Neuer EnBW-Chef Stamatelopoulos präsentiert Ergebnissprung
Warum die Stromkunden des Energiekonzerns trotz des Erfolgs mit Preiserhöhungen konfrontiert werden und ob sich das künftig ändert
- Bei der Bilanzpressekonferenz des Energieversorgers EnBW am Mittwoch in Stuttgart, hat der seit 19 Tagen amtierende Vorstandschef Georg Stamatelopoulos zwei Fragen gleich zu Beginn abgeräumt: Erstens, die Bedeutung seines Namens. Stamatelopoulos, sagte der 54-jährige gebürtige Grieche, bedeute etwas frei übersetzt „Nachfahre desjenigen, der aufhört“. Er bezeichne denjenigen, der kommen solle, um zu helfen. Weiter wollte der Manager das Bonmot vor dem Hintergrund der Turbulenzen im Vorstand der EnBW in den vergangenen Wochen nicht vertiefen. Und zweitens: Nein, auf die Entscheidung des Aufsichtsrats vom 8. März, seinen Vorgänger Andreas Schell, Ex-Chef des Friedrichshafener Motorenbauers RollsRoyce Power Systems, mit sofortiger Wirkung von seinen Pf lichten zu entbinden, wolle er nicht näher eingehen. „Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir uns heute auf die Zahlen der EnBW und den Ausblick beschränken“, sagte Stamatelopoulos. Das Kapitel Schell und der Versuch, nach der sehr erfolgreichen Periode unter Vorstandschef Frank Mastiaux einen branchenfremden Manager – und damit auch eine andere Perspektive – an die Spitze des nach Umsatz drittgrößten deutschen Energieversorgers zu hieven, ist gescheitert und abgehakt.
Die Zahlen und der Ausblick, den Stamatelopoulos und sein Finanzchef Thomas Kusterer im Gepäck hatten, konnten sich indes sehen lassen: Der Umsatz des Konzerns ist im vergangenen Geschäftsjahr nach den 2022 erzielten Energiepreisspitzen infolge des Ukraine-Kriegs zwar um 21 Prozent auf 44,4 Milliarden Euro gesunken. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte im Berichtszeitraum jedoch um 60 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zu, und lag damit am oberen Ende der im dritten Quartal 2023 angehobenen Prognosebandbreite. „Wir waren in einem bewegten Branchenumfeld gut unterwegs“, kommentierte Stamatelopoulos das Erreichte, für das er noch als Vorstandschef des Geschäftsfelds Nachhaltige Erzeugungsinfrastuktur – also die Stromerzeugung aus Sonne und Wind – Verantwortung trug.
Der EnBW-Chef führte das erfolgreiche Abschneiden insbesondere auf die breite Aufstellung des
Konzerns zurück. „Als einziger Energieversorger in Deutschland sind wir auf allen Stufen der Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über die Netze bis zum Kunden – präsent“, sagte Stamatelopoulos. Das mache die EnBW resilient, habe es ermöglicht, sich den Marktverwerfungen der vergangenen Jahre anzupassen und die rund 5,5 Millionen Kunden sicher mit Energie zu versorgen.
Für den Gewinnsprung ausschlaggebend war die konventionelle Stromerzeugung in den Gasund Kohlekraftwerken der EnBW. Für die Strommengen konnte der Konzern deulich höhere Preise erzielen als noch im Vorjahr. Darüber hinaus fiel die sehr teure Ersatzbeschaffung von Gas weg, nachdem Russland im Jahr 2022 die Lieferung nach Deutschland eingestellt hatte.
Den EnBW-Stromkunden nützt das aktuell jedoch wenig. Anfang März hatte der Konzern angekündigt, die Preise in der Grundversorgung zum 1. April um 16 Prozent anzuheben. Stamatelopoulos begründete das am Mittwoch zu zwei Dritteln mit dem Wegfall des Zuschusses des Bundes bei den Netzentgelten in Höhe von 5,5 Milliarden Euro deutschlandweit: „Sie können nicht erwarten, dass die EnBW eine staatliche Subventionierung ersetzt“, sagte der Manager. Zu einem Drittel seien die höheren Strompreise der Einkaufspolitik geschuldet. Um die Sicherheit der Versorgung zu gewährleisten, kaufe die EnBW einen Teil der benötigten Strommengen bis zu drei Jahre im Voraus ein und gleiche so Schwankungen aus, erklärte Stamatelopoulos. Das habe die Kunden in der Energiekrise
geschützt. Doch nun würden die 2022 zu Mondpreisen gekauften Strommengen zu Buche schlagen. Hinzu kämen historisch hohe Investitionen auf dem Weg zur Energiewende: Bis 2030 will die EnBW brutto 40 Milliarden Euro in die Ertüchtigung der Netze, in neue Windparks und PV-Anlagen sowie in wasserstofffähige Gaskraftwerke investieren. Perspektivisch, sagte Finanzvorstand Kusterer, würden sich die inzwischen deutlich gesunkenen Großhandelspreise für Strom aber auch in den Endkundenpreisen widerspiegeln.
Die gesunkenen Großhandelspreise sind auch der Grund, warum die EnBW für das laufende Jahr nur noch ein Ergebnis in einer Bandbreite von 4,6 bis 5,2 Milliarden Euro erwartet. Den Aktionären des Konzerns – jeweils 46,75 Prozent der Anteile gehören dem Land Baden-Württemberg über seine Beteiligungsgesellschaft Neckarpri und den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken (OEW), ein Zusammenschluss von neun oberschwäbischen Landkreisen mit Sitz in Ravensburg –, will der Vorstand auf der Hauptversammlung am 7. Mai eine um 40 Cent auf 1,50 Euro erhöhte Dividende vorschlagen.