Tierisch erfolgreich
Spielzeughersteller Schleich wächst dank Dinos und Pferden
- Jungs lieben Dinosaurier, und Mädchen lieben Pferde. Auch wenn das Stereotype sein mögen, der Spielfigurenhersteller Schleich aus Schwäbisch Gmünd stellt fest, dass dies für seine jungen Kunden doch überwiegend zutrifft. Die Pferde- und Dinosaurier-Figuren des schwäbischen Traditionsspielwarenherstellers waren es nämlich, die im vergangenen Jahr besonders beliebt gewesen seien, sagt SchleichGeschäftsführer Dirk Engehausen im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Nicht zuletzt wegen des guten Absatzes der Pferde- und Dinowelten gelang es dem Unternehmen 2021 ein Umsatzplus von 20 Prozent auf 255 Millionen Euro zu erzielen. Das entspricht dem größten Umsatzplus in der 86-jährigen Firmengeschichte. Das Unternehmen sei profitabel, zur Höhe des Gewinns macht Engehausen aber keine Angaben.
Schleichs naturgetreue Tiere und Tierwelten verkauften sich besonders gut im Ausland. In den USA und Frankreich wuchs der Umsatz 2021 jeweils um 39 Prozent, in England um 21 Prozent. In Deutschland machte Schleich ein Plus von 17 Prozent.
„Einer der wesentlichen Pfeiler unserer Strategie ist es, nicht nur im deutschsprachigen Europa erfolgreich zu sein, sondern auch darüber hinaus“, sagt Engehausen. „Wir wollen die Abhängigkeit als Unternehmen von einem einzigen Markt reduzieren.“
Dieses strategische Ziel verfolge Engehausen, wie er betont, sehr partnerschaftlich mit dem Schleich-Eigentümer, dem Schweizer PrivateEquity-Unternehmen Partners Group, das Schleich 2019 der französischen Beteiligungsgesellschaft Ardian abgekauft hatte. „Partners Group vertraut mir und meinem Team sehr und unterstützt die globale Ausrichtung voll und ganz.“
In den vergangenen Jahren hat Schleich dementsprechend stark in eigene Teams in Frankreich, den USA und auch Großbritannien investiert. Diese betreuen nun Marketing und Vertrieb direkt vor Ort. Offenbar mit Erfolg, wie die Zahlen des vergangenen Jahres zeigen.
Einen entscheidenden Vorteil habe das Unternehmen dabei aber gehabt, gibt Engehausen zu. „Ein Löwe ist ein Löwe und er sieht für den Jungen in Los Angeles genauso aus wie für das Mädchen in Stuttgart oder Tokio.“Sein Sortiment musste das Unternehmen also nicht groß verändern, um international wachsen zu können. „Aber natürlich werden Rentiere und Grizzlybären in Nordamerika mehr gekauft als in Italien. Solche Unterschiede gibt es schon“, sagt Engehausen.
Generell ist er überzeugt, dass die Authentizität der Tierwelten gerade heutzutage das größte Verkaufsargument für das 1935 von Friedrich Schleich in Schwäbisch Gmünd gegründete Unternehmen ist. Es sei verstärkt so, dass „Kinder – egal ob sie auf dem Land wohnen oder in der Stadt – immer weniger Kontakt zur Natur haben“, sagt Engehausen. Die Schleich-Tiere böten zumindest ein Abbild der Natur im Kleinen und zum Anfassen. „Wir bilden die Kuh als Spielzeugfigur eben genauso ab, wie sie in Wirklichkeit aussieht.“Gerade die Käufergruppe der Eltern, die die Tiere an ihre Kinder verschenken, würde das überzeugen.
Im vergangenen Jahr war das Unternehmen, das in Deutschland, Rumänien, Moldawien, Portugal, Tunesien und China produziert, im achten Jahr in Folge gewachsen. Doch das Umsatzplus hätte noch größer ausfallen können. Aufgrund der globalen Lieferengpässe – besonders beim Containerschiffsverkehr gab es Probleme – überstieg die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte die Kapazitäten von Schleich. „Die Nachfrage nach unseren Produkten lag weit über unseren Möglichkeiten“, sagt Engehausen.
Von den coronabedingten Lieferengpässen seien alle Schleich-Produkte betroffen gewesen, sagt Engehausen. Bestimmte Tier-Sets habe man teilweise nicht fertigstellen können, weil einzelne Teile aus Asien gefehlt hätten. Im vierten Quartal 2021 habe das Unternehmen noch einen hohen einstelligen Millionenbetrag für Luftfracht ausgegeben, um zumindest für die Weihnachtszeit genug Produkte in den Regalen stehen zu haben. Trotzdem geht Engehausen davon aus, dass das Unternehmen beim Umsatz einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag wegen der Lieferengpässe verloren habe.
Zukünftig wolle Schleich ohnehin verstärkt dort produzieren, wo das Unternehmen die Produkte auch verkaufe, sagt Engehausen, also „Produktion in Europa für Europa oder Produktion in den USA für die USA“. Und noch eine Veränderung plant das Unternehmen: Im zweiten Halbjahr will es seine Marke grundlegend neu ausrichten und plant einen Relaunch, um seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stützen. Näheres will das Unternehmen erst im Frühjahr bekannt geben.
In diesen Tagen derweil hätte das Unternehmen zusammen mit anderen Spielwarenherstellern seine Neuheiten auf der Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert, doch die muss auch in diesem Jahr wegen der Pandemie ausfallen.
Dennoch erläutert Engehausen auch gerne so, was der Hersteller dieses Jahr neu herausbringen will. Das haptische Erlebnis möchte Schleich in Zukunft noch verstärken.
Im zweiten Halbjahr 2022 soll die bisherige Pferde-Produktreihe durch Tiere ergänzt werden, bei denen sich die Schweife und Mähnen frisieren lassen, „die Pflege der Pferde kommt ins Kinderzimmer“, sagt Engehausen. Das wird die Mädchen freuen. Und vielleicht ja auch den ein oder anderen Jungen.