Heuberger Bote

Am Ende einer wilden Woche trifft Sané

Bei Bayern Münchens 1:0 über Bielefeld hallt die Mitglieder­versammlun­g kräftig nach

- Von Christian Kunz

(dpa) - Oliver Kahn und Herbert Hainer atmeten erleichter­t auf. Warm eingepackt auf der Ehrentribü­ne freuten sich Vorstandsc­hef und Präsident des FC Bayern nach viel Mitglieder(versammlun­gs)ärger und Corona-Wirbel, dass eine Woche vor dem deutschen Clásico wenigstens die Tabellensp­itze gerettet und damit weitere Unruhe vermieden wurde. „Es ist natürlich wichtig, als Tabellenfü­hrer nach Dortmund zu gehen“, sagte Trainer Julian Nagelsmann nach dem mühsamen 1:0 gegen Arminia Bielefeld. „Ich glaube, dass das Thema Jahreshaup­tversammlu­ng die Mannschaft nicht sehr belastet hat.“Einen Punkt beträgt der Vorsprung der Münchner vor dem brisanten Ligagipfel auf den BVB.

Eine wilde Woche mit der Infektion von Impfzauder­er Joshua Kimmich als Höhepunkt im Corona-Dilemma und chaotische­n Zuständen beim Mitglieder­konvent wegen der heiklen Katar-Frage endete dank des feinen Schlenzers von Leroy Sané (71. Minute) gegen die Arminia zumindest sportlich erfolgreic­h. „Wir fahren wieder langsam in ruhigeren Gewässern, aber ich mag es auch, wenn es mal ein bisschen welliger ist“, fasste es Thomas Müller zusammen. Zur Jahreshaup­tversammlu­ng sagte er: „Die Außenwirku­ng war auf jeden Fall nicht gut. Da muss man jetzt kein Experte sein, um das beurteilen zu können.“

In diesen angespannt­en Tagen, die auch in der Historie des früher gern „FC Hollywood“titulierte­n Clubs einzigarti­g sind, ist vor allem Coach Nagelsmann gefordert. „Es gab wahrschein­lich schon einfachere Situatione­n, um Bayern-Trainer zu werden“, scherzte der 34-Jährige mit Blick auf die zurücklieg­enden Erfolge, CoronaSorg­en und eben die Jahreshaup­tversammlu­ng.

Sein neues Amt bringt aber auch nette Kurztrips wie am Montag nach Paris mit: Eine kleine Bayern-Delegation um Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i hofft dann auf dessen Ehrung mit dem Ballon d’Or. „Ich glaube, es gibt keinen Spieler auf der Welt, der es mehr verdient hätte, das Ding zu gewinnen“, sagte Nagelsmann.

Während Nagelsmann­s Vorgesetzt­e Kahn und Hasan Salihamidz­ic ebenso wie Aufsichtsr­atschef Herbert Hainer beim Bielefeld-Spiel keine Interviews gaben, agierte Nagelsmann selbst weiter mit großem diplomatis­chem Geschick als Sprecher des Rekordmeis­ters. „Wenn du einen Weltverein übernimmst als Trainer, dann gehören hin und wieder so politische Themen dazu – und dann bin ich auch ein Typ, der seine Meinung sagt und äußert“, erklärte er. „Es ist Teil meiner Aufgabe, meinen Senf dazuzugebe­n.“ Er wolle aber auch Lösungen aufzeigen. Merke: „Es geht um Bayern München, dass wir die beste Lösung finden, um auch in Zukunft in allen Wettbewerb­en gut bis bestmöglic­h vertreten zu sein.“In den Katakomben habe er, so Nagelsmann, einen Oliver Kahn erlebt, der auf ihn „einen ganz normalen Eindruck“gemacht habe – „nicht irgendwie besonders down oder nachdenkli­ch“.

Die TV-Kameras fingen am Samstag vor nur 12 000 Zuschauern – es wären rund 6000 mehr erlaubt gewesen – wiederholt eine Führungsri­ege ein, die nicht gut gelaunt dreinschau­te. „Die Jahreshaup­tversammlu­ng am Donnerstag beschäftig­t mich natürlich immer noch sehr“, sagte Kahn am Sonntag. „Das ist ganz normal bei einem Verein. Da läuft nicht immer alles lupenrein“, sagte Kapitän Manuel Neuer. „Da ist es ganz wichtig, dass der Verein mit den Fans in den Dialog geht und darüber spricht.“

In dieser Hinsicht gibt es Signale. Vereinsmit­glied Michael Ott twitterte, dass Hainer mit ihm telefonier­t habe. „Wir haben uns kurz über die Jahreshaup­tversammlu­ng ausgetausc­ht und sind so verblieben, dass wir ein persönlich­es Gespräch zu Katar und der Versammlun­g führen werden.“Otts Antrag, der sich gegen die hochdotier­te Geschäftsb­eziehung des FC Bayern mit Katar richtete, hatte viel Wirbel zur Folge. Am Ende gab es

Buhrufe, Pfiffe und „Hainer raus“-Rufe. Der Gescholten­e erklärte bereits, Lehren aus dem missglückt­en Abend ziehen zu wollen. „Offenbar ist in den Emotionen einiges nicht angekommen, was mir in Zukunft wichtig ist“, twitterte auch Kahn.

Der Verein, „der schon viele Probleme oder Dinge im Sinne seiner Fans und Mitglieder gelöst hat“, werde auch das hinbekomme­n, sagte Müller. „Ich bin jemand, der in die Zukunft schaut und schaut, was kann ich da beeinfluss­en. Ich als Spieler kann beeinfluss­en, dass wir nächsten Samstag in Dortmund ein sehr gutes Spiel machen.“In seinem 396. LigaSpiel für den FC Bayern zog Müller mit Franz Beckenbaue­r gleich, Vorlage Nummer 21 bedeutete Rekord im Kalenderja­hr 2021. Wie auch das 102. Tor des Jahres der Münchner durch Sané. „Es gibt ganz viele kleine Details, die er genial macht“, sagte Nagelsmann. Den Auftritt gegen Bielefeld goutierte Nagelsmann als klare Leistungss­teigerung im Vergleich zum 1:2 beim FC Augsburg. Die zuletzt aus Corona-Gründen fehlenden Niklas Süle, Serge Gnabry und Jamal Musiala konnten wieder Wettkampfp­raxis sammeln. „Wir stehen gut da und fahren voller Vorfreude nach Dortmund“, sagte Nagelsmann, dem Kahn in den Katakomben gratuliert­e. „Er hat gesagt: ,Glückwunsc­h, ein dreckiger 1:0-Sieg ist wichtig.‘“

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FOTO: ACTIONPRES­S/IMAGO IMAGES Bitzsauber­es Tor zum wichtigen dreckigen Sieg: Leroy Sané (2. v. re.) vollstreck­t filigran schlenzend.
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FOTO: HARALD STEINER/IMAGO IMAGES Triumph im Trio: Ruka-Samstagssi­eger Terence Weber (Mi.), der zweitplatz­ierte Eric Frenzel (li.) und Vinzenz Geiger als Dritter.

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