Der einzige Weg in die Freiheit führt durch den Schornstein
Gut besuchte Ausstellungseröffnung
- Viel früher als üblich öffnete das Kulturhaus im Bürgerpark dieses Jahr erstmals seine Pforten. Die Anfrage wegen einer Ausstellung zum Thema Holocaust war ein solch perfektes Match zu den Räumlichkeiten, und die Fotografin Julia Davina Fritz vertrat ihr Anliegen so leidenschaftlich, da konnte das Heimat-Forum als Betreiber gar nicht nein sagen. Als dann der Titel der Veranstaltung bekannt wurde, stockte doch so manchem der Atem: „Der einzige Weg in die Freiheit führt durch den Schornstein“. Dieser Ausspruch einer KZ-Wache gegenüber einem Inhaftierten steht an den Wänden der KZ-Gedenkstätte in Sachsenhausen bei Berlin. Er wurde bei der Ausstellungseröffnung ergänzt durch ein Zitat von Noach Flug, einem inzwischen verstorbenen Ausschwitzüberlebenden. „Die Erinnerung ist wie das Wasser. Sie ist lebensnotwendig, und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen . ... Sie hat kein Verfallsdatum, und sie ist nicht per Beschluss für bearbeitet oder für beendet zu erklären.“
Ganz im Sinne der in Deutschland gepflegten Erinnerungskultur, in Tuttlingen sind dies zum Beispiel die Stolpersteine und der Mühlau Gedenkpfad, ermöglichen die Bilder von Julia Davina Fritz einen emotionalen Zugang zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, teilweise ergänzt durch Texte und Fakten.
Denn wenngleich die Shoa, der Holocaust, dieser Zivilisationsbruch der Deutschen, das bestdokumentierte Verbrechen an der Menschheit ist, so ist es eine stets aktuelle Frage, wie man sich diesem Thema nähert, insbesondere jetzt, da die Zeitzeugen immer weniger werden. In Deutschland gibt es nur noch etwa 14.000. Also müssen andere Wege wider das Vergessen gefunden werden, und hierzu leistet die Ausstellung einen wichtigen Beitrag.
Viele Gäste der Vernissage waren erst einmal überrascht, dass auf der Bel Etage des Alten Krematoriums keine Bilder zu sehen waren. Sie erkannten beim Rundgang durch das Haus aber schnell den Wert des unrenovierten Kellers als Hintergrund für die gezeigten Werke. Außerdem erhielten sie so überhaupt einmal Zutritt zur vollkommen erhaltenen Verbrennungstechnik, denn üblicherweise ist dieser Bereich nicht öffentlich.