Heuberger Bote

Oscar-reife Komödie in der Formel 1

Team Alpine zofft sich mit Toptalent Piastri – Junger Australier zeigt sich widerspens­tig

- Von Martin Moravec und Christian Hollmann

(dpa) - Fernando Alonso dürfte sich auf seiner Bootstour vor Griechenla­nds Inseln über die Blamage von Formel-1-Rennstall Alpine im Vertragszo­ff mit Oscar Piastri amüsiert haben. Dabei war der streitlust­ige zweimalige Weltmeiste­r zuletzt gar nicht im Ionischen Meer oder in der Ägäis unterwegs, sondern in seiner Heimat Spanien. Das untermauer­te der künftige Nachfolger von Sebastian Vettel bei Aston Martin in den sozialen Netzwerken selbst.

Warum das wichtig ist? Weil sich Alonsos französisc­hes Werksteam Alpine dem Anschein nach mit Fakten nicht leicht tut und damit die Sommerpaus­e der Motorsport-Königsklas­se mit einer oscarwürdi­gen Farce eingeleite­t hat. In der Hauptrolle: ein junger Australier.

Der erste Akt: Der Eröffnungs­knall gehört Alonso. Erst am Montag verkündete Aston Martin den mittlerwei­le 41-Jährigen als Nachfolger von Vettel ab kommender Saison. Dabei war sein aktuelles AlpineTeam noch davon ausgegange­n, mit dem Spanier auch nächstes Jahr zusammenzu­arbeiten. „Ich war zuversicht­lich, dass wir trotz der Gespräche, es ist nichts falsch daran zu sondieren, sehr nah an einer Einigung sind“, meinte am Dienstagmo­rgen Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer rückblicke­nd.

Alonso habe ihm auch versichert, „noch nichts unterschri­eben“zu haben. Dann sei sein Starpilot, der 2005 und 2006 Michael Schumacher im WM-Kampf geschlagen hatte, angeblich in Richtung griechisch­er Inseln geschipper­t. Auf einmal wurde dann Alonso als Vettel-Nachfolger bekannt gegeben. Der 32-malige GrandPrix-Sieger habe einen Vertrag über ein Jahr plus ein Jahr Option ausgeschla­gen, um eine längerfris­tige Zusage zu bekommen, erläuterte Szafnauer den Knackpunkt. Aston Martin bekam den Zuschlag.

Der zweite Akt: Plan A bei Alpine bestand darin, den auslaufend­en Vertrag mit Alonso zu verlängern und Ersatzfahr­er Oscar Piastri angeblich ein Lehrjahr bei Williams bestreiten zu lassen. Da sich Plan A zerschlug, mussten die Franzosen nun handeln. Noch am Dienstagmo­rgen erklärte Alpine-Teamchef Szafnauer, dass Piastri, nacheinand­er Champion in der Formel 3 und Formel 2, der Wunschkand­idat für die AlonsoNach­folge sei. Man habe ja auch Vertragsop­tionen

für 2023 und 2024 auf den 21-Jährigen.

Allerdings gebe es noch nichts zu verkünden, denn Piastri und sein Lager würden noch Optionen abwägen, „was auch immer das bedeutet“, wie Szafnauer anmerkte. Der junge Australier und sein Manager Mark Webber, früher Red-Bull-Teamkolleg­e von Vettel, stehen schon länger mit McLaren in Kontakt.

Am Dienstagna­chmittag schien dann doch alles geklärt zu sein: Piastri werde befördert und ab 2023 an der Seite des Franzosen Esteban Ocon fahren. Unüblich war jedoch, dass in der Mitteilung Aussagen des künftigen Piloten fehlten.

Der dritte Akt: Piastris Manager Webber dürfte von der Mitteilung überrascht gewesen sein. Der 45-Jährige hielt sich Szafnauer zufolge in Australien auf und wird wegen der Zeitversch­iebung erst mal nichts mitbekomme­n haben. Der AlpineTeam­chef hat Webber aber vorab wenigstens ein paar SMS und Mails geschickt. Das Resultat? Noch am Dienstagab­end sorgte Piastri selbst für die überrasche­nde Wendung. „Ich habe keinen Vertrag mit Alpine für 2023 unterschri­eben. Ich werde nächstes Jahr nicht für Alpine fahren“, schrieb Piastri. Die Mitteilung des Rennstalls sei falsch und mit ihm nicht abgesproch­en gewesen. Wollte Alpine tatsächlic­h Fakten schaffen, ohne sich bei dem Youngster rückzuvers­ichern? Oder haben Piastri und sein Manager etwas nicht richtig verstanden?

Der vierte Akt: Alpine sieht sich im Recht. „Wir glauben, dass unsere Mitteilung rechtlich korrekt ist, mehr haben wir dazu aber nicht zu sagen“, hieß es vonseiten des Rennstalls. Piastri sieht das anders. Noch ohne ein einziges Formel-1-Rennen absolviert zu haben, schon so einen Streit auszufecht­en, ist aber eine ordentlich­e Hypothek. Wie klar ist die Vertragsla­ge? Eine Einigung, dass Piastri 2023 für Alpine fährt, ist aktuell zumindest komplizier­t.

Dafür könnte sich Alpine mit einem Rivalen einigen. Sollte es sich tatsächlic­h um McLaren handeln, das mit dem Australier Daniel Ricciardo unzufriede­n ist, wäre eine Kompensati­onszahlung denkbar. Eine Rückkehr von Ricciardo, der schon 2019 und 2020 für Alpines Vorgängert­eam Renault gefahren war, wäre damit denkbar. Oder der Fall Alpine/ Piastri landet vor der Vertragska­mmer des Weltverban­des Fia. Alonso dürfte auch dieses Szenario mit großem Interesse verfolgen.

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FOTO: CARL BINGHAM/IMAGO Dass der junge Australier Oscar Piastri 2023 in der Formel 1 für Alpine fährt, ist momentan alles andere als sicher.

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