Winter bricht über die Region herein
Viele Menschen hatten sich schon auf den Frühling eingestellt – doch nun gibt es wieder Eis und Kälte. Das hat nicht nur für Pendler unangenehme Folgen. Ein Überblick
Mit Schnee und Kälte ist der Winter in die Region zurückgekehrt: Das hatte gestern nicht nur Folgen für Bahnreisende und Autofahrer, die mitunter nur langsam vorankamen und längere Wartezeiten in Kauf nehmen mussten. In Illertissen hatten die Mitarbeiter des Bauhofs alle Hände voll zu tun, um die Straßen zu sichern – durch die Schneelast können dicke Äste zu Boden stürzen. Und Obstbauern befürchten Einbußen bei der Ernte. Hier ein Überblick. ● Das Schneechaos wirbelte den Bahnverkehr in der Region kräftig durcheinander. Zu Verspätungen kam es auf der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen. Der Grund war ein umgestürzter Baum kurz hinter Biberach. Wer mit dem Zug in den frühen Morgenstunden nach Stuttgart reiste, hatte es auch nicht leicht: Wegen einer Oberleitungsstörung bei Beimerstetten kam es zu Verspätungen auf der Strecke. Gar nichts mehr ging dagegen zwischen Ulm und Aalen. Auf Höhe Elchingen stürzte ein Baum wegen der Schneelast auf die Gleise. Da die Bahnstrecke nur eingleisig ist, gab es keine Ausweichmöglichkeiten. ● Die Wetterlage setzte auch Autofahrern zu: Umgestürzte Bäume und rutschige Straßen sorgten am Mittwochmorgen für starke Verkehrsbeeinträchtigungen in der Region. Rund 100 Einsätze musste die Polizei Ulm wegen des erneuten Wintereinbruches fahren. Nach Angaben der Polizei kam es bis 10.30 Uhr zu 21 witterungsbedingten Verkehrsunfällen. Der schwerste ereignete sich auf der B 10 bei Luizhausen. Ein Wagen kam auf der schneeglatten Straße ins Schleudern und prallte mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Die Fahrer mussten schwer verletzt geborgen werden.
Im Landkreis Neu-Ulm ging es ruhiger zu. Alfred Stötter von der Neu-Ulmer Polizei sagt: „Unfallmäßig ging es bei uns gegen Null.“Die Polizei kam vor allem der Feuerwehr zu Hilfe. Die mussten wegen Ästen, die von der Schneelast abgebrochen sind, fünfmal ausrücken. In der Finningerstraße wurde durch einen herabgefallenen Ast ein Fahrzeug beschädigt. „Hauptsache ist, dass dabei keine Personen verletzt wurden“, sagt der Einsatzleiter vom Dienst, Jochen Kölle.
Die Autobahnpolizei Günzburg registrierte ihrem Zuständigkeitsbereich in den Morgenstunden zehn Zusammenstöße, zwei davon im Neu-Ulm: So krachte es aufgrund der winterlichen Straßenverhältnisse am Autobahndreieck Hittistetten und an der Anschlussstelle Nersingen. Verletzt wurde niemand. Insgesamt mussten in Folge der zehn Unfälle acht Wagen abgeschleppt werden, hieß es. Der Schaden: rund 72 000 Euro. Im Laufe des Vormittags normalisierte sich das Geschehen, der Verkehr floß auf A 7, A 8 und B 28 weitgehend störungsfrei, so die Polizei. ● Für die Bauhöfe in der Region gab es gestern viel zu tun. Der Leiter des Illertisser Bauhofs Michael Kienast sagte: „Bei dem Wetter ist das Wichtigste die Sicherung von Bäumen und Wegen.“Auf dem Laub, dass die Pflanzen jetzt im Frühjahr tragen, bleibt der Schnee hängen. Durch das Gewicht brechen Äste ab, manche Bäume stürzen komplett um. Wo es für Fußgänger oder Autofahrer gefährlich wird, habe man die Pflanzen zurückgeschnitten, sagte Kienast. Manchmal reiche es auch, nur den Schnee herunter zu schütteln. Parkähnliche Anlagen mussten gesperrt werden, wie der Friedhof in Illertissen oder der Tiefenbacher Weg, der durch einen Wald führt. Doch selbst wenn sich das Wetter bald ändert: Die ArKreis beit wird vorerst nicht weniger. Kienast sagt: „Wir machen jetzt erst einmal das Nötigste, damit der Verkehr läuft und niemand in Gefahr ist.“Viele Schäden würde man in den kommenden Wochen und Monaten noch beseitigen müssen. ● Neben den Pflanzen sind auch die Wildtiere in der Region dem Wetter ausgesetzt. Bernd Kurus-Nägele, Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Kreis NeuUlm, sagte: „Ob der Schnee zum Problem wird, kommt auf die Dauer der ganzen Geschichte an.“Mehrere Nächte bei unter minus fünf Grad seien zu viel. Problematisch seien die späten Kälteeinbrüche, immer dann, wenn es davor warm war. So habe der Übergang in die aktive Zeit bei vielen Tieren schon begonnen, sagt Kurus-Nägele. Das betreffe etwa Vögel, Insekten und Kleinsäuger. Das heißt, der Energiebedarf sei höher, während die Futtersuche schwieriger ist. Was das für die Tiere bedeutet, erklärt er am Beispiel der Fledermäuse: Sie würden geschwächt und magerten ab. Wenn das Startpotenzial gering ist, werde es schwierig den Nachwuchs durchzubringen. ● Einen Kälteeinbruch mit über fünf Grad Minus Ende April hat Bio-Bauer Udo Haas aus dem Illertisser Ortsteil Betlinshausen lange nicht mehr erlebt. Er sagt: „Einem Landwirt tut es in der Seele weh, wenn die Arbeit von 365 Tagen zunichtegemacht wird, da geht es um mehr als Geld.“Auf seinen Feldern wachsen Erd- und Heidelbeeren, welche unter Abdeckfolien etwa zwei Grad Minus aushalten können. Seine Obstbäume kann er gar nicht schützen, der technische Aufwand, etwa mit warmer Luft oder Regen, wäre zu groß. Letztlich müsse er abwarten, wo sich Früchte entwickeln oder nicht. Nur Weinund Kartoffelpflanzen würden ein zweites Mal austreiben, allerdings schwächer. Beim Kern- und Beerenobst ließen sich erfrorene Blüten am dunklen Mittelpunkt erkennen. Haas: „Hat sich schon eine winzige Frucht gebildet, haben wir Glück gehabt.“● Wer durch den Schneefall hofft, dass die Skilifte auf der Schwäbischen Alb wieder in Betrieb genommen werden, wird enttäuscht. Es wäre auch nur ein kurzes Vergnügen, da der Deutsche Wetterdienst (DWD) für die kommende Woche wieder mit Temperaturen um die 20 Grad rechnet.
Tiere werden geschwächt und magern ab