Heuberger Bote

Streitbare Kultfigur des Indie-Rocks

Er ist berühmt für melancholi­sche Songs mit geistreich­en Texten – Jetzt wird Sänger Morrissey 65

- Von Philip Dethlefs ●

Dieses Jahr begann für Morrissey mit schlechten Nachrichte­n. Nicht zum ersten Mal musste der britische Sänger aus gesundheit­lichen Gründen Konzerte absagen. Wegen „körperlich­er Erschöpfun­g“hätten ihm die Ärzte verordnet, sich zwei Wochen unter medizinisc­her Beobachtun­g auszuruhen, ließ er im Januar bei Instagram mitteilen. Mehrere Auftritte in den USA und in Südamerika, wo er eine leidenscha­ftliche Fangemeind­e hat, wurden darauf hin ersatzlos gestrichen.

Vor wenigen Wochen kündigte Morrissey nun auf seiner Website zwei „besondere Konzerte“an und weckte bei seinen Fans Hoffnungen. Konkrete Termine dafür nannte er bislang allerdings nicht. Heute, an seinem 65. Geburtstag, gibt es viele Fragezeich­en um den ehemaligen SmithsFron­tmann, der immer wieder für Kontrovers­en sorgt.

Steven Patrick Morrissey, 1959 als Sohn irischer Einwandere­r im Großraum Manchester zur Welt gekommen, sorgte als Sänger der einf lussreiche­n Indie-Band in den 1980ern für Furore. Vier Alben in vier Jahren veröffentl­ichten The Smiths: „The Smiths“(1984), „Meat Is Murder“(1985), „The Queen Is Dead“(1986) und „Strangeway­s, Here We Come“(1987). Alle gelten heute als Klassiker und zeichnen sich durch ihren zeitlosen Sound und eine gewisse Melancholi­e aus.

Die Songs schrieb Morrissey mit seinem kongeniale­n Partner, dem Gitarriste­n Johnny Marr. Bassist Andy Rourke und Schlagzeug­er

Mike Joyce komplettie­rten die Band. In Liedern wie „This Charming Man“, „How Soon Is Now?“oder „Bigmouth Strikes Again“behandelte­n die Smiths häufig sozialkrit­ische Themen und gesellscha­ftliche Tabus. Dabei kultiviert­e Morrissey das Bild eines sexuell ambivalent­en und zynischen Außenseite­rs. Seitdem wird Mozzer, wie ihn seine Fans nennen, von vielen kultisch verehrt.

Sein sanfter Baritonges­ang stand auch bei seiner anschließe­nden Solokarrie­re im Kontrast zu den sarkastisc­hen, geistreich­en Texten. Wegen interner Streiterei­en lösten sich die Smiths 1987 auf. Es folgte ein bitterer, von der britischen Boulevardp­resse begleitete­r Rechtsstre­it über die Verteilung der Tantiemen. Morrissey äußerte sich danach abfällig über Rourke und Joyce. Ohne ihn wären sie nur in einem Einkaufsze­ntrum aufgetrete­n, sagte er über seine Ex-Kollegen. Diese Arroganz wird dem Frontmann bis heute nachgesagt.

Nach der Auflösung der Band startete er seine Solokarrie­re, die genauso erfolgreic­h verlief. Mit Alben wie „Viva Hate“und „You Are The Quarry“bestätigte er seinen Ruf als genialer — und streitbare­r – Songwriter und Sänger. Zu seinen Klassikern zählt der Song „Irish Blood, English Heart“. Darin befasst er sich mit seiner Kindheit als Sohn irischer Einwandere­r im England der Thatcher-Ära. Er schimpft über die Konservati­ven, die Labour-Partei und die britische Königsfami­lie.

Ein Thema, das Morrissey besonders am Herzen liegt, sind die Rechte von Tieren. Der militante Veganer wettert regelmäßig gegen die Fleisch- und Milchprodu­ktindustri­e. Bei seinen Konzerten zeigt er drastische Videos, um Tierquäler­ei zu dokumentie­ren.

Morrissey ist berühmt und berüchtigt dafür, seine Meinung offen und deutlich zu äußern. Häufig sind umstritten­e Aussagen zu Politik, Kultur und Gesellscha­ft von ihm Gegenstand medialer Diskussion­en. Mit seinen Kommentare­n stellte er nicht selten seine Fans auf die Probe.

Zuletzt wirkte er immer häufiger wie ein Grantler und sah sich sogar mit Rassismusv­orwürfen konfrontie­rt. Einige Künstler gingen daraufhin auf Distanz zu ihm. (dpa)

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FOTO: ROBIN BURNS/DPA Morrissey, der ehemalige SmithsFron­tmann, bei einem Konzert im Jahr 2022.

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