Deutsche Bank schreibt Rekordverlust
Unter dem Strich gehen im dritten Quartal wohl 6,2 Milliarden Euro verloren. Für Mitarbeiter und Aktionäre beginnen härtere Zeiten. An der Börse kommen die Nachrichten trotzdem gut an
Das große Aufräumen unter dem neuen Vorstandschef John Cryan bezahlt die Deutsche Bank mit dem höchsten Milliardenverlust ihrer Firmengeschichte. Deutschlands größtes Geldhaus erwartet für das dritte Quartal unter dem Strich 6,2 Milliarden Euro Verlust – das ist noch mehr als zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008 als die Lehman-Pleite die Finanzwelt schockte.
Grund für die tiefroten Zahlen sind gigantische Abschreibungen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investmentbanking. Aktionäre und Mitarbeiter müssen sich nun auf Einbußen gefasst machen: Die Bank kündigte an, die Dividende für 2015 zu reduzieren oder ausfallen zu lassen. Es wäre das erste Jahr seit den 1950er Jahren ohne Gewinnausschüttung.
Die Mitarbeiter müssen mit geringeren Boni rechnen. Es sei zwar noch keine Entscheidung gefallen, schrieb Cryan an die Belegschaft. Die Aktionäre erwarteten jedoch „zu Recht, dass die Mitarbeiter einen Teil der Belastung tragen“. De- tails zu den Quartalszahlen will die Deutsche Bank am 29. Oktober vorlegen – einen Tag später als geplant. Dann soll die Öffentlichkeit erfah-
» ren, an welchen Stellschrauben der seit Juli amtierende Co-Chef Cryan noch drehen will. Zuletzt hieß es in Finanzkreisen, dass über die bereits im April beschlossene Trennung von der Postbank hinaus bis zu 10000 Stellen auf der Kippe stünden.
Den gewaltigen Verlust erklärte die Bank mit drei Faktoren, die sich auf rund 7,6 Milliarden Euro addieren. Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkundengeschäft sowie im Investmentbanking schreibt der Konzern rund 5,8 Milliarden Euro ab. Weitere 600 Millionen Euro wird das größte deutsche Geldhaus auf seine knapp 20-prozentige Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia abschreiben, die nun ebenfalls veräußert werden soll. Hinzu kommen weitere Rückstellungen von rund 1,2 Milliarden Euro für die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten. Die Altlasten dürften die Bank Cryans zufolge noch lange beschäftigen.
Der ehemalige UBS-Finanzvorstand Cryan hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Spitze der Bank abgelöst. Der zweite Chef, Jürgen Fitschen, bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite alleine das Ruder übernimmt.
Die Deutsche-Bank-Aktie schloss gestern 1,77 Prozent tiefer – weniger als befürchtet. An der Börse setzte sich die Einschätzung durch, dass die Gefahr einer Kapitalerhöhung nun vorerst gebannt sei.