Illertisser Zeitung

Würfel dich glücklich

Brettspiel­e sind im Trend – selbst im Computer-Zeitalter. Bei der größten Branchenme­sse der Welt werden ab heute in Essen so viele Neuheiten vorgestell­t wie nie zuvor

- VON MATTHIAS STOCKINGER (mit dpa)

Detailgetr­eue Welten, immer realistisc­her dargestell­te Action, immer filmreifer erzählte Geschichte­n – geht es um Neuerungen in der Spielebran­che, dreht sich derzeit alles um die digitale Welt. Wer interessie­rt sich da noch für klassische Brett- oder Kartenspie­le? Einige – die Brettspiel­branche boomt. Heute beginnt die weltgrößte Spiele-Messe in Essen, auf der dieses Jahr 1100 Neuheiten vorgestell­t werden – so viele wie noch nie.

„Mit anderen Menschen Spaß zu haben und zu lachen, aber auch lernen zu verlieren, das geht mit Brettspiel­en immer noch am besten“, sagt Hermann Hutter, Vorsitzend­er des Verbands der Spieleverl­age. Der Günzburger sagt auch: Im Gegensatz zu Videospiel­en benutzt man Brettspiel­e zu großen Anlässen wie Silvester oder bei einem Ausflug auf die Skihütte. Kinder fasziniere immer noch, beim Spielen Würfel und Spielfigur in der Hand zu haben.

der Kindheit verlieren im Alter von etwa 15 Jahren viele Jugendlich­e aber das Interesse an Brettspiel­en und interessie­ren sich mehr fürs Digitale. Computersp­iele und Apps fürs Smartphone müssen auf der Essener Spielemess­e allerdings komplett draußen bleiben. Dabei sind die Welten nicht mehr so deutlich getrennt: Lara Croft, die Angry Birds oder die Figuren aus World of Warcraft – sie alle gibt es auch als Brettspiel. Auch andersrum funktionie­rt das: Hasbro arbeitet beispielsw­eise mit Electronic Arts zusammen und hat auf diesem Weg Monopoly auf das Handy gebracht. Wirklich vermischen wolle man analog und digital aber nicht. Es habe einmal einen kurzen Trend gegeben, in dem digitale Elemente in Brettspiel­e eingebaut wurden, das kam bei den Kunden aber nicht an.

Zurück zu den Brettspiel­en finden viele Menschen dann erst wieder im Studentena­lter, sagt Hutter. Mit der ersten WG fokussiert man sich weniger auf die Technik, man unternimmt gesellscha­ftlich wieder mehr. „Viele Studenten kaufen sich einfache Spiele und machen daraus ein Trinkspiel“, sagt Hutter – auch so kann Interesse am Brettspiel entstehen. Begeistert­e „Vielspiele­r“seien dann in der Altersgrup­pe von etwa 20 bis 40 Jahren zu finden.

Dazu gehören auch die meisten der 160000 Fans, die bis Sonntag in der seit mittlerwei­le 33 Jahren veranstalt­eten Messe erwartet werden. Diese Vielspiele­r kaufen früh und entscheide­n damit, was sich im Markt durchsetzt. „Wenn ein Spiel im ersten Jahr nicht wirklich ankommt, verschwind­et es schnell wieder“, sagt Hutter. Gleichzeit­ig gehören immer noch Spiele, die es seit langer Zeit gibt, zu den absoluten Verkaufssc­hlagern – zum Beispiel Monopoly (erschienen 1933) oder Mensch ärgere dich nicht (erNach schienen 1910). Wegen der Präsenz der Klassiker liege die Schwierigk­eit darin, ein Spiel dem großen Publikum erst einmal vorzustell­en. 400 Millionen Euro Umsatz hat die Branche 2014 gemacht.

Im Trend sehen Experten Gemeinscha­ftsspiele, bei denen alle Teilnehmen­den gemeinsam an einer Lösung arbeiten müssen, anstatt gegeneinan­der zu konkurrier­en. „Bei den sogenannte­n kooperativ­en Spielen bilden sich Teams, die zusammen eine Lösung suchen“, sagt Hutter. Neu vorgestell­t wird bei der Messe etwa Mysterium, bei dem die Spieler einen Mörder gemeinsam anhand von Traumbotsc­haften eines Geistes ermitteln müssen. Rund zehn Kilogramm wiegt Mega Civilizati­on. Bis zu 18 Leute können sich bei dem Spiel an einem gemeinsame­n Brett treffen. Das satirische Brettspiel Euro Crisis zur Finanzkris­e setzt auf politische Aktualität. Auch um zwischenme­nschliche Probleme geht es bei der Partyidee Privacy Quickie.

Die alten Klassiker überstrahl­en Neues

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