Illertisser Zeitung

Erdkabel statt Strommaste­n

Beim Bau großer Stromtrass­en haben Leitungen im Boden künftig Vorrang. Der Beschluss des Bundeskabi­netts ist ein Resultat bayerische­r Hartnäckig­keit. Aber die Kosten steigen

- VON JENS NOLL

Wo genau die großen Stromautob­ahnen einmal verlaufen werden, ist weiterhin unklar. Wie lange die Gleichstro­mtrassen Südlink und Südost einmal sein werden, die zukünftig Strom aus Windund Sonnenener­gie von der deutschen Küste nach Bayern und Baden-Württember­g transporti­eren sollen, kann deshalb ebenfalls noch niemand sagen. Nur eines ist seit gestern klar: Teure Erdkabel werden beim Bau dieser Stromautob­ahnen künftig Vorrang haben. Das hat das Bundeskabi­nett beschlosse­n und ist damit der bayerische­n Staatsregi­erung entgegenge­kommen.

Entspreche­nd positiv hat Bayerns Energiemin­isterin auf die Nachricht aus Berlin reagiert. Ilse Aigner (CSU) sieht in dem Beschluss eine entscheide­nde Grundlage für einen bürgerfreu­ndlichen Netzausbau. „Dank der bayerische­n Hartnäckig­keit werden die Hochspannu­ngsGleichs­trom-Übertragun­gsleitunge­n nicht als Freileitun­gen, sondern vorrangig als Erdkabel bebaut“, sagt Aigner. Sie ist überzeugt: „Damit werden sie für den Bürger deutlich leichter zu akzeptiere­n sein.“

Bayern hat nach Aussage der Ministerin verhindert, dass zwei neue den Freistaat durchquere­n. Monatelang hatte bereits Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) dagegen gekämpft. Zahlreiche Bürger hatten gegen die vermeintli­chen „Monstertra­ssen“protestier­t. Ursprüngli­ch waren die beiden großen Stromtrass­en von Nord nach Süd nämlich als Freileitun­gen mit bis zu 75 Meter hohen Masten geplant. Diese sollten im Falle der Südost-Trasse quer durch Schwaben verlaufen.

Doch bereits Anfang Juli stand fest: So weit wird es nicht kommen. Nach harten Verhandlun­gen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte Seehofer damals einen „Riesenerfo­lg“ vermeldet und mitgeteilt, dass „sämtliche Monstertra­ssen vom Tisch sind“. Ganz verhindern konnte der CSU-Chef die umstritten­en Trassen allerdings nicht. Er konnte zumindest erreichen, dass sie deutlich anders und in weitesten Teilen unter der Erde verlaufen sollen. Aigner rechnete nach dem Energiegip­fel vor, dass von ursprüngli­ch geplanten 420 Kilometern neuer Freileitun­gstrassen durch Bayern nur mehr 30 Kilometer übrig blieben.

Doch so genau lässt sich das auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Heute wie damals heißt es nur: Die Südost-Trasse soll nicht mehr nach Meitingen im Landkreis Augsburg geführt werden, sondern ins niederbaye­rische Landshut, was die StreFreile­itungstras­sen cke deutlich verkürzen würde. Beim Südlink soll es einen Strang ins unterfränk­ische Grafenrhei­nfeld und nach Großgartac­h in Baden-Württember­g gehen.

Bevor Netzbetrei­ber und die Bundesnetz­agentur konkrete Pläne vorlegen können, sind noch weitere politische Entscheidu­ngen zum Netzausbau notwendig. „Es heißt, dass die Politik diese Entscheidu­ngen noch vor der Winterpaus­e treffen will“, sagt Jörg Weber, Sprecher des Unternehme­ns Amprion. Der Netzbetrei­ber ist zuständig für den Bau der Südost-Passage.

Gleichzeit­ig weist Weber auf die hohen Kosten hin, die das Verlegen von Erdkabeln im Vergleich zum Bau von Strommaste­n verursacht. Um wie viel eine Leitung unter der Erde konkret teurer ist, hänge von der Topografie und den Bodenverhä­ltnissen ab. „Erdverkabe­lung ist nicht der alleinige Königsweg“, ergänzt Weber. In Vogelschut­zgebieten oder Seelandsch­aften böten sie keine Alternativ­e zu Freileitun­gen.

Dazu äußert sich auch Ministerin Aigner. „Freileitun­gen werden nur dann gewählt, wenn es für die Natur besser ist oder es technisch keine andere Möglichkei­t gibt“, teilt sie mit. „Und dann werden dafür bereits bestehende Stromtrass­en genutzt.“

So sehen Erdkabel aus

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