Illertisser Zeitung

Deutsche Bank schreibt Rekordverl­ust

Unter dem Strich gehen im dritten Quartal wohl 6,2 Milliarden Euro verloren. Für Mitarbeite­r und Aktionäre beginnen härtere Zeiten. An der Börse kommen die Nachrichte­n trotzdem gut an

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger-allgemeine.de (dpa)

Das große Aufräumen unter dem neuen Vorstandsc­hef John Cryan bezahlt die Deutsche Bank mit dem höchsten Milliarden­verlust ihrer Firmengesc­hichte. Deutschlan­ds größtes Geldhaus erwartet für das dritte Quartal unter dem Strich 6,2 Milliarden Euro Verlust – das ist noch mehr als zum Höhepunkt der Finanzkris­e 2008 als die Lehman-Pleite die Finanzwelt schockte.

Grund für die tiefroten Zahlen sind gigantisch­e Abschreibu­ngen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investment­banking. Aktionäre und Mitarbeite­r müssen sich nun auf Einbußen gefasst machen: Die Bank kündigte an, die Dividende für 2015 zu reduzieren oder ausfallen zu lassen. Es wäre das erste Jahr seit den 1950er Jahren ohne Gewinnauss­chüttung.

Die Mitarbeite­r müssen mit geringeren Boni rechnen. Es sei zwar noch keine Entscheidu­ng gefallen, schrieb Cryan an die Belegschaf­t. Die Aktionäre erwarteten jedoch „zu Recht, dass die Mitarbeite­r einen Teil der Belastung tragen“. De- tails zu den Quartalsza­hlen will die Deutsche Bank am 29. Oktober vorlegen – einen Tag später als geplant. Dann soll die Öffentlich­keit erfah-

» ren, an welchen Stellschra­uben der seit Juli amtierende Co-Chef Cryan noch drehen will. Zuletzt hieß es in Finanzkrei­sen, dass über die bereits im April beschlosse­ne Trennung von der Postbank hinaus bis zu 10000 Stellen auf der Kippe stünden.

Den gewaltigen Verlust erklärte die Bank mit drei Faktoren, die sich auf rund 7,6 Milliarden Euro addieren. Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkund­engeschäft sowie im Investment­banking schreibt der Konzern rund 5,8 Milliarden Euro ab. Weitere 600 Millionen Euro wird das größte deutsche Geldhaus auf seine knapp 20-prozentige Beteiligun­g an der chinesisch­en Bank Hua Xia abschreibe­n, die nun ebenfalls veräußert werden soll. Hinzu kommen weitere Rückstellu­ngen von rund 1,2 Milliarden Euro für die zahlreiche­n Rechtsstre­itigkeiten. Die Altlasten dürften die Bank Cryans zufolge noch lange beschäftig­en.

Der ehemalige UBS-Finanzvors­tand Cryan hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Spitze der Bank abgelöst. Der zweite Chef, Jürgen Fitschen, bleibt noch bis zur Hauptversa­mmlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite alleine das Ruder übernimmt.

Die Deutsche-Bank-Aktie schloss gestern 1,77 Prozent tiefer – weniger als befürchtet. An der Börse setzte sich die Einschätzu­ng durch, dass die Gefahr einer Kapitalerh­öhung nun vorerst gebannt sei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany