FRISCHER WIND
So wurde ein alter Wachturm in East Hampton zum hellen Familienheim.
Keine Sekunde musste Innenarchitekt John Bjornen zögern, als eine junge Familie mit einem ganz besonderen Renovierungsvorhaben zu ihm kam: ein alter Wachturm im eleganten East Hampton sollte in ein frisches, modernes Domizil verwandelt werden. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert war einer der ersten Aussichtspunkte am östlichen Ausläufer von Long Island und ist mit den für die Hamptons charakteristischen Holzschindeln verkleidet, die in der Region unter Denkmalschutz stehen. Diesem historischen und dennoch zurückhaltenden Look wollte der Interior Designer auch im Inneren des Hauses gerecht werden. Beide Ebenen – Innen und Außen – sollten ein harmonisches Ganzes ergeben. „Wir entschieden uns deshalb dafür, den originalen Grundriss zu belassen und stattdessen anzubauen“, erklärt John seine Grundidee. „Wir erneuerten lediglich die Elektrik sowie die Rohre.“ Die klassischen Schindeln verhüllen auch den Anbau, sodass beide Teile zu einem großen Ganzen verschmelzen und mit dem bloßen Auge nicht zu unterscheiden sind. Ein kluger Schachzug, der dem Haus die Atmosphäre eines traditionellen Anwesens verleiht. Die symmetrisch gesetzten Fenster tragen dazu ebenfalls ihren Teil bei. Vor allem profitieren davon aber die Innenräume: das Sonnenlicht flutet die Zimmer, belebt sie und macht sie freundlich. Das Wohnzimmer badet geradezu im Sonnenlicht. Dieses warme Flair wollte John Bjornen nicht beschränken und entschied sich gegen Gardinen und Vorhänge, um dem Raum nichts von seiner Wirkung zu nehmen. Die freundliche Stimmung wird unterstrichen durch ausgesuchte Farbtupfer, die für ein Haus in den Hamptons eher ungewöhnlich sind: Rosa, Türkis und Limettengrün. Farben, die sich am Stil der 1960er Jahre orientieren und vom klassischen maritimen Look abweichen.
Diese Stilentscheidung begründet der Interior Designer so: „Ich wollte mich dem Chic der Hamptons etwas anders nähern. Auch hier finden sich die typischen Elemente wie die weiß lackierten Holzpaneele, Dielen, Fenster und Decken. Dazu wird für gewöhnlich ein tiefes, strahlendes Meerblau kombiniert. Ich entschied mich stattdessen für zarte und eher unerwartete Farbtöne. Meine Auftraggeber wünschten sich ein sorglos wirkendes und ungezwungenes Interieur mit Anklängen an die lässige Bohemian-ästhetik.“Diese Verbindung von Klassik und Moderne, von Seriosität und Verspieltheit gelingt wunderbar; nicht zuletzt, weil John es in keine der beiden Richtungen übertrieben hat. So entstand ein harmonisches Bild mit einer zeitlosen Note. „Auch das ist Absicht“, erzählt Bjornen sichtlich stolz, „wir wollten ein Ambiente schaffen, das wie aus der Zeit gehoben wirkt. Der Betrachter soll das Alter der Einrichtung nicht erahnen können.
Alles könnte erst gestern gekauft worden sein – oder bereits vor dreißig Jahren. Genau das ist der besondere Zauber dieses Ortes.“Die Magie durchdringt das Familiendomizil so gleichmäßig, dass man beim Gang durch die Zimmer nicht sagen kann, ob man sich im alten oder im neu angebauten Teil des Hauses befindet. „Wir haben dem Anbau keine spezielle Funktion zugeordnet“, so John, „sondern wollten lediglich mehr Platz schaffen. Es gibt dort, genauso wie im ursprünglichen Wachturm, mehrere Schlafräume, ein Fernsehzimmer sowie ein Bad.“Im Erdgeschoss des Turms befindet sich das Musikzimmer der Familie. Alle lieben es, dort an lauen Sommerabenden zu musizieren. Dann stehen die Türen weit offen, sodass man bis in den Garten den Klang des Flügels hören kann. Ein offener Koch- und Essbereich schließt an das neben dem Musikraum liegende Wohnzimmer an. Im zweiten Stock des Turms richtete John Bjornen die Schlafräume ein.
Eine kleine Falltür führt aus einem der Schlafzimmer ganz nach oben, auf die Spitze des Wachturms. Weil er eines der höchsten Gebäude in East Hampton ist, bieten sich von dort aus spektakuläre Blicke über die das Anwesen umgebende Natur und das beschauliche Städtchen, in dem viele New Yorker ihren Urlaub oder die Wochenenden verbringen. Das Meer, der weiße Sandstrand und der idyllische Ortskern sind zu erkennen – und zu Fuß nur einen Steinwurf entfernt. „Es war mir wichtig, die Umgebung in mein Design des Ambientes mit einfließen zu lassen“, beschreibt John Bjornen seine Herangehensweise. „Man soll den Sand, das Wasser und die Wiesen auch im Inneren erahnen können. Gleichzeitig wollte ich die Persönlichkeit und die Vorlieben der Bewohner zum Ausdruck bringen. Ein junges Ehepaar mit drei kleinen Kindern würde sich in einem allzu eleganten Interieur nicht sonderlich wohlfühlen. Unsere gemeinsame Idee für das Haus war deshalb ein Stil, der sich wohl am treffendsten mit ‘Malibu meets Hamptons’ beschreiben lässt.“Herausgekommen ist eine Einrichtung, die sich fröhlich und farbenfroh dem Understatement hingibt.