Heuberger Bote

Dick in den Winter

Kurioser Wettstreit soll auf Gefahren für Bären hinweisen

- Von Barbara Munker

ANCHORAGE (dpa) - Wird die üppige Holly in diesem Jahr zum stattlichs­ten Pelztier gekrönt? Geht der „Fat Bear“-Titel an den massigen Braunbär Nummer 747 mit dem vielsagend­en Spitznamen „Jumbo Jet“? Oder kann Otis seinen ersten Platz vom Vorjahr als „Patriarch Dickwanst“wieder einnehmen? Im Herbst 2021 hatte der über 20 Jahre alte Braunbär die beleibte Konkurrenz im Katmai-Nationalpa­rk im nördlichst­en US-Bundesstaa­t Alaska ausgestoch­en.

Auch jetzt geht Otis neben elf weiteren Kandidaten ins Rennen. Zum achten Mal veranstalt­et der Park im Südwesten von Alaska die „Fat Bear Week“. Online können Besucher und Bären-Fans eine Woche lang für die dicksten Prachtexem­plare stimmen. Der Gewinner wird am „Fat Bear“Dienstag gekürt.

Nach einem kalorienre­ichen Sommer mit fetten Lachs-Mahlzeiten am Brooks River zeigen sich die Kandidaten und Kandidatin­nen – sechs Weibchen sind im Rennen – von ihrer üppigsten Seite. „Ihnen geht es nur um eine Sache, so viel Lachse wie möglich fressen, um den Winter zu überleben“, erzählt Park-Rangerin Felicia Jimenez. Dann rechnet sie vor: Die dicksten Bären können bis zu 40 Lachse am Tag verspeisen. Bei 2500 bis 6000 Kalorien je nach Lachsgröße macht das über 100 000 Kalorien am Tag.

Die Spitznamen verraten es: Nr. 747 („Jumbo Jet“) zählt mit einer geschätzte­n Leibesfüll­e von über 600 Kilogramm zu den schwersten Kandidaten. „Chunk“(zu deutsch „Klotz“) mit einer auffällige­n Narbe auf der Schnauze packe das meiste Gewicht auf sein Gesäß, heißt es in seiner Beschreibu­ng. Weibchen, wie

Holly oder Grazer, wiegen weniger, denn einen großen Teil ihrer Energie stecken sie in die Aufzucht der Jungen.

Bei der „Fat Bear“-Wahl gibt nicht nur das geschätzte Gewicht den Ausschlag – auch andere Faktoren wiegen schwer. Wie geschickt fangen die Bären in den Stromschne­llen Lachse, wie gut verteidige­n sie ihren Standort, wer sticht durch Aussehen oder Verhalten besonders hervor? Es ist mehr ein Beliebthei­ts-Wettbewerb, bei dem im vorigen Jahr über 800 000 Menschen ihre Stimme abgaben.

Ein weltweites Publikum schaut den Bären via Webcam beim Fressen zu. Ranger stellen dazu Vorher-Nachher-Fotos der Kandidaten ins Netz. Im Frühjahr, nach der Winterruhe, sind die Bären abgemagert, bis zum Herbst specken sie deutlich an. „Auch ihr Fell wird dichter und dunkler, sie werden rundlicher und viel hübscher“, meint die Rangerin.

Auf der Online-Plattform „Explore.org“werden ab diesem Mittwoch täglich Bären zur Abstimmung präsentier­t. Nach sechs Runden stehen sich im Finale dann nur noch zwei der ursprüngli­ch zwölf Mitstreite­r gegenüber.

Neben Veteranen wie Otis, der seit 2016 schon dreimal den Titel holte, gibt es auch Neulinge, darunter die jüngste Kandidatin Nr. 909. Das knapp zweijährig­e Jungtier habe früh gelernt, eigene Fische zu fangen, statt auf die Beute der Mutter zu warten. Das Vorher-Foto von Juni zeigt einen mageren Vierbeiner mit struppigem Pelz, das Nachher-Foto von September eine füllige Bärin. Erstmals mischt auch Nr. 335, eine Tochter von Bärin Holly (Nr. 435), mit. Sie habe sich vorwiegend von Fischreste­n ernährt und müsse noch lernen, ihren Platz in der Bärenwelt zu finden, halten die Ranger dem Teenager zugute.

Mit dem „Fat Bear“-Wettstreit wollen die Ranger über das Ökosystem und den Lebensraum der mehr als 2000 Braunbären in der Region informiere­n und auf Gefahren für die Tiere aufmerksam machen. Das Gebiet hat die größten Lachsvorko­mmen der Welt, ein kalorienre­iches Buffet für die Bären. Mit diesen Fettreserv­en können sie dann die monatelang­e Winterruhe ohne zu Fressen überstehen.

„Glückliche­rweise hatten wir in diesem Jahr eine sehr starke Lachswande­rung“, sagt Rangerin Jimenez. Kaltes, sauberes Wasser sei eine Bedingung dafür. Es wäre eine Katastroph­e, wenn etwa in Folge des Klimawande­ls die Lachsschwä­rme ausblieben, meint die Rangerin.

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FOTO: L.LAW/DPA Fett ist der massige Braunbär Nummer 747 mit dem Spitznamen „Jumbo Jet“, wie man am 6. September 2022 im Katmai-Nationalpa­rk in Alaska erkennen kann.

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