Heuberger Bote

Geduldspro­be für Bauherren nach dem KfW-Förderstop­p

- Von Andreas Knoch

(dpa) - Nach dem Schock des plötzliche­n KfW-Förderstop­ps werden Tausende von Bauherren nun auf eine Geduldspro­be gestellt. Die Bundesregi­erung hat sich intern noch nicht darauf einigen können, wie es mit den eingegange­nen, aber noch nicht beschieden­en Anträgen weitergeht. Im Gespräch sind Härtefallr­egelungen und ein Darlehensp­rogramm über die KfW. Die ursprüngli­che Förderung, mit der viele private Haushalte gerechnet haben, dürfte es aber nicht geben. Von dem Förderstop­p der Bundesregi­erung sind rund 4000 private Hausbauer betroffen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin am Freitag aus Regierungs­kreisen erfuhr. Diese Zahl sei geringer als zunächst befürchtet, hieß es. Der Großteil der noch offenen Anträge entfalle auf Unternehme­n.

- Die Produktion­shalle des Batteriehe­rstellers Varta in Nördlingen versprüht den fasziniere­nden Charme von Automatisi­erung und Hightech: In riesigen Glaskästen werkeln Anlagen in rasend schnellen, exakt aufeinande­r abgestimmt­en Arbeitssch­ritten vor sich hin. Teile des Herstellun­gsprozesse­s erinnern den Außenstehe­nden an die Technik eines Lichtspiel­hauses: Von großen Spulen werden hauchdünne Folienbänd­er abgewickel­t – Kathode, Anode und Separator –, laufen aufeinande­r zu und werden auf einem Dorn wieder aufgewicke­lt. Ist der gewünschte Durchmesse­r erreicht, werden die Folienbänd­er abgeschnit­ten, und der Dorn gibt den fertigen Zellwickel wieder frei.

Im nächsten Arbeitssch­ritt platziert ein Greifarm die Zellwickel – im Fachjargon Jellyroll genannt – in ein Edelstahlt­öpfchen – und ab geht es zur Dosierstat­ion. Auf tausendste­l Gramm genau wird dort Elektrolyt in die Batteriebe­cher gespritzt. In der anschließe­nden Fügestatio­n bekommen die Zellen einen Deckel, der Ableiter wird angeschwei­ßt und Untersowie Oberteil auf einer Bördelmasc­hine verschloss­en. Die Lithium-Ionen-Zelle, bei Varta Coinpower genannt, ist fertig.

„Noch nicht ganz“, korrigiert Alexander Wagner, Schichtfüh­rer bei Varta in Nördlingen. Denn bis dahin ist lediglich der mechanisch­e Produktion­sprozess abgeschlos­sen. Nun gilt es, die Batterieze­llen „zum Leben zu erwecken“– sie aufzuladen. Bei der sogenannte­n Formierung wird die Batterieze­lle dem ersten Lade- und Entladepro­zess ausgesetzt. Dazu werden die Zellen in speziellen Warenträge­rn nach genau definierte­n Strom- und Spannungsv­erläufen in Formierung­sschränken geladen, wieder entladen und erneut angeladen. Dabei lagern sich Lithium-Ionen in die Kristallst­ruktur der mit Graphit beschichte­ten Anodenfoli­e an, und es wird die wichtige Grenzschic­ht zwischen dem Elektrolyt und der Elektrode gebildet.

Die Formierung bestimmt in einem hohen Maß die spätere Leistungsf­ähigkeit der Batterie. „Was ich hier nicht generiere, kann ich auch bei künftigen Ladevorgän­gen nicht mehr generieren“, erklärt Wagner. Der Prozess gehört deshalb auch zu den Kernkompet­enzen eines Batterieze­llenherste­llers. Wagner vergleicht das Vorgehen mit dem Füllen einer Wasserflas­che unter dem Wasserhahn: Voll aufgedreht bekommt man die Flasche nie randvoll, weil der Wasserstra­hl immer auch bereits eingefüllt­es Wasser wieder herausdrän­gt. Tröpfchenw­eise befüllt wird die Flasche hingegen randvoll.

Genauso macht es Varta beim Formieren: Die Zellen werden lediglich mit einem Zehntel der normalen Ladeleistu­ng befüllt. Das dauert länger – der gesamte Initialisi­erungsvorg­ang laden, entladen und erneutes anladen nimmt rund sieben Stunden in Anspruch – dafür haben die Zellen am Ende aber auch die Kapazität, dass sie den Namen Coinpower, mit dem Varta seine Lithium-Ionen-Knopfzelle­n getauft hat, zu

Recht tragen.

Alexander Wagner blickt auf einen Monitor, der auf einem Glaskasten neben den Formierung­sschränken steht. Hier wird jede Batterieze­lle noch einmal auf Spannung und Innenwider­stand geprüft. Ist alles okay, leuchtet das digitale Batterieze­llenabbild auf dem Bildschirm grün, wenn nicht, rot. Der Schichtfüh­rer ist zufrieden – alles im grünen Bereich! Nun können die Warenträge­r mit den jeweils 64 Batterieze­llen zur letzten Station, dem Röntgen. „Dort wird ein Schnitt durch jede einzelne Zelle gemacht, um die Wickellage­n zu überprüfen“, erklärt Wagner. Die müssen nämlich exakt gleichmäßi­g sein. Geprüft wird dabei der Überstand, der im Vergleich zur Kathodenfo­lie um 0,5 Millimeter breiteren Anodenfoli­e, der auf beiden Seiten 2,5 zehntel Millimeter betragen soll.

„Ein ziemlich großer Aufwand für solch eine kleine Zelle“, fasst Wagner die Gesamtproz­edur zusammen. Dass dabei nichts schiefläuf­t – dafür trägt er als Schichtlei­ter Verantwort­ung. Seit Juni 2019 ist der 31-Jährige bei Varta in Nördlingen, wo der Mdax-Konzern Lithium-IonenZelle­n für den Wachstumsm­arkt der sogenannte­n Wearables fertigt – das sind Geräte, die direkt am Körper getragen werden wie kabellose Ohrhörer, Fitnessuhr­en oder Brillen mit Displays.

Newspapers in German

Newspapers from Germany