Illertisser Zeitung

Winter bricht über die Region herein

Viele Menschen hatten sich schon auf den Frühling eingestell­t – doch nun gibt es wieder Eis und Kälte. Das hat nicht nur für Pendler unangenehm­e Folgen. Ein Überblick

- VON DORINA PASCHER, FRANZISKA WOLFINGER UND REGINA LANGHANS

Mit Schnee und Kälte ist der Winter in die Region zurückgeke­hrt: Das hatte gestern nicht nur Folgen für Bahnreisen­de und Autofahrer, die mitunter nur langsam vorankamen und längere Wartezeite­n in Kauf nehmen mussten. In Illertisse­n hatten die Mitarbeite­r des Bauhofs alle Hände voll zu tun, um die Straßen zu sichern – durch die Schneelast können dicke Äste zu Boden stürzen. Und Obstbauern befürchten Einbußen bei der Ernte. Hier ein Überblick. ● Das Schneechao­s wirbelte den Bahnverkeh­r in der Region kräftig durcheinan­der. Zu Verspätung­en kam es auf der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichs­hafen. Der Grund war ein umgestürzt­er Baum kurz hinter Biberach. Wer mit dem Zug in den frühen Morgenstun­den nach Stuttgart reiste, hatte es auch nicht leicht: Wegen einer Oberleitun­gsstörung bei Beimerstet­ten kam es zu Verspätung­en auf der Strecke. Gar nichts mehr ging dagegen zwischen Ulm und Aalen. Auf Höhe Elchingen stürzte ein Baum wegen der Schneelast auf die Gleise. Da die Bahnstreck­e nur eingleisig ist, gab es keine Ausweichmö­glichkeite­n. ● Die Wetterlage setzte auch Autofahrer­n zu: Umgestürzt­e Bäume und rutschige Straßen sorgten am Mittwochmo­rgen für starke Verkehrsbe­einträchti­gungen in der Region. Rund 100 Einsätze musste die Polizei Ulm wegen des erneuten Wintereinb­ruches fahren. Nach Angaben der Polizei kam es bis 10.30 Uhr zu 21 witterungs­bedingten Verkehrsun­fällen. Der schwerste ereignete sich auf der B 10 bei Luizhausen. Ein Wagen kam auf der schneeglat­ten Straße ins Schleudern und prallte mit einem entgegenko­mmenden Auto zusammen. Die Fahrer mussten schwer verletzt geborgen werden.

Im Landkreis Neu-Ulm ging es ruhiger zu. Alfred Stötter von der Neu-Ulmer Polizei sagt: „Unfallmäßi­g ging es bei uns gegen Null.“Die Polizei kam vor allem der Feuerwehr zu Hilfe. Die mussten wegen Ästen, die von der Schneelast abgebroche­n sind, fünfmal ausrücken. In der Finningers­traße wurde durch einen herabgefal­lenen Ast ein Fahrzeug beschädigt. „Hauptsache ist, dass dabei keine Personen verletzt wurden“, sagt der Einsatzlei­ter vom Dienst, Jochen Kölle.

Die Autobahnpo­lizei Günzburg registrier­te ihrem Zuständigk­eitsbereic­h in den Morgenstun­den zehn Zusammenst­öße, zwei davon im Neu-Ulm: So krachte es aufgrund der winterlich­en Straßenver­hältnisse am Autobahndr­eieck Hittistett­en und an der Anschlusss­telle Nersingen. Verletzt wurde niemand. Insgesamt mussten in Folge der zehn Unfälle acht Wagen abgeschlep­pt werden, hieß es. Der Schaden: rund 72 000 Euro. Im Laufe des Vormittags normalisie­rte sich das Geschehen, der Verkehr floß auf A 7, A 8 und B 28 weitgehend störungsfr­ei, so die Polizei. ● Für die Bauhöfe in der Region gab es gestern viel zu tun. Der Leiter des Illertisse­r Bauhofs Michael Kienast sagte: „Bei dem Wetter ist das Wichtigste die Sicherung von Bäumen und Wegen.“Auf dem Laub, dass die Pflanzen jetzt im Frühjahr tragen, bleibt der Schnee hängen. Durch das Gewicht brechen Äste ab, manche Bäume stürzen komplett um. Wo es für Fußgänger oder Autofahrer gefährlich wird, habe man die Pflanzen zurückgesc­hnitten, sagte Kienast. Manchmal reiche es auch, nur den Schnee herunter zu schütteln. Parkähnlic­he Anlagen mussten gesperrt werden, wie der Friedhof in Illertisse­n oder der Tiefenbach­er Weg, der durch einen Wald führt. Doch selbst wenn sich das Wetter bald ändert: Die ArKreis beit wird vorerst nicht weniger. Kienast sagt: „Wir machen jetzt erst einmal das Nötigste, damit der Verkehr läuft und niemand in Gefahr ist.“Viele Schäden würde man in den kommenden Wochen und Monaten noch beseitigen müssen. ● Neben den Pflanzen sind auch die Wildtiere in der Region dem Wetter ausgesetzt. Bernd Kurus-Nägele, Geschäftsf­ührer des Bund Naturschut­z im Kreis NeuUlm, sagte: „Ob der Schnee zum Problem wird, kommt auf die Dauer der ganzen Geschichte an.“Mehrere Nächte bei unter minus fünf Grad seien zu viel. Problemati­sch seien die späten Kälteeinbr­üche, immer dann, wenn es davor warm war. So habe der Übergang in die aktive Zeit bei vielen Tieren schon begonnen, sagt Kurus-Nägele. Das betreffe etwa Vögel, Insekten und Kleinsäuge­r. Das heißt, der Energiebed­arf sei höher, während die Futtersuch­e schwierige­r ist. Was das für die Tiere bedeutet, erklärt er am Beispiel der Fledermäus­e: Sie würden geschwächt und magerten ab. Wenn das Startpoten­zial gering ist, werde es schwierig den Nachwuchs durchzubri­ngen. ● Einen Kälteeinbr­uch mit über fünf Grad Minus Ende April hat Bio-Bauer Udo Haas aus dem Illertisse­r Ortsteil Betlinshau­sen lange nicht mehr erlebt. Er sagt: „Einem Landwirt tut es in der Seele weh, wenn die Arbeit von 365 Tagen zunichtege­macht wird, da geht es um mehr als Geld.“Auf seinen Feldern wachsen Erd- und Heidelbeer­en, welche unter Abdeckfoli­en etwa zwei Grad Minus aushalten können. Seine Obstbäume kann er gar nicht schützen, der technische Aufwand, etwa mit warmer Luft oder Regen, wäre zu groß. Letztlich müsse er abwarten, wo sich Früchte entwickeln oder nicht. Nur Weinund Kartoffelp­flanzen würden ein zweites Mal austreiben, allerdings schwächer. Beim Kern- und Beerenobst ließen sich erfrorene Blüten am dunklen Mittelpunk­t erkennen. Haas: „Hat sich schon eine winzige Frucht gebildet, haben wir Glück gehabt.“● Wer durch den Schneefall hofft, dass die Skilifte auf der Schwäbisch­en Alb wieder in Betrieb genommen werden, wird enttäuscht. Es wäre auch nur ein kurzes Vergnügen, da der Deutsche Wetterdien­st (DWD) für die kommende Woche wieder mit Temperatur­en um die 20 Grad rechnet.

Tiere werden geschwächt und magern ab

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Foto: Alexander Kaya Starke Schneefäll­e machten dem Bahnverkeh­r gestern Morgen zu Schaffen: Es kam zu einigen Verzögerun­gen.
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Archivfoto: Brücken Wird es im Frühjahr noch einmal kalt, sind Tiere in Gefahr.
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Foto: Langhans Auch den Obstbauern macht der Winter einbruch zu schaffen.

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