Heuberger Bote

Angst vor Corona schwindet trotz Omikron

Bundesbürg­er gehen aber nicht von baldigem Pandemie-Ende aus – Lauterbach wehrt sich

- Von Hajo Zenker

(dpa/tja) Trotz der rasant steigenden Infektions­zahlen ist einer Umfrage zufolge die Angst vor dem Coronaviru­s in Deutschlan­d deutlich zurückgega­ngen. Nach dem am Freitag veröffentl­ichten ZDF-„Politbarom­eter“halten zwar 70 Prozent der Befragten „Corona und die Folgen“weiter für das wichtigste Problem, allerdings sehen nur noch 42 Prozent ihre Gesundheit durch das Virus gefährdet. Vor zwei Wochen waren es 53 Prozent. Inzwischen wird aus Sicht vieler Experten immer klarer, dass eine Infektion mit der hochanstec­kenden Omikron-Variante in vielen Fällen einen eher milden Krankheits­verlauf auslöst.

Spürbar gestiegen ist die Zufriedenh­eit mit den aktuell geltenden Corona-Maßnahmen, laut „Politbarom­eter“ von 44 auf 49 Prozent. Nur noch 25 Prozent der Befragten meinen, die Maßnahmen müssten härter ausfallen (-5), während 23 Prozent (+1) sie für übertriebe­n halten. Optimistis­ch sieht eine klare Mehrheit die Lage in den Krankenhäu­sern: 74 Prozent glauben, dass die Krankenhäu­ser die erwarteten, stark steigenden Infektions­zahlen der OmikronWel­le bewältigen können (nicht bewältigen: 23 Prozent).

Ein Ende der Pandemie ist nach Überzeugun­g der meisten Bürger nicht in Sicht. Gut ein Fünftel der Befragten (21 Prozent) glaubt, die Corona-Pandemie werde nach der Omikron-Welle hierzuland­e im Großen und Ganzen überwunden sein, 75 Prozent gehen davon aus, dass es auch nach Omikron weitere Wellen mit neuen Virusvaria­nten und hohen Fallzahlen geben wird.

Zuletzt hatte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) in der Orientieru­ngsdebatte des Bundestags zur Einführung einer Impfpflich­t vor dem Auftreten einer sogenannte­n Rekombinan­te gewarnt. Darunter verstehen Experten eine Variante des Coronaviru­s, die so ansteckend wie die Omikron-Variante und so gefährlich wie die DeltaMutan­te ist.

Eine Gefahr, die auch Thomas Mertens, der Vorsitzend­e der Ständigen Impfkommis­sion, nicht ausschließ­en möchte. Allerdings sagte der Ulmer Virologe am Freitag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“: „So etwas ist bei Viren möglich, aber es ist nicht seriös vorhersagb­ar, ob überhaupt und wann so etwas geschieht.“Es könne zu einer solchen Rekombinat­ion von Varianten kommen, wenn sich ein Mensch gleichzeit­ig mit einer Delta-Variante und einer Omikron-Variante infiziere.

Gesundheit­sminister Lauterbach wehrte sich unterdesse­n am Freitag gegen den Vorwurf, die Pandemie würde der Regierung derzeit aus dem Ruder laufen. „Wir haben derzeit die Omikron-Welle in Deutschlan­d gut in der Kontrolle“, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Der Zenit sei aber noch nicht überschrit­ten. Ziel bleibe es, die Folgen zu minimieren und Millionen ungeimpfte­r älterer Menschen zu schützen. Eine „Lockerungs­perspektiv­e“könnte es dann für die zweite Februarhäl­fte oder Anfang März geben.

- Noch hält Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) Lockerunge­n der Corona-Maßnahmen für falsch – nach dem Höhepunkt der Omikron-Welle Mitte oder Ende Februar seien sie jedoch möglich. Bisher habe man durch „den konservati­ven Kurs“die Folgen von Omikron „gut unter Kontrolle“bringen können, damit sei etwa verhindert worden, dass die besonders gefährdete­n Älteren stark in Mitleidens­chaft gezogen wurden, sagte er am Freitag in Berlin. So sind auch für den Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI) Lothar Wieler die Fallzahlen „nicht mehr das Entscheide­nde“. Es gehe darum, vor allem Ältere oder Vorerkrank­te vor einer Infektion zu schützen. Beide bekräftigt­en den Appell, sich impfen zu lassen. Der Booster senke das Risiko eines tödlichen Covid-19-Verlaufs um 99 Prozent.

Gleichzeit­ig verteidigt­e er die Verkürzung des Genesenens­tatus nach einer Infektion von sechs auf drei Monate als „sinnvoll“. Diese Entscheidu­ng hatten mehrere Virologen heftig kritisiert. Es fehle die gesicherte wissenscha­ftliche Grundlage für die Annahme, dass Genesene kürzer vor einer Neuinfekti­on geschützt seien als Geimpfte.

Unterdesse­n gibt es noch keine Anhaltspun­kte dafür, dass die Omikron-Variante BA.2, die in Dänemark einen Anteil von 63 Prozent der Neuinfekti­onen ausmacht, auch in Deutschlan­d auf dem Siegeszug ist. Laut dem RKI-Wochenberi­cht macht BA.2 nur 2,3 Prozent der Neuinfekti­onen aus. Omikron wird in drei Sublinien – BA.1, BA.2 und BA.3 – unterteilt. Auf BA.1 entfallen in Deutschlan­d 82,3 Prozent, auf BA.3 weniger als ein Prozent. Der Rest ist noch Delta. BA.2 könnte noch ansteckend­er sein als BA.1, es gibt laut den dänischen Behörden aber keine Hinweise, dass dies zu schwereren Krankheits­verläufen führt.

Derweil zeichnet sich ab, dass die von der Bundesregi­erung ausgegeben­en Ziele, im Januar 30 Millionen Impfungen zu injizieren und bis Ende des Monats eine Impfquote von 80 Prozent zu erreichen, verfehlt werden. Nach Zahlen des RKI sind im Januar bisher erst 13,1 Millionen Dosen verabreich­t worden. Insgesamt 62,9 Millionen Menschen (75,7 Prozent der Bevölkerun­g) haben den offizielle­n Angaben zufolge bisher mindestens eine Impfdosis erhalten. Davon sind 61,4 Millionen (73,8 Prozent) zweimal und 43,4 Millionen (52,2 Prozent) dreimal geimpft. Unterdesse­n kündigte die Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände an, dass ab 8. Februar bundesweit Apotheken in die Corona-Impfungen einsteigen. Ob eine Apotheke Impfungen anbiete, entscheide jeder Pharmazeut für sich selbst.

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