafür sorgen, dass Renten langsamer steigen als Löhne und so Rentnerinnen und Rentner noch weiter von der Entwicklung der Löhne abgekoppelt werden. Auch ohne Nachholfaktor steigen die Renten von 2020 bis 2025 schon langsamer als die Löhne.“