Landfrauen verschaffen sich Gehör
Bäuerinnen sind das Herz der Familie und tragen große Verantwortung. Warum sich Kreisbäuerin Christiane Ade gegen eine Romantisierung wehrt
Sie kochen für die Familie, sorgen sich um den Haushalt, pflegen ältere Angehörige, kümmern sich um die Erziehung der Kinder und nebenbei arbeiten sie im landwirtschaftlichen Betrieb mit. Nicht alle, aber viele dieser Aufgaben haben Bäuerinnen tagtäglich zu bewältigen. Beim diesjährigen Landfrauentag, der gestern in der Josef-Weikmann-Halle in Illertissen-Au stattfand, stand alles unter dem Thema Verantwortung.
Für Hauptredner Notker Wolf, ehemaliger Abtprimas der Benediktiner, sind die Landfrauen das „Herz der Familie und des gesamten Betriebs“und darin sieht er auch ihre größte Verantwortung. Er betont vor allem die Mutterrolle der Bäuerinnen und kritisiert emanzipatorische Bestrebungen: „In den 60er-Jahren wurde das Bild der Hausfrau und Mutter runtergetrampelt. Küche und Kirche wurden schlechtgeredet“, sagt Notker Wolf. Der 76-Jährige ist in breiteren Kreisen vor allem dafür bekannt, dass er gelegentlich in einer Rockband E-Gitarre und Querflöte spielt. Die Bauernfamilie hält er für das „Urbild dessen, was Familie sein soll“. Und das bedeutet für den Abt: Kinder, Eltern und Großeltern leben alle unter einem Dach und versorgen sich gegenseitig. Technische Veränderungen würden den Menschen nicht glücklich machen. „Der Mensch bleibt gesund, wenn er mit dem Rhythmus der Natur lebt“, ist sich Wolf sicher.
Sein romantisches Bild von dem bäuerlichen Landleben können aber nicht alle der circa 200 anwesenden Landfrauen teilen. Christiane Ade, Kreisbäuerin aus Gerlenhofen, sieht diese Dinge etwas differenzierter. Die Idealvorstellung von „fünf Kühen, sieben Schafen und zwölf Hennen“entspreche kaum mehr der Realität. „Bauernhöfe stehen unter einem großen Druck, wirtschaftlich rentabel zu sein“, sagt Ade. Der Verfall des Milch- oder Getreidepreises ist für sie eine „Katastrophe“.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr junge Frauen ihren Arbeitsplatz außerhalb der Landwirtschaft behalten, wenn sie in einen Bauernhof einheiraten. Doch nicht selten ändert sich das, wenn die Frauen schwanger werden. „Oft geben sie dann ihren Beruf auf und arbeiten im landwirtschaftlichen Betrieb mit“, sagt Ade. Dabei fielen gerade die Jungbäuerinnen durch innovative Konzepte auf. So bieten manche Betriebe als sogenannte „Erlebnisbauernhöfe“verschiedene Möglichkeiten, Kindern die Landwirtschaft näherzubringen.
Doch wie sollen die Bäuerinnen mit der Verantwortung in so vielen Bereichen umgehen? Die Kreisbäuerin Ade ist sich sicher: „Nur wer Verantwortung für sich selbst trägt, der kann auch Verantwortung für andere übernehmen.“Sich im hektischen Alltag eine Auszeit zu gönnen und Kraft zu tanken, sei gerade für Landfrauen wichtig.
Christiane Ade, die selbst nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, sieht aber auch viele Vorteile des bäuerlichen Lebens. Die gelernte Krankenschwester kam von Stuttgart nach Ulm, um dort Medizin zu studieren. Nach der Heirat und der Geburt ihres ersten Kindes merkte sie aber schnell, dass sich Bauernhof, Familie und Studium schlecht vereinbaren lassen – daher verließ sie die Universität und wurde Bäuerin. Sie sieht es als Problem, dass wenige junge Landfrauen sich als „Bäuerinnen“bezeichnen wollen. „Viele denken dabei an Kopftuch, Kittelschürze und Gummistiefel“, sagt die Gerlenhoferin. Diese Klischees seien in den Köpfen des landwirtschaftlichen Nachwuchses verhaftet. „Aber ich muss sagen, ich bin stolz, eine Bäuerin zu sein“, sagt Ade und lacht.