Sie flippen für Flüchtlinge
Der Stadtjugendring Ulm richtet in der Reithalle zwei Wettbewerbe für Skateboarder und BMXer aus. Die Fahrer treten dabei für einen guten Zweck an – dank einer besonderen Idee
Der junge Mann mit dem Strohhut hat einen gigantischen Sprung im Sinn. Er taxiert die Rampe in der Mitte der Halle mit festem Blick. Entschlossenheit lässt sich aus seinem Gesicht ablesen. Er springt auf sein Skateboard, stößt sich zwei, drei Mal kräftig ab und schießt auf die Schanze zu. Als die Räder deren Kante erreichen, scheint plötzlich alles in Zeitlupe abzulaufen. Fahrer und Brett steigen hoch in die Luft, ein Tritt gegen das Skateboard – so gezielt, dass es sich gleichzeitig 360 Grad um die Längs- und um die Querachse dreht. Nach der spektakulären Rotation bekommt der Skater sein Sportgerät mit den Füßen zu fassen und vollendet den Sprung, den sogenannten 360 Flip (oder Treflip). Mit einem Donnern landen Brett und Fahrer. Lärm brandet hoch – die Umstehenden klopfen mit ihren Skateboards auf die Rampen. So bekundet die Szene ihr Gefallen am gelungenen Trick.
Solche gewagten Manöver werden am Sonntag, 25. Oktober, bei einem Skateboard-Wettbewerb in der Ulmer Reithalle häufig zu sehen sein. Das hoffen jedenfalls die Veranstalter um den Stadtjugendring Ulm – denn für jeden geschafften 360-Flip geht ein Euro an die Valckenburgschule in Ulm. Dort gibt es eine sogenannte „Flüchtlingskasse“, aus der Projekte in der Arbeit mit jungen Asylbewerbern finanziert werden.
Zum Wettbewerb werden dutzende Fahrer aus dem süddeutschen Raum in Ulm erwartet. Auch der Skater mit dem Strohhut ist mit von der Partie – Emanuel Ewals, er steht seit 14 Jahren auf dem Skateboard und ist in der hiesigen Szene fest verwurzelt. „Das wird eine super Sache“, freut sich der 26-Jährige. Er geht davon aus, dass reichlich 360-Flips gemacht werden und eine „schöne Summe“für die Flüchtlingsarbeit der Schule zusammenkommt. Denn obwohl der Trick eher für geübte Fahrer sei, gehöre er doch für viele fest zum Repertoire. „Er sieht gut aus und fühlt sich gut an“, bringt es Ewals auf den Punkt.
Damit nicht genug: Am Tag vor dem Skateboard-Wettbewerb (am Samstag, 24. Oktober) werden sich die BMX-Fahrer in der Reithalle messen. Auch sie haben sich einen Trick ausgesucht, mit dem die „Flüchtlingskasse“gefüllt werden soll. Er heißt „Crankflip“, zu Deutsch etwa „Kurbeldreher“. Dabei kickt der Fahrer die Pedale des Rads mit dem Fuß „nach hinten“in Leerlaufrichtung weg, springt nach oben und landet wieder auf den Trittflächen, sobald diese eine „Drehung“um 360 Grad vollendet haben. Zumindest versucht er das – denn der Crankflip ist nicht unbedingt leicht zu machen, wie BMXer Benjamin Krug erklärt. „Zumindest bis man kapiert, wie er geht.“Das dabei sei es, sich zu trauen, wieder auf die Pedale zu springen. Für Benjamin Krug, 21, ist der Flip allerdings kein Problem – auch nicht für viele andere gute Fahrer, die sich bei dem Wettbewerb in der Reithalle für einen guten Zweck messen wollen.
Im Stadtjugendring hofft man an beiden Tagen auf eine „volle Bude“, sagt Geschäftsführer Rainer Merz. Geht es nach ihm, dann soll die Halle dadurch wieder ins Bewusstsein der überregionalen Sportszene rücken. Merz ist stolz auf „seine Leute“, die das Contest-Wochenende unter Federführung des Jugendrings eigenständig organisieren. Genauso ist der Betrieb der Rollsportanlage seit Jahren organisiert – über die Stadt stellt der Ring das Gebäude zur Verfügung, für den Ablauf sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst zuständig. Sie gestalten die Schichtpläne, halten die Rampen in Schuss und packen auch bei größeren Umbauarbeiten selbst mit an (zuletzt 2014). „Die Jungen müssen da richtig ran“, sagt Merz und lacht. Mit ihrem Engagement ist er zufrieden. „Das funktioniert auch alles ganz gut.“So ist die seit Jahren in der überregionalen Skateund BMX-Szene bekannte Reithalle ein Beweis für gelebte (und gelungene) Jugendarbeit. „Wenn sich ein paar zusammentun und etwas erreiSchwerste chen wollen, dann klappt das auch“, sagt Merz. Auch die Idee, den Contest unter das Motto Flüchtlingshilfe zu stellen, sei aus Reihen der jungen Hallenmitarbeiter gekommen. Ein guter Einfall, findet Merz. „Da ist jeder Euro gut angelegt.“
Sowohl Skater als auch BMXer freuen sich schon auf das Wettbewerbs-Wochenende und wollen dabei regelrecht „ausflippen“– und so viele Ein-Euro-Spenden-Tricks wie möglich machen. Damit am Ende eine stattliche Summe zusammenkommt.
So viele Tricks wie möglich machen
Der BMX-Contest findet Samstag, 24. Oktober, statt, die Skater sind Sonntag, 25. Oktober, an der Reihe. Die Halle ist geöffnet ab 11 Uhr, die Wettbewerbe starten um 13 Uhr.