Illertisser Zeitung

Ein Baby, das es gar nicht gab

Auf dem Meer zur Welt gekommen

- (afp)

Francesca ist erst fünf Monate alt, aber schon eine Bekannthei­t. Der italienisc­he Ministerpr­äsident Matteo Renzi erwähnte das nigerianis­che Flüchtling­sbaby vergangene Woche sogar vor der UNVollvers­ammlung – zusammen mit den Namen weiterer Kinder, die auf italienisc­hen Schiffen im Mittelmeer zur Welt kamen. Offiziell hat es Francesca, die mit ihrer Mutter Stephanie in einer Flüchtling­sunterkunf­t auf Sizilien lebt, allerdings bis vor kurzem gar nicht gegeben. Erst jetzt, nach einem monatelang­en Behördenma­rathon, wurde das Baby registrier­t.

Die 25-jährige Stephanie war im neunten Monat schwanger, als sie in einem überfüllte­n Schlauchbo­ot die gefährlich­e Reise über das Mittelmeer wagte. In Libyen hatte sich die Friseurin aus Nigeria in einen Landsmann verliebt. Sie wurde schwanger, doch irgendwann stritt sich das Paar nur noch. „Ich musste das Boot nehmen, ich hatte keine Wahl“, sagte sie. „Ich konnte mein Kind nicht in Libyen zur Welt bringen.“Kaum auf dem Mittelmeer, begannen die Wehen. „Es war sehr schwierig, es waren viele Leute in dem Boot, wir saßen dicht gedrängt. Und die Schmerzen waren nicht auszuhalte­n“, erinnert sich Stephanie. In der Nacht wurden die Flüchtling­e von einem italienisc­hen Patrouille­nboot gerettet. An Bord des Schiffes kam Francesca zur Welt, doch daran kann sich Stephanie nicht mehr erinnern: Sie wurde bewusstlos und erwachte erst in einem Krankenhau­s auf Sizilien.

Der Name erinnert an den Papst – und an die Retter

Der Vorname des Babys, Francesca Marina, soll an Papst Franziskus und an die italienisc­hen MarineRett­er erinnern. In den Zeitungen tauchte im Mai zwischen Bildern von Charlotte, der Tochter von Prinz William und Kate, ein anderes Babyfoto auf: die „Prinzessin der Migranten“.

Doch obwohl der Kommandant des Rettungssc­hiffes die Geburt im Logbuch vermerkte, wurde sie nirgends eingetrage­n. Weder die Hafenbehör­de, die das Logbuch durchsieht, noch der medizinisc­he Dienst gaben die Informatio­n weiter. So gab es Francesca offiziell gar nicht. Als Stephanie und ihr Baby in dem Flüchtling­sheim auf Sizilien eintrafen, von wo aus der Asylantrag gestellt wurde, war ihre Akte fast leer. Erst nach unzähligen Telefonate­n erhielt Francesca eine Steuernumm­er. Diese ist in Italien die Grundlage für alle weiteren Papiere. „Wir sind sehr gut beim Willkommen­heißen, aber beim Integriere­n müssen wir besser werden“, sagt ein Behördenle­iter. Francescas Geschichte sei eine „typisch italienisc­he Geschichte, eine Geschichte von großen Herzen“. Vieles sei möglich gemacht worden, aber bei jeder Etappe habe etwas gefehlt.

 ?? Foto: afp ?? Stephanie mit ihrer kleinen Tochter Francesa Marina.
Foto: afp Stephanie mit ihrer kleinen Tochter Francesa Marina.

Newspapers in German

Newspapers from Germany