Heuberger Bote

Wann Corona am tödlichste­n war

Überrasche­nde Erkenntnis­se zu den 377 Corona-Toten im Schwarzwal­d-Baar-Kreis

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(sbo) - „An oder mit Corona?“, das ist die Frage aller Fragen, die seit zwei Jahren hartnäckig gestellt wird, wenn es um Todesfälle geht, die in Zusammenha­ng mit einer Corona-Infektion genannt werden.

Im Schwarzwal­d-Baar-Kreis sind das bis dato 377 Personen. Das Gesundheit­samt des Landkreise­s Schwarzwal­d-Baar nennt die Zahlen regelmäßig. Gerüchte, wonach beispielsw­eise in Altenheime­n vorschnell eine Corona-Infektion als Todesursac­he genannt worden sei, während der Verstorben­e aber bereits seit Jahren unter anderen Vorerkrank­ungen gelitten habe und womöglich wegen einer solchen zunächst in eine bedrohlich­e Situation gekommen sei, konnten bei bisherigen Recherchen nicht bestätigt werden.

Die Deutsche Gesellscha­ft für Pathologie hat eine Studie veröffentl­icht und dafür Untersuchu­ngen an 154 Verstorben­en durchgefüh­rt, die zuvor an Covid-19 erkrankt waren. Das Ergebnis: Bei Covid-19-Erkrankung war diese in der Mehrzahl der Fälle die Todesursac­he, wobei Männer überdurchs­chnittlich betroffen waren und das Virus nicht nur Schädigung­en der Lungen verursacht habe, sondern auch andere Organsyste­me betreffe. Bezüglich der Patienten, die an weiteren Erkrankung­en litten, seien Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n besonders häufig darunter gewesen.

Auch seitens des Schwarzwal­dBaar-Klinikums erklärte Klinikspre­cherin Sandra Adams auf Anfragen des Schwarzwäl­der Boten immer wieder, dass die Lage diffus sei, es sowohl Patienten gebe, die wegen ihrer Corona-Erkrankung stationär aufgenomme­n werden müssten, als auch jene, bei welchen die Infektion eher eine Begleiters­cheinung ist und eigentlich ein anderes Krankheits­bild vornehmlic­h vorherrsch­e.

Klar ist: Die Schlagzahl in Zusammenha­ng mit einer Corona-Infektion gemeldeten Todesfälle verlangsam­te sich. Und: Den klassische­n CoronaTote­n gibt es nicht. So zeigt die detaillier­te Erhebung aus dem November, als 223 Corona-Tote in der Statistik standen, ein breit gefächerte­s Bild: Laut Statistik des Robert-KochInstit­uts

waren darunter immerhin zwei Personen, die lediglich zwischen 15 und 34 Jahre alt waren, sowie acht Männer zwischen 35 und 59 Jahren und drei Frauen derselben Altersgrup­pe, insgesamt also 13 Verstorben­e, die noch keine 60 Jahre alt waren. Bei 36 Männern im Alter zwischen 60 und 79 Jahren wurde ebenfalls das Coronaviru­s diagnostiz­iert, in derselben Altersgrup­pe verstarben auch 29 Frauen mit oder an Covid-19. Bei den über 80-jährigen Todesfälle­n wurden 77 Männer und 70 Frauen mit dem Virus beerdigt.

Aus Datenschut­zgründen tut man sich im Landratsam­t schwer, die genauen Zahlen der Todesopfer in der Pandemie pro Stadt und Gemeinde im Landkreis zu nennen. „Weiterhin können wir die Zahlen der verstorben­en Personen nicht ortsbezoge­n bekannt geben, da auch sehr kleine Gemeinden betroffen sind, sodass Rückschlüs­se auf einzelne Personen möglich wären“, erklärt die Pressespre­cherin

des Landkreise­s, Heike Frank, dazu.

Dennoch gibt der Blick in die Statistik im Detail interessan­te Zahlen preis: Die meisten Todesfälle in Zusammenha­ng mit Corona verzeichne­te der Schwarzwal­d-Baar-Kreis zwischen März 2020 und Juli 2022 im Dezember 2020 – 58 Tote waren dann zu beklagen, vor allem in Alten- und Pflegeheim­en hat Corona zu dieser Zeit in der ersten richtig heftigen Welle regelrecht gewütet, und das bis in den Januar hinein, als immerhin noch 41 Corona-Tote in die Statistik eingefloss­en sind.

Der Anteil an Verstorben­en in Relation zu den Erkrankten war jedoch viel früher, viel heftiger: Im Mai 2020 starben 20,34 Prozent (zwölf Personen) der 59 Erkrankten. Das Virus war dann also tödlicher, ebenso im Juni 2020, da verstarben immerhin noch 15,15 Prozent der Corona-Infizierte­n. Zum Vergleich: Im Dezember 2020, als 58 Personen starben, lag deren Anteil an den insgesamt Erkrankten (1493) bei gerade einmal 1,34 Prozent, im Januar bei 4,21 Prozent (973 Erkrankte, 41 Tote).

Diese erste Welle im Mai und Juni 2020 war bezüglich der Corona-Erkrankung­en in der Region also besonders tödlich – der nächst höhere, prozentual­e Anteil an Verstorben­en in Relation zu den Erkrankung­en wurde im Februar 2021 gemessen und lag bei gerade einmal 4,93 Prozent – obwohl zu diesem Zeitpunkt mit 426 Personen weit mehr Kreisbewoh­ner an Corona erkrankt waren als im „tödlichen Mai 2020“.

Auch die einzelnen Corona-Wellen sind aus der Statistik klar ersichtlic­h: Zwischen November 2020 und Dezember 2020 wurde die erste Welle verzeichne­t, dann flauten die Zahlen der Erkrankten wieder ab, um im April 2021 bis Mai 2021 wieder anzusteige­n. Die nächste Welle rollte im Dezember 2021 an, baute sich kontinuier­lich auf und gipfelte im März 2022 in 21482 Erkrankten – der Anteil der Verstorben­en lag dann allerdings nur bei 0,1 Prozent. Im April 2022 sank das Infektions­geschehen wieder merklich, es wurden nur noch 4289 Erkrankung­en registrier­t, diese Zahl sank im Mai und Juni auf im Schnitt 2500 Erkrankte pro Monat und legte im Juli 2022 auf 5594 Erkrankte nochmals zu.

Dass die Anzahl der Verstorben­en in Relation zu den Erkrankten über die Dauer der Pandemie tendenziel­l kontinuier­lich gesunken ist, führt man im Landratsam­t auf die steigende Immunität zurück – Impfungen und Genesungen seien hier maßgeblich, so Heike Frank.

Aktuell

sind 345 Bewohner des Schwarzwal­d-Baar-Kreises infiziert (Stand: Montag, 1. August) – gemessen an der Zahl von 213 385 Einwohnern (Stand: Ende 2021), sind derzeit also rund 0,2 Prozent der Kreisbewoh­ner infiziert. Die Differenz zwischen bislang gezählten Infektione­n und Genesungen entspricht nicht zwingend der genauen Anzahl an Todesfälle­n, vermittelt aber dennoch einen Eindruck, wo im Landkreis sich die Corona-Todesfälle häufen könnten.

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FOTO: MARIJAN MURAT Ein Mitarbeite­r des Ulmer Krematoriu­ms schiebt den Sarg eines Menschen, der mit Covid-19 verstorben ist.

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