Im Einsatz gegen die Vereinsamung älterer Menschen
Nachbarschaftshilfe unterstützt Senioren im Alltag und sucht nach weiteren Ehrenamtlichen
- Ob Hilfe im Haushalt, Begleitung zum Arzt oder Gespräche beim Spaziergang: Wer sich bei der Nachbarschaftshilfe engagieren will, kann das auf vielfältige Weise tun. Das Problem: Trotz gestiegener Nachfrage finden sich zu wenige Helfer. Dabei profitieren nicht nur die Unterstützten von dem Engagement.
Das Thema des demografischen Wandels hat in den vergangenen zwei Jahren stark an Brisanz gewonnen. „In unserer Gemeinde Seitingen-Oberflacht leben rund 500 Menschen im Rentenalter, davon sind 183 über 80 Jahre alt“, sagt Bürgermeister Jürgen Buhl. Da sei die Nachbarschaftshilfe gerade in Zeiten von Corona wichtiger denn je, pflichtet ihm Monika Fuchs als Leiterin der Geschäftsstelle des eingetragenen Nachbarschaftshilfevereins bei. „Viele ältere Menschen in unserer Gemeinde wollen in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und nicht in ein Pflegeheim“, sagt sie.
„Da setzt die Nachbarschaftshilfe an und wirkt“, so Fuchs, die mit ihrem Engagement nahezu von Anfang an dabei ist. Sie erinnert sich: „Als das Konzept im Jahr 2016 vom Eßlinger Ortsvorsteher in einer Infoveranstaltung für die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der umgebenden Orte vorgestellt wurde, war ich sofort begeistert von der Sache, anderen Menschen meiner Umgebung unbürokratisch helfen zu können.“
So ging es damals auch anderen Ratsmitgliedern im südlichen Landkreis.
Unter dem Motto „Wir für Sie“gründeten die Orte Durchhausen, Eßlingen, Gunningen, Talheim, Hausen ob Verena und Seitingen-Oberflacht einen Verein mit Geschäftsführung, die heute Julia Merz innehat. Mit dabei sind von Anfang an die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, seit diesem Jahr auch die Kommune Rietheim-Weilheim.
„Die Vereinsamung der Menschen während der Lockdowns war kolossal zu spüren“, sagt Buhl, der während der Kontaktbeschränkungen die Altersjubilare wenigstens an deren Haustür besuchen durfte. „Natürlich haben sich die Jubilare über die mitgebrachten Blumen gefreut“, führt er weiter aus, „doch viel wichtiger und spürbar dankbar waren sie für das offene Gespräch – wenn auch nur vor der Tür.“
Aktuell ist die Zahl der Helferinnen und Helfer in Anbetracht der Nachfrage derzeit jedoch viel zu gering, bedauert Fuchs. „Derzeit helfen wir uns gemeindeübergreifend meist relativ spontan aus“, berichtet sie. „Doch es ist oftmals ein Spagat zwischen der jeweiligen eigenen Arbeit und dem ehrenamtlichen Engagement. Wir brauchen dringend weitere Helfer, die anderen Gutes tun wollen“, sagt Fuchs.
Dabei sei das Spektrum der Tätigkeiten vielfältig. „Es fächert sich auf von der Unterstützung im Alltag von älteren Menschen über die Entlastung der pflegenden Angehörigen bis hin zur Unterstützung für Familien und Alleinerziehende.“Die Helferinnen und Helfer seien selbstbestimmt in der Wahl des Einsatzortes, der Zeit und des Umfangs ihrer Tätigkeit. Zudem können sie unter anderem an Fortbildungen teilnehmen und bekommen eine Aufwandsentschädigung.
„Von den Bedürftigen werden die Angebote der Nachbarschaftshilfe sehr gut angenommen“, sagt Buhl. Die Helferinnen und Helfer unterlägen der Schweigepflicht und so müsse es wirklich niemandem peinlich sein, um Hilfe zu bitten.
Monika Fuchs, die wöchentlich montags von 16.30 bis 17.30 Uhr ihre Sprechstunde im Rathaus hält, fasst die Tätigkeitschwerpunkte der Nachbarschaftshilfe zusammen: „Wir koordinieren uns zunächst mit den betroffenen Menschen beziehungsweise mit deren Angehörigen und begleiten diese dann zu Arztbesuchen, unterstützen sie im Haushalt und unternehmen gemeinsame Spaziergänge, bei denen man sich über Gott und die Welt unterhält. Natürlich gehen wir auch mit den Menschen zur Kirche. Wir spüren nicht nur eine wirklich große Dankbarkeit sondern auch, wie sinnvoll und erfüllend diese Tätigkeit ist“, sagt sie. „Gerade die Gestaltung des generationenübergreifenden kommunikativen Miteinanders ist in jeder Gemeinde mit überschaubarer Größenordnung unverzichtbar und wichtig“, pflichtet Buhl ihr bei.