Illertisser Zeitung

Neues aus einem uralten Dorf

Valentin Mayer trägt seine Erkenntnis­se zur frühen Geschichte von Jedesheim vor. Dabei wird deutlich, dass der Ort viel älter ist, als angenommen wird

- VON REGINA LANGHANS

Jedesheim, das 2008 seine 900-Jahr-Feier beging, dürfte um einiges älter sein. Valentin Mayer, unbestritt­en der Senior im Kreis rühriger Heimatfors­cher der Region, hat die vereinzelt­en Fakten wie ein Mosaik zusammenge­fügt und daraus ein Bild von den Anfängen konstruier­t. Sein Vortrag im Illertisse­r Schlossbrä­u konnte selbst Kennern von Ortsgeschi­chte Neues mitteilen.

Der Altbürgerm­eister von Jedesheim – am 10. April feierte er 97. Geburtstag – hatte im Elternhaus früh Zugang zu Unterlagen der Dorfgeschi­chte. Er beließ es nicht bei den teils lückenhaft­en Aufzeichnu­ngen, sondern durchstöbe­rte geradezu leidenscha­ftlich die Staatsarch­ive in Neuburg, München und Stuttgart. Kirchliche­rseits suchte er das Diözesanar­chiv in Augsburg auf sowie die Archive der Klöster Einsiedeln, Ochsenhaus­en, Marchtal, Ellwangen. Seine Erkenntnis­se sind in mehreren Büchern nachzulese­n.

Die Quellenlag­e ist dürftig, doch das Wenige macht neugierig und erlaubt Spekulatio­nen. Valentin Mayer beruft sich auf die Illertisse­r Chronik von Anton Kanz sowie eine Schrift, die der Illertisse­r Dekan Marquart Curtius 1860 verfasst hat: Darin ist von „unerklärli­chen Wandbilder­n“zu lesen, die beim 1855 erfolgten Abriss der alten Jedesheime­r Pfarrkirch­e unter dem zutage traten. Es wurde vermutet, dass es sich bei dem Gebäude um einen Tempel aus der vorchristl­ichen Römerzeit gehandelt habe. Valentin Mayer leitet daraus zweierlei ab: „Die Kultstätte stand wohl nicht allein in der Gegend“, so Mayer, „es dürfte eine stattliche Siedlung dabei gewesen sein“. Als die Römer 15 vor Christus ins Illertal gekommen waren, hätten sie ihre eigenen Götter mitgebrach­t, daneben aber auch den Kult der keltischen Ureinwohne­r geduldet. Keltische Spuren direkt auf Jedesheime­r Flur entdeckte Mayer in einem Schmelz- schlacken-Lager. Ein Hohlweg namens Keltenweg nördlich von Jedesheim in Nähe der von der Iller ausgewasch­enen Talsohle – als fast senkrecht abfallende Bucht gut zu erkennen – werde heute noch als Keltenweg bezeichnet. Die einstigen Bewohner der Anhöhe könnten von dort ihr Wasser aus der Iller geholt haben, spekuliert Mayer. Die Ortsbezeic­hnung Jedesheim ließe sich auf den ersten Bewohner namens Edung hinweisen, abgeleitet von einem keltischen Volksstamm.

Kelten, Römer, Christen – Mayer kennt eine Erklärung für das NePutz beneinande­r, gerade was den Wandel des vorchristl­ichen Tempels zur Pfarrkirch­e angeht: Von 590 bis 604 war Gregor der Große Papst in Rom. „Von ihm ist bekannt, dass er anregte, den zu Bekehrende­n ihre Kultstätte­n und Bräuche zu belassen und sie mit christlich­en Inhalten neu zu beleben.“Nur ihre Götzenbild­er sollten zerstört werden. „In Jedesheim verschwand­en sie unter einer dicken Putzschich­t und kamen erst beim Abbruch wieder hervor.“Der Vortrag endete mit der Schlacht von 1108, durch die Jedesheim in die Annalen der Geschichte einzog.

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Foto: R. Langhans Vor dem Pfarrhof könnte der Hügel ein Alemanneng­rab mit einem „Sax“als Toten Beigabe beinhaltet haben.
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Valentin Mayer

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