Zu wenig Lehrer und null Interesse an Rektoren-Stellen
Die Versorgung der Schulen im Kreis bleibt angespannt - Für Krankheitsfälle fehlt die Vertretung
TUTTLINGEN/SPAICHINGEN/TROSSINGEN - Die Sommerferien haben gerade erst angefangen. Doch das nächste Schuljahr kommt bestimmt. Zwei Drittel der Grundschulen im Landkreis Tuttlingen starten mit einer Unterversorgung an Lehrern im September mit dem Unterricht. Das Löcherstopfen geht auch im kommenden Schuljahr an allen Ecken und Enden weiter. So gibt es landkreisweit 14 unbesetzte Rektoren- und Konrektorenstellen. „Bewerbungen liegen uns leider nicht vor“, sagt Bettina Armbruster, Leiterin des Staatlichen Schulamts Konstanz, dazu.
Nur in einem Fall sieht es nach einer baldigen Lösung aus. Für die Werkrealschule Schillerschule in Tuttlingen ist das Verfahren für die Nachfolge der scheidenden Schulleiterin Monika Kirschnick so weit abgeschlossen, „dass wir auf das Bestellungsschreiben für die Nachfolge warten“, heißt es aus dem Schulamt. Die Grundschulen in Neuhausen ob Eck und in Dürbheim haben weder Schulleiter noch Stellvertreter. Die Schulleiterin der Hombergschule Neuhausen, Alexandra Maier-Lipp, wurde eben erst verabschiedet. Mit Angie Sitta und Mira Keller konnten zwei Kolleginnen gewonnen werden, die das Amt der Schulleitung gemeinsam kommissarisch ausüben. Aber über diese vorübergehende Erleichterung zeichnet sich keine feste Lösung ab. Gleiches gilt für die Grundschule in Dürbheim. Rektor- und Konrektoramt sind nicht besetzt. Das wird von Lehrkräften aufgefangen. „Bisher ist es für die Eltern wohl überhaupt nicht wahrnehmbar, dass es an der Grundschule keine ,formal eingesetzte’ Schulleitung gibt“, so der Dürbheimer Bürgermeister Andreas
Häse. „Im Landkreis Tuttlingen sind insbesondere an den kleinen Grundschulen drei Rektorenstellen und sieben Konrektorenstellen offen“, sagt Armbruster. Das betrifft auch die Schulleiterstelle in Kolbingen. Konrektoren werden für die Grundschulen Denkingen, Geisingen, Gosheim, Immendingen und Trossingen gesucht. Bei den weiterführenden Schulen sind die Schulleiterstellen an der Realschule Gosheim-Wehingen, der Gemeinschaftsschule Wurmlingen und an der Albert-Schweitzer-Schule in Tuttlingen unbesetzt. Ebenso die Konrektorenstellen der Gemeinschaftsschule Obere Donau in Fridingen. Besoldungsgruppen: zwischen A12 (Konrektor Grundschulen, mit Amtszulage) und A15 (zum Beispiel als Realschulrektor). Laut Tabelle des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg für Beamte sind das in A15 zwischen 5640 und 7082 Euro als Grundgehaltssätze. Offenbar zieht auch das nicht.
Für die Lehrerversorgung in den Grundschulen im Kreis Tuttlingen seien zwar einige ausgebildete Lehrkräfte gewonnen worden, doch das reiche nicht aus. Dass der Pflichtunterricht überhaupt gewährleistet werden kann, sei nur durch Quereinsteiger möglich. Dennoch sucht das Schulamt nach weiteren Lehrkräften, da es derzeit kaum eine Krankenreserve gebe, um mögliche Ausfälle zu Beginn des Schuljahres abfedern zu können. Die weiterführenden Schulen –Werkrealschule, Hauptschule,
Gemeinschaftsschule und Realschule – haben im Schuljahr 22/23 ebenfalls ein Problem. „Nahezu alle Schulen starten mit einer Unterversorgung“, so Armbruster. Ein bis zwei Lehrpersonen fehlen durchschnittlich pro Schule. Insgesamt gebe es eine leicht schwächere Versorgungslage als im vergangenen Jahr. Neu eingestellte Gymnasialkräfte werden zwar mit einem Teildeputat an Werkrealschulen und Realschulen eingesetzt, dennoch reiche das nicht aus. Armbruster: „Dies versuchen wir, durch den Einsatz von geeigneten Quereinsteigern für alle Schularten aufzufangen.“Sie hofft auf weitere Lehrer, die sich bewerben, parallel dazu läuft die Suche nach Quereinsteigern weiter. Lediglich die Schillerschule
in Tuttlingen, eine Werkrealschule, kann im Vergleich zum Vorjahr stabiler versorgt werden. Das liegt daran, dass die Gemeinschaftsschule Wilhelmschule, ebenfalls Tuttlingen, sehr erfolgreich im Ausschreibungsverfahren Lehrkräfte gewinnen konnte.
Dieser Überhang an Lehrerstunden komme der Schillerschule zugute. Fazit der Leiterin des Schulamts: „In der aktuellen Lage sind alle Schulen zum Schuljahresbeginn arbeitsfähig, der Pflichtbereich ist gesichert.“Die Suche nach weiteren Lehrern werde aber mit vollen Kräften fortgesetzt.
In der Sonderpädagogik Bereich Lernen und Sprache konnte trotz mehrerer Stellenausschreibungen im vergangenen Schuljahr kein einziger Sonderpädagoge für den Kreis Tuttlingen gewonnen werden. Um den Unterricht an diesen Schulen aufrecht zu erhalten, wurden Zeitverträge mit Seiteneinsteigern abgeschlossen, es gab Abordnungen aus dem allgemeinen Schulbereich sowie Rückkehrern aus der Elternzeit und Deputatsaufstockungen. „Knapp ausreichend“lautet das Fazit all dieser Bemühungen aus Sicht von Bettina Armbruster.
Lediglich für das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) geistige Entwicklung, der Johann-Peter-Hebelschule in Tuttlingen, wurden zwei neue Lehrkräfte gefunden. Dennoch ist die Unterrichtssituation an der Hebel-Schule schwierig. Sieben Stellen für Fachlehrkräfte sind offen. Probleme gibt es auch, die FSJ-Stellen für die Betreuung zu besetzen oder Schulbegleitungen zu finden. Mit dem Ergebnis, dass auch diese Betreuungsaufgaben von Lehrkräften übernommen werden müssen. Ein Teufelskreis.