Warum Kirchhaslach jetzt eine Schandmaie hat
Ein Maibaumklau kommt immer mal wieder vor. Für das Vorgehen gibt es sogar bestimmte Regeln. Dass sich daran jedoch nicht alle halten wollen, zeigt eine Geschichte aus Babenhausen
Eigentlich sollte er zum 1. Mai schön geschmückt mit den Zunfttafeln neben der Wallfahrtskirche hoch in den Himmel ragen. Jetzt steht der Kirchhaslacher Maibaum – dekoriert mit wilden Reisigbüscheln, Gummireifen und einem präparierten Vogel – auf einer Wiese nahe der Gemeindegrenze zu Babenhausen. Wie es sich für ein „Schandmaiele“gehört, ist es auch mit Spruchtafeln ausgestattet, die seinen Ursprung andeuten.
„Im Haseltal wollt mich keiner haben, darum bin ich froh, dass mich die Bude Buam in den Fuggermarkt getragen. Hier steh ich nun und lach mir einen, die Haslamer können mir gestohlen bleiben“ist auf einer der drei Tafeln zu lesen. Auch die anderen sind mit spöttischen Versen beschrieben. Selbst ältere Bürger können sich auf Nachfrage der nicht daran erinnern, dass in Babenhausen und Umgebung je ein „Schandmaibaum“aufgestellt wurde.
Gemäß langjähriger Tradition haben die Mitglieder des Feuerwehrvereins Kirchhaslach in der vergangenen April-Woche einen Maibaum im Wald geschlagen, entastet und entrindet. Um ihn vor dem Aufstellen zum 1. Mai vor eventuellen Dieben zu schützen, wurde der lange Fichtenstamm auf dem Gelände der Kirchhaslacher Oldtimerhalle weggesperrt. Das müssen wohl die „Spione“vom Team der „Bude Babenhausen“mitbekommen haben. Wie es ein altes Brauchtum erlaubt, haben sie den großen Baum in einer Nacht-und-Nebel-Aktion unbemerkt aus der Nachbargemeinde entwendet. Natürlich wurde den Kirchhaslachern eine Nachricht hinterlassen. Die Botschaft stand deutlich lesbar in Reimen auf einem Pizzakarton: „Liebes Maibaumteam Kirchhaslach. Viele Grüße aus dem Fuggermarkt Babenhausen. Wenn Ihr euren Maibaum wieder wollt, sind 150 Liter Bier und ein Spanferkel mit Beilagen fällig! Damit es nicht nur Kirchhaslach weiß, gebt es auch der Zeitung preis! Auch dies ist Bedingung.“
Doch der Vorstand des Kirchhaslacher Feuerwehrvereins machte nach einem Anruf der Maibaumdiebe keine Anstalten, auf die Forderung einzugehen. Stattdessen drohte man mit einer Anzeige, falls der geklaute Baumstamm nicht bis abends um 18 Uhr wieder zurückgebracht werde. Auch ein Besuch der Babenhauser Bude-Mitglieder beim Feuerwehrvorstand erbrachte keine Einigung. Nach den Verhandlungen erklärten sich die Kirchhaslacher lediglich bereit, für den zurückgebrachten Maibaum drei Kästen Bier herauszurücken.
Noch mehr enttäuscht und verärgert waren die Jugendlichen der Baauch ● auf. (clb) für ihren eigenen Ort benhauser Bude, als sie mitbekamen, dass die Kirchhaslacher Wehrmänner prompt einen neuen Maibaum besorgten. „Das widerspricht dem seit vielen Jahren gepflegten Brauchtum!“
Um auf dieses ihrer Meinung nach völlig unfaire Verhalten richtig zu reagieren, haben sich die BudeMitglieder an den „Bayerischen Regeln für Maibaumdiebe“orientiert. Diese halten unter Punkt 14 fest, dass beim Scheitern der AuslöseVerhandlungen die neuen Besitzer den Maibaum als „Schandmal“und zusätzlichen Segensbringer für ihren eigenen Ort aufstellen müssen. Am Stamm sollen Tafeln befestigt werden, auf denen die Maibaum-Diebe ihre Enttäuschung durch Spottverse zum Ausdruck bringen. Etwa 20 Jugendliche haben daraufhin keine Mühen gescheut, eine „Schandmaie“zu gestalten. Nun steht der Baum auf Babenhauser Flur nahe der Gemeindegrenze. Laut Maibaum-Verordnung kann er nach einigen Wochen versteigert werden.