Heuberger Bote

Als Vermittler bedingt geeignet

- Von Claudia● Kling

Es fällt leicht, sich über Altkanzler Gerhard Schröder zu empören. Der SPD-Politiker weigert sich beharrlich, öffentlich auf Distanz zum russischen Präsidente­n Wladimir Putin zu gehen. Er zeigt Verständni­s für Russlands „Einkreisun­gsängste“, die mit der politische­n Realität im Osten Europas nichts zu tun haben, und er empfiehlt einfache Lösungen wie die Inbetriebn­ahme von Nord Stream 2, was politisch nahezu bizarr wäre. Kurzum: Schröder tut wenig dafür, nicht wie der „Laufbursch­e Putins“zu wirken – so nannte ihn der russische Opposition­spolitiker Alexej Nawalny nach dem Giftanschl­ag im Sommer vor zwei Jahren.

Doch so schäbig oder zumindest befremdlic­h Schröders Verhalten auf viele Zeitgenoss­en, auch außerhalb der SPD, wirkt. Zur Wahrheit gehört, dass er offensicht­lich als Einziger in seiner Partei noch einen Zugang zum russischen Präsidente­n hat. Diese Männerfreu­ndschaft mag mit den Millionen und Milliarden Dollar aus dem russischen Gasgeschäf­t zu tun haben, von denen beide profitiere­n. Sie scheint aber stabil genug zu sein, um in der gegenwärti­gen Krise zu bestehen. Anstatt von Schröder zu fordern, sich von Putin zu distanzier­en, sollten sich die Gegner Russlands eher überlegen, wie sie seine Kontakte nach Moskau für ihre Zwecke nutzen können. Verhandler kann man sich nicht immer aussuchen: Auch die Getreideex­porte aus der Ukraine wurden von einer Regierung vermittelt, mit der Deutschlan­d offenbar ein Problem hat, wie der Besuch von Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) in der Türkei gezeigt hat.

Zweifelhaf­t ist allerdings, ob der 78-jährige Schröder tatsächlic­h noch einen klaren Blick auf die Situation im Osten Europas hat. Wenn er den angebliche­n Verhandlun­gswillen des Kremls als „gute Nachricht“verkündet, nimmt er dabei den Blickwinke­l des russischen Aggressors ein – und lässt die Interessen der Ukraine außen vor. Es ist aber nicht die Sache Moskaus, nicht einmal der westlichen Unterstütz­er der Ukraine, zu verkünden, ob und auf welcher Basis das souveräne Land bereit für Verhandlun­gen ist. Das muss die Regierung in Kiew entscheide­n.

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