Heuberger Bote

Nutrias füttern verboten

Eingewande­rte Wildtiere bereiten auch in Baden-Württember­g Probleme – Gaggenau stellt Hinweissch­ilder auf

- Von Marco Krefting

(dpa) - Damit Nutrias und andere Wildtiere nicht zur Plage werden, hat die Stadt Gaggenau (Landkreis Rastatt) einen Zaun und Hinweissch­ilder zum Fütterverb­ot aufgestell­t. Manche Menschen kämen mit tütenweise Brötchen, sagte die Leiterin der städtische­n Umweltabte­ilung, Elke Henschel. Das locke Nilgänse, Enten und Ratten an. Deren Hinterlass­enschaften wie Kot hätten etwa auf Spielplätz­en nichts zu suchen. Auch könnten die Tiere krank werden oder nicht heimische Arten könnten alteingese­ssene verdrängen, heißt es auf den Schildern. „Beobachten Sie die Tiere einfach nur aus der Ferne.“

Nutrias – auch Biberratte oder Sumpfbiber genannt – sind laut dem „Wildtierbe­richt 2018“des Landwirtsc­haftsminis­teriums BadenWürtt­emberg nacht- und tagaktiv. Hauptsächl­ich ab der Dämmerung und nachts fressen sie Pflanzen. Tagsüber ruhen sie sich an Gewässern aus. Die Nagetiere leben in größeren Kolonien zusammen, Jungtiere können schon mit zwei Wochen schwimmen. Sie graben Baue, deren Eingang – anders als bei Bibern – über dem Wasser liegt. Nutrias sind gute Schwimmer, an Land allerdings eher unbeholfen.

Ursprüngli­ch waren Nutrias in Südamerika beheimatet. Zur Pelzgewinn­ung kamen sie nach Europa. Ab 1926 gab es dem „Wildtierbe­richt“ zufolge in Deutschlan­d Nutria-Farmen. Immer wieder seien Tiere entwischt. Eine Theorie in Gaggenau besagt, dass ein Farmer im Elsass Tiere nach dem Ende der Pelzproduk­tion absichtlic­h freiließ, die sich dann ihren Weg Richtung Schwarzwal­d bahnten.

Zum ersten Mal in Baden-Württember­g wurde eine Nutria den Angaben nach 1961 im Neckar-Odenwald-Kreis dokumentie­rt. Seit den 1980er-Jahren häuften sich die Meldungen vor allem aus nördlichen Teilen des Landes. „Von der Oberrheine­bene aus konnten sich die Tiere weiter in Baden-Württember­g etablieren und heute noch leben die größten Nutriavork­ommen am

Oberrhein und seinen Seitenflüs­sen.“In gut einem Viertel der Gemeinden komme die Nutria inzwischen vor.

Seit 1996 unterliegt sie dem Jagdrecht. In der Jagdstreck­e für das Jagdjahr 2019/2020 wurden 2724 Nutrias im Südwesten aufgeführt. Damit habe sich die Zahl in den vergangene­n zehn Jahren nahezu verdoppelt, teilten Landwirtsc­hafts- und Umweltmini­sterium in Stuttgart mit.

In Gaggenau leben zwei Elternpaar­e mit jeweils fünf bis sechs Kleinen, wie Henschel sagte. An einem weniger stark durchström­ten Arm der Murg könnten sie gut leben und sich vermehren. Manche der Tiere seien inzwischen handzahm und wohl daher auch bei Besuchern beliebt. Viele zeigten inzwischen Verständni­s, dass sie Nutrias nicht füttern sollen. „Aber bei anderen muss man sich auf Diskussion­en einstellen.“

Die Nutria ist seit 2016 auf der EU-Liste der invasiven, also eingewande­rten, Arten. „Wenn wir sie einfangen würden, dürften wir sie daher nicht freilassen“, erklärte Henschel. Allerdings gebe es in Gaggenau keine Schäden durch Fraß oder Bau. Vor Jahren habe eine durch andere Menschen wohl gereizte Nutria ein sechsjähri­ges Mädchen gebissen. Um zu überprüfen, ob das Tier Tollwut hatte, wurde es erlegt. Dabei sei Tollwut bei Pflanzenfr­essern so gut wie ausgeschlo­ssen, sagte Henschel. Weder Tier noch Kind waren infiziert.

Allerdings kann durch die Anlage von Bauen an Uferböschu­ngen und Dämmen durchaus Schaden entstehen. Auch Fraßschäde­n in der Landwirtsc­haft und das Übertragen von Krankheite­n wie Salmonelle­n und Streptokok­ken oder des Fuchsbandw­urmes führt der „Wildtierbe­richt“als mögliche Probleme auf. Daher müssten wirksame Maßnahmen gefunden werden, um den Bestand zu managen. „Als Beseitigun­gs- bzw. Kontrollma­ßnahmen zum Schutz der Biodiversi­tät oder des Deichschut­zes wird der Lebendfang mit Fallen sowie der Abschuss empfohlen.“

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FOTO: ULI DECK/DPA Schild mit Nutria an der Murg in Gaggenau: Es wird darum gebeten, die Tiere nicht zu füttern.
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