Ein ungeschönter Blick auf die Mafia
„Gomorrha“erzählt in zwölf Folgen die blutige Fehde zweier krimineller Clans
Brutal, schäbig und gemein: In der italienischen Serie „Gomorrha“wird die Mafia ungeschönt so gezeigt, wie sie ist – ganz ohne jede Spur von romantischer Überhöhung, wie man sie aus Kinofilmen wie „Der Pate“kennt.
Im Mittelpunkt steht die blutige Fehde zweier krimineller Clans in Neapel im Kampf um die Vorherrschaft im Drogengeschäft: Der immer weiter eskalierende Krieg fordert im Lauf der Serie immer mehr Tote, bis am Ende von den beiden verfeindeten Familien fast keiner mehr übrig ist. zeigt den packenden Zwölfteiler ab heute immer donnerstags um 21 Uhr in Doppelfolgen.
Die Serie basiert auf dem dokumentarischen Roman des italienischen Journalisten Roberto Saviano. Seit dem Erscheinen des Buches über die Vernetzung von organisierter Kriminalität und Politik steht der 36-Jährige unter Polizeischutz und lebt im Untergrund. „Dieses Buch hat mein Leben zerstört“, sagte Saviano in einem Interview. Der Roman wurde unter dem Titel „Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra“schon einmal verfilmt und gewann 2008 den Großen Preis der Jury in Cannes. Zehn Millionen Mal ist das Buch über die neapolitanische Mafia verkauft worden. Warum jetzt auch noch eine Serie folgt? „Weil mir klar wurde, dass zu viele Geschichten bisher weggelassen wurden“, sagt Saviano.
Dass sich die Serie vor dem Film nicht verstecken muss, zeigt schon die packende Auftaktszene: Die beiden Mafiosi Ciro (Marco D’Amore) und Attilio (Antonio Milo) fahren sorglos mit dem Auto zu ihrem nächsten Job, singen Popsongs aus dem Radio mit – und zünden dann im Auftrag ihres Chefs Don Pietro Savastano (Fortunato Cerlino) skru- pellos die Wohnung an, in der ihr Erzrivale Salvatore Conte (Marco Palvetti) gerade mit seiner Mutter Pasta isst. Der Gegenschlag folgt umgehend: Contes Schergen richten in Savastanos Lieblingsbar ein Blutbad unter dessen Männern an, das nur Ciro überlebt, der fortan „der Unsterbliche“genannt wird.
Im Lauf der weiteren Folgen dreht sich die Spirale aus Gewalt und Verrat erbarmungslos weiter. Als Don Pietro wegen seiner kriminellen Machenschaften ins Gefängnis muss, will er seinen eigentlich viel zu weichlichen Sohn Gennaro (Salvatore Esposito) zum Clanchef befördern – doch dessen Mutter Imma (Maria Pia Calzone) will die lukrativen Geschäfte selber an sich reißen und ist sogar bereit, dafür Gennaro zu opfern. Es kommt zum offenen Krieg zwischen Mutter und Sohn, während Ciro derweil sein eigenes Süppchen kocht.
„Nichts von dem, was erzählt wird, ist der Fantasie entsprungen. Die Charaktere basieren auf real existierenden Menschen“, betont Roberto Saviano, gegen den ein USJournalist derzeit schwere Vorwürfe erhebt. Der aktuelle Roman des Bestseller-Autors, „Zero Zero Zero: Wie Kokain die Welt beherrscht“, soll ein Plagiat sein. Saviano weist dies zurück. Doch zurück zu „Gomorrha“: Bei den Dreharbeiten an Originalschauplätzen in Neapels berüchtigtem Vorort Scampia konnte Saviano aus Sicherheitsgründen nicht dabei sein. Scampia mit seinen heruntergekommenen Hochauskomplexen gilt als Stadtteil mit dem größten Anteil am von der Camorra organisierten Drogenhandel. 2004 und 2005 fand die sogenannte Fehde von Scampia zwischen zwei rivalisierenden Clans statt, in deren Verlauf 70 Menschen ermordet wurden.