Wie ein Wöhrl Sohn Wöhrl retten will
Die Modekette bleibt in Familienhand. Die Hoffnung ruht nun auf dem 38-jährigen Christian Greiner
Gut möglich, dass bei seiner Entscheidung auch ein Hauch Melancholie mitschwang. Denn wenn Christian Greiner im Frühjahr die angeschlagene Modehauskette Wöhrl übernimmt, kehrt der heute 38-Jährige gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurück. Schon als Bub hatte der Enkel des Wöhrl-Gründers Rudolf Wöhrl in dessen Kaufhaus verpackt und Kundenadressen in den Computer eingegeben. Mit 14 habe er dann endlich als Verkäufer jobben dürfen, erzählte er dem Magazin Greiners Einstieg bei der Wöhrl AG zeigt aber zugleich, wie ernst es um das Traditionshaus zuletzt gestanden hat.
Schließlich kehrt mit dem 38-Jährigen auch die Familienlinie um seinen Vater, den Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl, in das vor der Zerschlagung stehende Unternehmen zurück – ein Schritt, der lange kaum vorstellbar schien. Denn bereits im Jahr 2002 war Greiners Vater, Hans Rudolf Wöhrl, aus dem operativen Geschäft des Modeunternehmens Wöhrl ausgestiegen. 2004 übernahm sein Bruder Gerhard die Mehrheit der Anteile und bis zu Greiners Einstieg hielt der Familienzweig seines Onkels sogar 100 Prozent an Wöhrl.
Den Hobby-Piloten Hans Rudolf Wöhrl zog es ins Luftfahrtgeschäft. Dort profilierte er sich bald als erfolgreicher Sanierer maroder Fluggesellschaften, wie der früheren British Airways-Tochter Deutsche BA. Mit Greiner übernimmt derweil ein erfahrener Branchenkenner die Nürnberger Modehauskette. Der 38-Jährige ist seit 2011 im Vorstand des Münchner Mode- und Musik- händlers Ludwig Beck für Einkauf, Verkauf und Marketing zuständig. Die Familienlinie um Hans Rudolf Wöhrl hält die Hauptanteile an Ludwig Beck. Dass Greiner nicht den Namen Wöhrl trägt, hat einen einfachen Grund: Greiners Eltern waren nicht verheiratet, deswegen trägt er den Nachnamen seiner Mutter. Das Wöhrl-Stammhaus in Nürnberg kennt er dennoch gut.
Als die jungen Kunden wegblieben, entwickelte Greiner im Jahr 2004 das Konzept U1 für junge Mode und führte es als Geschäftsführer bis Ende 2007. Dann folgte der Bruch, weil Greiner das Konzept zu einer eigenständigen Marke unter dem Dach von Wöhrl ausbauen wollte. Greiner kündigte und stieg 2008 als Geschäftsführer in der Firma seines Vaters, Intro Retail & Media, ein – eine Beteiligungsgesellschaft für Einzelhandel, E-Commerce und Medien. Zudem ist Greiner Mitinhaber und Geschäftsführer einer Werbeagentur in Nürnberg und Geschäftsführer des Herrenmode-Spezialisten Wormland, der seit 2015 wiederum zur Ludwig Beck AG gehört. Dabei hatte sich Greiner seine berufliche Zukunft womöglich ganz anders vorgestellt.
Er hat ursprünglich Musik- und Business-Management in Boston studiert und bezeichnet sich selbst als Musiker – mit einer Vorliebe für Jazz, Klassik, Blues und Rockmusik. Seine Eltern hätten ihm nie vorgeschrieben, was er beruflich tun soll. „Im Gegenteil. Meine Eltern haben immer gesagt: Mach, was du machen willst – aber mach es mit Leidenschaft“, sagte Greiner einmal. Modebewusst sei Christian aber immer gewesen, ist Hans Rudolf Wöhrl überzeugt. Von ihm habe sein Sohn das „Mode- und Unternehmergen“, schreibt Wöhrl auf seiner Internetseite. Dabei sei der 38-Jährige ihm „in Sachen Mode sogar deutlich überlegen“. Den berühmten Namen von Vater und Opa habe er nie vermisst, sagte Greiner
Denn in Deutschland werde man als Erbe oft kritisch beäugt.