Wie es um Illertissens Straßen steht
Die Stadt hat in der Vergangenheit zu wenig in den Unterhalt der Fahrbahnen investiert. Das könnte die Kommune in Zukunft teuer zu stehen kommen
Schlaglöcher, Spurrillen, Risse im Asphalt: Auf vielen Straßen in Illertissen besteht Handlungsbedarf. Zunehmender Verkehr, Witterung und Alter setzen den Fahrbahnen zu. Wer etwa auf der Vöhlinstraße oder „Auf der Spöck“unterwegs ist, für den dürfte das kein Geheimnis sein. Doch wie schlecht oder gut steht es tatsächlich um Illertissens Straßen?
Um das herauszufinden, hat die Stadt im vergangenen Jahr ein Ingenieurbüro damit beauftragt, den Zustand des Straßennetzes zu erfassen. Über mehrere Wochen war ein orangefarbener Kastenwagen, ausgerüstet mit Messgeräten, Kameras und Laserscanner, in Illertissen und seinen Ortsteilen unterwegs. 130 Kilometer Straßen wurden abgefahren, in Abschnitten vermessen und dokumentiert. Jeder Straßenabschnitt wurde dabei benotet: von der Note 1 (sehr guter Zustand) bis zur Note 5 (sehr schlecht).
Auf Basis dieser Daten wurde ein Kataster erstellt, die ersten Ergebnisse ausgewertet und nun im Bauausschuss vorgestellt. Die Bilanz: Rund 21 Prozent des Straßennetzes – was 27 Kilometer entspricht – befindet sich in einem so schlechten Zustand, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Abschnitte wurden mit der Note 3,5 und schlechter bewertet, wobei die 3,5 einen „Warnwert“markiere, wie Kai Weltzien von der Firma Lehmann und Partner verdeutlichte.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Erfurt hat die Messungen im vergangenen Jahr durchgeführt. Bewertet wurden laut Weltzien etwa die Anzahl der Risse, Flickstellen, Spurrillen oder Schlaglöcher einer Straße, die sich in mehrere Abschnitte unterteilt. Etwa drei Prozent des Netzes (drei Kilometer) fiel laut Planer durch – die Noten lagen zwischen 4,5 und 5. Ein Bereich, in dem die Kommune eigentlich tätig werden müsse. Bei etwa der Hälfte der Straßen bestehe zudem die Gefahr, dass sie nach ein oder zwei strengen Wintern in einen kritischen Bereich abrutschten. Nur knapp 30 Prozent der Straßenabschnitte befindet sich in einem guten bis mittleren Zustand (Noten 1,5 bis 2,5). Für rund 1,8 Prozent gab es die Topnoten 1 bis 1,49.
Mit diesen Werten liege die Stadt etwa im bundesweiten Durchschnitt. Es sei selten, dass in einer Kommune mehr als 30 Prozent der Straßen in einem guten Zustand sei- so Weltzien. Bei den Daten handele es sich um mathematisch ermittelte Werte. Welche Konsequenzen aus den Messwerten gezogen werden, sei nun Aufgabe der Fachabteilungen. Laut Weltzien seien in den nächsten Jahren aber „immense Aufwendungen“nötig, um die Straßen „in einen guten Zustand zu überführen“.
Bei einer Fläche von rund 150 000 Quadratmetern Fahrbahn, bei der in den kommenden Jahren Handlungsbedarf besteht, rechnet Weltzien mit rund 9,3 Millionen Euro Kosten. Um Illertissens Straßen in einem guten Zustand zu erhalten, sei das bislang im Haushalt vorgesehene Budget von 400000 Euro „viel zu gering“. Er schlug eine Verdoppelung auf 800000 Euro pro Jahr vor.
Dass in den vergangenen Jahren zu wenig in das Straßennetz inves- tiert wurde, unterstrich auch Bürgermeister Jürgen Eisen. Viele Straßen hielten die gestiegenen Belastungen nicht mehr aus. Gerade in der Kernstadt ist ein Großteil des Verkehrsnetzes in den 50er- oder 60er-Jahren gebaut worden. Damit haben die Fahrbahnen die durchschnittliche Lebensdauer von 40 bis 50 Jahren bereits überschritten. Das Problem: Werden Straßen saniert, werden auch die Anlieger zur Kasse gebeten. Das sorge regelmäßig für Ärger, so Eisen. Für den Bürgermeister ist klar: Wird das Budget für Unterhaltsmaßnahmen nach oben geschraubt, müsse auch die Beitragsstelle im Tiefbauamt ausgebaut werden.
Laut Weltzien müssten nicht bei jeder Straße, die die Note 4,5 oder schlechter bekommen hat, sofort Maßnahmen ergriffen werden – auen, ßer die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sei gefährdet. Überhaupt müsse der Zustand jeder Straße zusätzlich zu den Computermessungen noch einmal unter die Lupe genommen werden. Geprüft werden müsse etwa, welche Bedeutung sie für den Straßenverkehr hat. Das jetzt erstellte Erhaltungsmanagement liefere Handlungsempfehlungen.
Wie viel die Stadt in den kommenden Jahren in ihr Straßennetz investieren wird, werde laut Tiefbauamtsleiter Bernd Hillemeyr erst noch entschieden. Zunächst sollen mehrere Szenarien durchgerechnet werden, die zeigen, wie sich der Zustand der Straßen bei unterschiedlich hohem Budget entwickeln würde. Mit dem Erhaltungsmanagement sei das gesamte Straßennetz nun erfasst. „Jetzt wissen wir, wo wir stehen.“