Razzia in Wolfsburg
Büros und Wohnungen von Mitarbeitern durchsucht. Und es gibt neue beunruhigende Details um die Softwaremanipulation
Die Abgas-Affäre bei Volkswagen zieht immer weitere Kreise: Bei einer groß angelegten Razzia hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig gestern in Wolfsburg und anderen Orten Akten und Computer sichergestellt. Es seien sowohl Geschäftsgebäude des Konzerns als auch Privatgebäude sowie Wohnungen von VW-Mitarbeitern durchsucht worden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Alle Orte befänden sich im Zuständigkeitsbereich der Behörde. Dieser reicht von Wolfsburg im Norden bis zum Harz im Süden. Bei Audi in Ingolstadt gab es nach Erkenntnissen unserer Zeitung keine Razzia.
Ziel der Durchsuchungen sei es, Unterlagen und Datenträger sicherzustellen, die mit Blick auf „in Betracht kommende Straftatbestände“Auskunft über die Vorgehensweise der an der Manipulation der Abgaswerte von Dieselfahrzeugen beteiligten Firmenmitarbeiter und deren Identität geben könnten, teilte die Staatsanwaltschaft mit. „Wir werden die Staatsanwaltschaft bei der Ermittlung des Sachverhaltes und der verantwortlichen Personen nach besten Kräften unterstützen“, sagte ein VW-Sprecher. Im VW-Stammwerk sei den Ermittlern eine umfassende Dokumentensammlung übergeben worden. VW selbst hatte am 23. September Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.
Europas größter Autokonzern hatte vor drei Wochen eingeräumt, in Dieselfahrzeuge ein Computerprogramm eingebaut zu haben, mit dem die Abgaswerte manipuliert werden können. Von den weltweit rund elf Millionen betroffenen Fahrzeugen sind laut VW etwa acht Millionen in der EU zugelassen, davon 2,8 Millionen in Deutschland.
Unterdessen kommen im AbgasSkandal jeden Tag neue Details ans Licht: VW räumte ein, die Steuerung zahlreicher Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 könne nicht nur den amerikanischen Abgastest erkennen, sondern auch den europäischen Prüfzyklus NEFZ. Dies berichteten und
Ein Unternehmenssprecher in Wolfsburg sagte dazu, ob und wie weit die Software tatsächlich unerlaubt eingreife, sei derzeit noch Gegenstand von internen und externen Prüfungen. „Auch ist rechtlich noch unklar, ob es sich überhaupt um eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne der europäischen Normen handelt.“Bisher hatte VW mitgeteilt, bei der Mehrheit der betroffenen elf Millionen Fahrzeuge weltweit sei die Software zwar installiert, aber nicht eingeschaltet gewesen.
Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft nun einen von VW vorgelegten Zeit- und Maßnahmenplan zur Bewältigung des Abgas-Skandals. VW plant für die betroffenen Fahrzeuge je nach Motorvariante unterschiedliche Lösungen und will vor dem Rückruf zunächst „intensive Qualitätstests“vornehmen, wie es in Konzernkreisen hieß. Die Rückrufe sollen im Januar beginnen und Ende 2016 beendet sein.
Für mögliche Steuerschäden durch die Abgas-Manipulationen von VW soll zudem nach Ansicht von Nordrhein-Westfalens Landesregierung der Konzern und nicht der Steuerzahler geradestehen. Wegen der von VW eingestandenen Manipulationen könnten Kfz-Steuern zu niedrig festgesetzt worden sein, heißt es laut
in einem Brief von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).