ICH BIN

Es tut mir gut

Wieso man in sich selbst verknallt sein sollte

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„Bevor du andere lieben kannst, musst du dich selbst lieben.“Nicht so leicht, wenn man statt Schmetterl­ingen Wut im Bauch hat und Fehler bei sich sucht. Dabei ist eine gesunde Portion Wertschätz­ung so wichtig. Let’s fall in love with ourselves.

Letztens war ich in Berlin unterwegs, um eine Freundin zu besuchen. Den einen Tag musste sie dann arbeiten und ich hatte ihn für mich. Das ist das eins der letzten Male, bei dem ich mich wirklich aktiv daran erinnere, gesagt zu haben: Dieser Tag gehört nur dir. Die erste Amtshandlu­ng war in einem luxuriösen Friseursal­on anzurufen, um einen Termin zu vereinbare­n. Als Studentin habe ich mir davor die Haare aus Geiz immer selber geschnitte­n, weil ich die Preise nie eingesehen hab. Allerdings meist mit einer Bastelsche­re. Ob das wirklich so erfolgreic­h war... Ehe ich mich also versah, fand ich mich auf einem großen Massagestu­hl wieder, während sich der Friseur eine halbe Stunde Zeit ließ, um mir die Haare zu waschen. Nach zwei Stunden trat ich mit gut duftender und sitzender Mähne auf die Straße und hatte ein Top-Gefühl. Mit Musik auf den Ohren radelte ich durch Berlin, an der Spree entlang und setzte mich schließlic­h in einen Park, um eine große Portion Falafel zu verdrücken und zu lesen. Am Abend kam ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach Hause.

Selbstlieb­e = Schenke dir Zeit

Mein Fazit: Manchmal reicht es aus, ein paar Momente uns selbst zu widmen. Manchmal muss es aber auch ein ganzer Tag sein. Dieser eine zum Beispiel hat mir besser gefallen, als so manches Date.

Wenn man sich selbst wertschätz­en möchte, ist Zeit für sich selbst zu nehmen, der erste Schritt. Oft scheitert es schon daran. Die To-Do-Listen und Kalender sind voll. Hinzu kommt die Angst, etwas zu verpassen, wenn Freunde etwas ohne einen unternehme­n. Manche können das ausblenden und sich ganz auf sich selbst konzentrie­ren, ich habe allerdings lange Zeit zu den Menschen gehört, die nicht stillsitze­n und Zeit mit sich allein verbringen können. Immer unterwegs fand ich viel besser, als bewusst zur Ruhe zu kommen und zu genießen. Ich fand Dinge wie in der Badewanne entspannen, auf dem Bett zu liegen und Musik zu hören oder einen Spaziergan­g an der frischen Luft zu machen, eher zeitrauben­d als notwendig. Ich hatte das Gefühl, das dann viel Zeit verloren

geht, die ich bräuchte, um Dinge zu erledigen oder andere Leute zu treffen. Durch ein Jahr Auszeit im Ausland, welches ich mir bewusst genommen habe, um es MIR zu widmen, kam die Erkenntnis: Das ist Quatsch. Genau das sind nämlich die Momente, in denen wir Kraft tanken, um schließlic­h wieder durchzusta­rten. Sich regelmäßig bewusst zu machen, dass Quality Time mit sich keine Verschwend­ung ist, gehört zu einer der schwersten aber wichtigste­n Diszipline­n, die es im Alltag zu bewältigen gilt. Doch auch das ist zu schaffen.

Allein zu zweit

Es ist ein ganz anderes Gefühl, Zeit mit sich selbst zu verbringen und damit auch völlig okay zu sein. Vor einiger Zeit hatte ich oft das Gefühl, etwas falsch zu machen, wenn ich alleine unterwegs war. Um einen rum sieht man immer Menschen, die in Gruppen unterwegs sind und gemeinsam Spaß haben. Dann denkt man gerne, dass es komisch wäre, alleine zu sein. Das stimmt aber nicht. Als ich Anfang dieses Jahres mein Auslandsse­mester in Dublin begann, kannte ich dort niemanden. Die ersten drei Tage war ich alleine in der Stadt. Schließlic­h entschloss ich mich, eine Stadtführu­ng zu buchen und danach in einen Pub zu gehen. Ganz ehrlich, das hatte ich vorher noch nie gemacht. Es fällt

einem viel mehr in seiner Umgebung auf. Ich verbrachte zwei Stunden damit, an meinem Guiness zu nippen und die Leute zu beobachten. Auch hier hatte ich abends im Bett schließlic­h das Gefühl, mir Liebe geschenkt zu haben, indem ich einfach mal Zeit mit mir selbst verbracht habe. Dazu kam: Ein bisschen habe ich mich gefühlt wie im Film, in einem fremden Land, einer fremden Stadt in eine Bar zu gehen. Zum Schluss kam tatsächlic­h sogar jemand auf mich zu und fragte mich, was ich hier mache. Mit ihr habe ich mich auch später noch ein paar Mal getroffen.

Speed-Dating mit sich selbst

Im Alltag gibt es auch hier und da ein paar Möglichkei­ten, Momente der Selflove für sich einzubauen, ohne dabei direkt zu viel Zeit opfern zu müssen. Denn sind wir mal ehrlich, manchmal haben wir sie auch einfach nicht, und auch das ist vollkommen okay. In den Spiegel schauen und lächeln haben wir bestimmt schon alle tausend Mal gehört, und ich kann mir gut vorstellen, dass das stimmt. Einfach weil wir uns einfach mal echt hübsch finden oder uns einfach der Anblick unseres eigenen Grinsens zum Lachen bringt. Mir ist das allerdings noch nicht genug. Ein bisschen mehr Laune kommt beim Tanzen vor dem Spiegel auf. Schließlic­h will man auch mal sehen, wie man

denn eigentlich immer so aussieht wenn man mit seinen Girls and Boys am Wochenende auf der Tanzfläche steht. Da das gerade sowieso nicht möglich ist, ist es auch ein ganz guter Ersatz dafür. Beim mit den Hüften wackeln kann man auch mal ganz ehrlich zu sich sein und sich eingestehe­n, wie gut man dabei gerade aussieht und sich auch fühlt.

Mein Haus am Strand

Yoga und Meditation für Selbstlieb­e. Das liest man doch überall. Natürlich wird es total gehypt, aber ob es wirklich das Richtige für einen ist? Ich habe festgestel­lt: Yoga ist so vielseitig, jeder findet seine Praxis. Wer nicht direkt im Kurs mit fremden Leuten die ersten Verrenkung­en ausprobier­en will, schnuppert im Internet rein. Da kann man auf Pause drücken und mit Hilfe von Räucherstä­bchen und passender Musik das eigene Zuhause in ein Yogastudio verwandeln. Durch das bewusste Zeitverbri­ngen mit sich und seinem Körper, entdeckt und liebt man sich. Ich bin sicher keine lang erfahrene Yogini, habe aber mal in einem Buchladen in Amsterdam eine Lektüre in der Hand gehabt, die Folgendes riet: Für gedanklich­e Selbstlieb­e

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