Was die artige Kunst alles verschweigt
Eine Ausstellung widmet sich dem deutschen Weltbild 1933–1945
Drei nackte Damen mit proportionierten Rundungen unter einem Baum und ihnen gegenüber ein Herr mit kurzen Hosen und Hemd: Adolf Hitler soll dieses Werk des Malers Ivo Saliger so sehr gefallen haben, dass er es 1939 sofort auf der „ Großen Deutschen Kunstausstellung“in München kaufte. So berichtet es in der Kunsthalle Rostock Silke von Berswordt-Wallrabe, Kuratorin der angelaufenen Ausstellung „Artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus“.
Nun ist das „Urteil des Paris“innerhalb dieser Schau eines von 84 Kunstwerken, die in den 1930er und 1940er Jahren entstanden. Die Macher haben den Ausstellungstitel gewählt, um der diffamierenden NS-Terminologie der „entarteten Kunst“die „artige Kunst“als Begriff entgegenzusetzen. Die Gemälde und Zeichnungen stammen vor allem von Künstlern, die in der Gunst der Nationalsozialisten standen. Ihre Kunst wurde offiziell gefördert.
Viele dieser „artigen“Werke waren ab 1937 in der „Großen Deutschen Kunstausstellung“zu sehen, so Kunsthallenchef Jörg-Uwe Neumann: etwa die Familie mit zehn Kindern beim Abendessen von Rudolf Otto, 1944. Dazu ein Landser, der vor einer Kinderschar um den Kachelofen sitzt: „Der Urlauber“von Paul Mathias Padua, 1944. Auch muskulöse Männer in knappen Turnhosen beim Lauf: Gerhard Keils „Turner“, 1939. In der NaziKunst seien die Widrigkeiten des Lebens meist ausgeblendet gewesen, sagt Neumann. „Wir wollen die Zuschauer dazu anregen, sich immer wieder klarzumachen, in welcher Zeit diese Kunst spielt, was sie verschweigt und was sie zeigt“, ergänzt Berswordt-Wallrabe.
Die Kuratoren haben der „artigen“Kunst aber auch sogenannte „entartete“, verfemte Kunst gegenübergestellt – etwa Zeichnungen von Prügelszenen der Gestapo. Karl Schwesig, ein Maler im Widerstand gegen das NS-Regime, hatte die Szenen 1936 aus seinen Erinnerungen gezeichnet. Zudem können die Besucher Propagandafilme des Nazi-Regimes sehen.
Die Schau könne sensibilisieren, sagt Neumann, „denn auch heute erkennen wir Ausgrenzungstendenzen“. Krankheiten, soziale Armut, Arbeitslosigkeit – dies sei in der Kunst im Nationalsozialismus auch nicht zu sehen gewesen. Die Ausstellung dauert bis zum 18. Juni und geht dann ins Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg.