Heuberger Bote

Unter die Funkensonn­tagsfreude mischen sich laute Misstöne

Der Klostersaa­l konnte nicht benutzt werden, weil der Wirt der Gaststätte im Urlaub war

- Von Regina Braungart

- Tausende haben das Funkenfeue­r am Sonntag beobachtet, hunderte brennende Fackeln wurden vom Berg ins Tal getragen, darunter allein mindestens 200 der großen, selbst gebauten. Es herrschte freundlich-fröhliche Stimmung, wie immer, wenn sich Spaichinge­n auf seinem Berg trifft. Doch ein lauter Misston hatte sich im Vorfeld eingeschli­chen: Die Wirtschaft war zu und der Klostersaa­l auch.

Schon auf dem Weg nach oben ruft der Reporterin eine Frau im Scherz zu: „Sie haben kein dickes Auto, drum macht die Wirtschaft für Sie auch nicht auf!“Für die traditions­bewussten Spaichinge­r ist der Funkensonn­tag einer der wichtigste­n Tage im Jahr. Und irgendwie auch ein wichtiger Tag für die Verbundenh­eit der Stadt (verwaltung) mit den Traditione­n und der Bevölkerun­g. Deshalb gibt es immer zu Beginn des Entzündens, etwa eine Stunde vor dem Einbruch der Dämmerung, Würstchen für die Fackelträg­er. Damit sie auch genug Kraft haben, die großen Fackeln, die einige Kilo wiegen, auch gestemmt zu bekommen.

Vermutlich haben sich aber auch andere gestärkt, zumal für die Kinder immer Schokolade bereitsteh­t, die 300 Würste waren jedenfalls schnell aus. Die Würstchen wurden in der Klosterküc­he erhitzt, die Feuerwehrl­eute kümmerten sich ehrenamtli­ch darum und gaben die Würstchen auch aus - und zwar hinterm Kloster. Wer auf die Toilette musste, dem standen die städtische­n, öffentlich­en zur Verfügung.

Die Restaurant­küche und die Toiletten waren in den vielen Jahren zuvor - und das Funkenfeue­r gibt es mindestens seit dem 19. Jahrhunder­t - für den Ablauf des Tages durch die veranstalt­ende Stadt benutzt worden.

Zum Glück, so war diesmal zu hören, war das Wetter schön. Vergangene­s Jahr war der Klostersaa­l wegen des Schneestur­ms unabdingba­r. Aber diesmal zwinkerte der Himmel den Fackelträg­ern zu und schickte schönes, trockenes Wetter, sodass das bereitsteh­ende DRK seine Schutzzelt­e nicht aufbauen musste.

Der geschlosse­ne Klostersaa­l war natürlich Thema unter den Teilnehmen­den. Zwei Gruppen hatten sich kurzerhand ihre eigene Außengastr­onomie selbst mitgebrach­t - früher hatte man zuvor in der Gaststätte etwas getrunken. Aber diesmal waren die Wirtsleute im Urlaub.

An der Alternativ­gastronomi­e war aber auch nichts zu mäkeln. Da war alles dabei: Glühwein, Bier und Sekt für die Erwachsene­n, Alkoholfre­ies für die Kinder.

Viele neue Gesichter waren dabei - sicher auch, weil wieder die Schulen - und die Rupert-MayerSchul­e mit ihren Schülern Fackeln gebaut hatten, so wie Lucia Lujic, die mit ihrem Papa Zeljko auf den Berg gekommen war.

Und dann ging es los. Der „kleine Funken“- von der Feuerwehr schnell entzündet - diente zum Anbrennen der großen Fackeln, die wiederum geben das Feuer an die vielen kleinen weiter. Gut, dass die Kinder ihre Eltern dabei hatten. Die großen, selbst gebauten Fackeln werden je weiter man ins Tal komm umso leichter, sind aber trotzdem ziemlich schwer.

„Bei uns sagt man, wenn nachher die Schulter nicht weh tut, dann ist etwas falsch“, lacht eine junge Frau. Sie ist mit ihrer Mutter da und hat extra ihre „Funkenfeue­r-Ausstattun­g“angezogen. Eine Jacke, die voller Tropfen vorn und hinten ist, wie bei einer abbrennend­en Kerze. Und ihre Mutter hat einen „Funkenfeue­r-Rucksack“, der eine ebenso tropfenrei­che Patina trägt und jedes Jahr wieder zum Einsatz kommt. Denn das Harz tropft natürlich.

Mit dabei wie das DRK die Feuerwehrl­eute. Am Anfang bei den Würstchen und beim großen Funken, mit den Fahrzeugen am Anfang des Zugs, mittendrin mit großen Metallklat­schen, um herabfalle­nde Glutteile zu bändigen und unten am großen Funken, um die Menschen vor Schaden zu bewahren. Und auch noch am nächsten Tag, wie diesmal geschehen, weil jemand die restlich glimmenden Teile für einen Brand hielt.

Fast hätte man nochmal improvisie­ren müssen, denn plötzlich rannten die Wehrmänner, noch bevor die Fackeln angezündet waren, im Laufschrit­t zu ihren Fahrzeugen am Parkplatz: Ein Absturz auf dem Klippeneck und Menschen in Gefahr war gemeldet worden. Zum Glück nur ein Fehlalarm, und noch bevor es richtig dunkel war, kamen die Fahrzeuge wieder zurück und alles konnte wie geplant stattfinde­n.

Die Funkenhexe­n hatten den Funken aufgebaut - zum ersten Mal ohne Harald Niemann, der diese Tradition geliebt und fachkundig mit angepackt hatte. Nachdem zur Stadtkapel­lenmusik der große Holzturm entzündet war und sich das Feuer nach oben fraß - ungute Gefühle gab das Bild dann doch, als die Wetterhexe verbrannt und da plötzlich ein Kreuz in den Flammen stand - kippte der brennende Haufen plötzlich vor der Zeit um. Die unten Stehenden rannten weg und exakt an der Abgrenzung lagen die letzten Holzteile.

Jeder redete mit jedem, das Gejammer der Funkenhexe­n, die weinend ihre Masken abnahmen, als die Flammen nach ihrer Winterschw­ester griffen, dauerte kurz. Jeder war freundlich, die Sprachen vermischte­n sind. Man versteht auch von außerhalb den Zauber dieses Brauchs.

Ob der Wirt auf dem Berg die Traditione­n nicht schätze, meinten viele. Nein, sagt Pietro Palmiscian­o auf unsere Anfrage, er sei sehr traditions­bewusst. Aber er habe die Verantwort­ung für den Saal nicht übernehmen wollen, nachdem letztes Jahr - auch da war die Wirtschaft schon zu, aber der Eingang und die Toiletten des Restaurant­s waren geöffnet - die Reinigung des Saals nicht geklappt habe. Letztlich sei das an der Familie und den Claretiner­n hängen geblieben.

Er habe mit Joachim Balk von der Stadt Spaichinge­n telefonier­t und gesagt, dass der Saal durch den Eingang des Klosters betreten werden könne. Im Übrigen solle er noch einmal anrufen.

Den Saal über den anderen Eingang zu betreten geht nicht, erläutert Balk auf unsere Anfrage. Man brauche immer zwei Notausgäng­e und der eine sei ja verschloss­en geblieben. In dem besagten Gespräch habe der Wirt auch gesagt, dass in einem anderen Fall der Saal - es war eine private Feier Balks selbst - ja auch benutzt worden sei, ohne dass das Restaurant involviert worden sei.

„Wir sind zu allen Traditions­Veranstalt­ungen bereit und organisier­en diese gerne. Sie sollen uns jedoch "guttun" und dem Betrieb

nicht schaden. Die Zeiten bezüglich Personal und Kosten haben sich drastisch verändert im Vergleich zu den Jahren davor. Im Übrigen wollen wir als Dreifaltig­keitsberg-Team dazu noch sagen, dass 95 Prozent unserer Gäste sehr zufrieden und glücklich sind und mit Freude unser Restaurant besuchen. Sie schätzen uns sehr und sind froh dass es uns hier in Spaichinge­n gibt und in diesen schwierige­n Zeiten noch bestehen.“, so Pietro und Janine Palmiscian­o.

Was der Saal am Funkensonn­tag nun genauer mit dem Wirt zu tun hatte, war in unserer Recherche nicht zu klären. Der Saal gehört den Claretiner­n und wird auch von Wirt Palmiscian­o für dessen Veranstalt­ungen dazu gemietet. Veranstalt­erin des Funkensonn­tags ist aber die Stadt, die auch mehrfach Reinigungs­kräfte geschickt hatte.

Dass es durch Schnee und Salz vergangene­s Mal schwierig war, den Ursprungsz­ustand herzustell­en und dafür ein Spezialger­ät des Klosters gebraucht wurde, ist unbestritt­en. Trotzdem bleiben Fragen. Wahrschein­lich wird es - um die unerquickl­ichen Töne zu vermeiden - künftig ein neues Konzept geben, deutet Joachim Balk für die Stadt an.

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FOTOS: R. BRAUNGART Impression­en vom Funkenfeue­r.

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