Entspannt und ein bisschen ratlos
Auf Malta kommt die EU bei wichtigen Themen kaum voran. Trump und der Brexit setzen die Union unter Druck. Die Hoffnungen auf einen Neuanfang liegen auf dem März-Gipfel in Rom
So schön kann Europa sein. Bei strahlender Frühlingssonne schlendern Kanzlerin Angela Merkel und die 27 Staats- und Regierungschefs durch die Altstadt von Valletta, vom imposanten Großmeisterpalast zur St.-John’s-Kathedrale und mit dem Fahrstuhl hinunter zum Hafen der maltesischen Hauptstadt. Auch eine kleine Bootsfahrt darf nicht fehlen. Entspannt geht es zu, zumindest zeitweise, beim Sondergipfel der Europäischen Union. Überraschend angesichts der europäischen und weltpolitischen Krisenlagen.
Schon eine gute Stunde nach Beginn ihrer Beratungen haben die 28 Staats- und Regierungschefs die erwartete Erklärung zur Bekämpfung der illegalen Migration über die zentrale Flüchtlingsroute von Libyen über das Mittelmeer beschlossen. ist abgeräumt, was sich die Gipfelplaner vorgenommen hatten. Immerhin. Aber nicht alle schwierigen Themen sind damit vom Tisch. Schon beim Mittagessen wird es wieder ernst, denn im Mittelpunkt stehen dort vor allem zwei Menschen – die eine physisch anwesend, der andere weit weg. Die britische Premierministerin Theresa May berichtet über ihren Besuch beim neuen US-Präsidenten Donald Trump. Der habe „hundertprozentig“sein Vertrauen in die Nato formuliert. Auch die Kanzlerin und Frankreichs Präsident François Hollande schildern ihre Eindrücke von ersten Telefonkontakten mit dem Neuen im Weißen Haus, dem Vernehmen nach etwas weniger enthusiastisch.
Immer wieder ist vom „Weckruf“die Rede, den Trumps Amtsübernahme und seine nach wie vor unberechenbaren Vorstöße darstellten. Merkel appelliert in Valletta noch einmal an das Selbstbewusstsein der Europäer: Für sie stehe „das Sprechen über Europa im Vordergrund und nicht das Befassen mit anderen Teilen der Welt“. Hollande schlägt in dieselbe Kerbe, nur mit mehr Emphase: „Es ist nicht hinnehmbar, dass durch Erklärungen des US-Präsidenten Druck aufgebaut wird, was Europa sein soll oder nicht mehr sein soll.“Hollande warnt gleichzeitig Staaten wie Polen und Ungarn davor, sich zu eng an die USA zu binden und darüber die europäische Zusammenarbeit zu vernachlässigen. „Es gibt keine ZuDamit kunft mit Trump, wenn man sie nicht gemeinsam definiert.“
Viele Gedanken und Expertenarbeit richten sich schon auf das übernächste Treffen der Staats- und Regierungschefs in rund sieben Wochen. Hier in Valletta waren die Erwartungen bescheiden, aber dann, am 25. März in Rom, soll sich die Europäische Union am besten neu erfinden. Eine „Vision für die Zukunft“soll dort beschlossen werden. Die Arbeit daran begann an diesem Freitag in Valletta – ohne die britische Premierministerin. Denn auch die Zukunft Europas findet ohne das Vereinigte Königreich statt. In der italienischen Hauptstadt wird der 60. Jahrestag der Römischen Verträge von 1957 gefeiert, die so etwas wie das Gründungsdokument der europäischen Integration sind. Ein historisches Ereignis.
Und dann soll endlich sichtbar werden, wohin die EU in Zeiten von Trump und Brexit steuert. Aber es sind ja nicht nur die ganz großen Herausforderungen, die den Spitzen der EU Sorgen machen müssen. Was ist mit Jugendarbeitslosigkeit und Investitionsflaute? Mit der Gefahr von Rechts bei den Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland? Und wer muss sparen, wenn der britische Nettozahler ausfällt? Dass all dies die EU wieder zusammenschweißt und zur Handlungsfähigkeit zwingt, ist eine Möglichkeit. Die Alternativen will man sich in der EU lieber nicht vorstellen.
Theresa May ist überzeugt: Trump steht zur Nato „Version für die Zukunft“soll für neuen Schwung sorgen