Kein Alleskönner
Zink ist ein lebenswichtiges Spurenelement. Extra einnehmen muss man es in der Regel trotzdem nicht
Glaubt man der Werbung, ist Zink ein Alleskönner: Angeblich lässt das Spurenelement die Haare sprießen, schützt den Körper vor Erkältungen, beugt Diabetes vor und macht Spermien fit. Doch wer sich von zinkhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln derlei Wunder erhofft, wird in der Regel enttäuscht. Wie Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erklärt, sind solche Mittel für den Normalbürger überflüssig. Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Frei verkäufliche Pulver und Tabletten sind meist so niedrig dosiert, dass sie kaum Schaden anrichten. In höheren Dosen kann Zink nämlich durchaus gefährlich sein.
Zink ist ein lebenswichtiges Spurenelement, das der Körper nicht selber herstellen und auch nicht gut speichern kann. Der Stoff ist Bestandteil von mehr als 300 Enzymen und an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Unter anderem spielt er eine wichtige Rolle im Immunsystem, bei der Zellteilung und bei der Wundheilung. Wenn der Körper zu wenig Zink bekommt, kann es unter anderem zu Haarausfall, Durchfall, Hautleiden und Infektanfälligkeit kommen. Das heißt aber nicht, dass man sich etwas Gutes tut, wenn man über den Bedarf hinaus Zink zu sich nimmt.
Sinnvoll sind Supplemente nämlich nur bei einer Unterversorgung. Doch: „Deutschland ist kein Zinkmangelgebiet“, betont Jürgen Thier-Kundke vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Der Großteil der Bundesbürger deckt den Bedarf ausreichend über Lebensmittel, teilweise gibt es laut BfR sogar eine leichte Überversorgung. Gute Zinkquellen sind vor allem Fleisch, Fisch, Schalentiere und Milchprodukte. Auch Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte enthalten viel Zink, allerdings kann es der Körper in dieser Form schlechter verwerten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Männern eine tägliche Zinkzufuhr von zehn Milligramm (mg) und Frauen von sieben mg. Der Bedarf lässt sich zum Beispiel über zwei Scheiben Vollkornbrot mit Käse und fünf Esslöffeln Haferflocken decken. Thier-Kundke sagt: „Ein sich ausgewogen ernährender Mensch braucht keine Nahrungsergänzungsmittel.“
Möglicherweise, sagt Clausen, könnte es bei „Puddingveganern“ab und an zu einer Unterversorgung kommen. Damit sind Veganer gemeint, die sich nicht ausgewogen ernähren, sondern Zuckerhaltiges und Weißmehlprodukte bevorzugen. Wer ganz auf Nahrungsmittel tierischen Ursprungs verzichtet, muss nämlich gut auf seine Ernährung achten, um seinen Nährstoffbedarf zu decken. Daneben gelten alte Menschen und Patienten mit chronischen Magen-Darm-Leiden als Risikogruppen. Aber auch sie sollten mit ihrem Arzt sprechen, bevor sie Zinktabletten nehmen.
Hilft Zink denn wenigstens gegen Erkältungen? Vielleicht ein bisschen. Immerhin kam eine Cochrane-Übersichtsarbeit 2013 zu dem Schluss, dass Zink die Dauer einer Erkältung um einen Tag verkürzt, wenn man es innerhalb von 24 Stunden nach Ausbruch der Symptome einnimmt. Doch diese Veröffentlichung hat zwei Haken: Zum einen wird die Wirkung vor allem hoch dosiertem Zink, nämlich einer täglichen Menge von mindestens 75 mg, zugeschrieben. Nahrungsergänzungsmittel sind aber viel niedriger dosiert. Zum anderen hat das Cochrane-Institut die Analyse wegen methodischer Mängel inzwischen zurückgezogen.
Hochdosiertes Zink hat also möglicherweise eine begrenzte Wirkung gegen Erkältungen. Aber in diesen Mengen ist es auch nicht frei von Risiken. Als Obergrenze für die tägliche Aufnahme nennt das BfR für Erwachsene 25 mg pro Tag – wobei Zink in Lebensmitteln mit einberechnet ist. Da der Großteil der Bevölkerung mit dem Stoff gut versorgt ist, empfiehlt das Institut, täglich höchstens 2,25 mg Zink über Supplemente zu sich zu nehmen. Kinder und Jugendliche sollten ganz auf solche Mittel verzichten.
Riskant wird es jedenfalls, wenn man über längere Zeit insgesamt mehr als 75 mg Zink täglich zu sich nimmt. Dadurch kann es zu einer Störung des Kupferstoffwechsels kommen. „Eine chronische Zinküberversorgung offenbart sich in der Regel in einem gestörten Kupferstatus, der unter Umständen zu gesundheitlichen Schäden führen kann“, heißt es beim BfR. Im Extremfall kann es sein, dass man durch Zinktabletten das Gegenteil des gewünschten Effekts erreicht: Kupfermangel kann nämlich unter anderem zu Anämie (Blutarmut) und Infektanfälligkeit führen.