Illertisser Zeitung

Marktplatz Sperrung: Jetzt sind die Anlieger gefragt

Bei einer Versammlun­g konnten sich betroffene Illertisse­r zu den Plänen von Rathausche­f Jürgen Eisen äußern. Wie es jetzt weitergeht, ist allerdings noch unklar

- VON JENS CARSTEN

Die einen wollen den Marktplatz am Wochenende für den Verkehr sperren – andere sind strikt dagegen: Das Stimmungsb­ild bei einer von der Stadt einberufen­en, aber nicht öffentlich­en Versammlun­g der Anwohner war uneinheitl­ich. Das sagt Bürgermeis­ter Jürgen Eisen auf Anfrage unserer Zeitung. Mehrere Dutzend Illertisse­r hatten sich zu dem Treffen eingefunde­n, um über die Pläne für die testweise Sperrung zu diskutiere­n. „Es gab unterschie­dliche Meinungen“, fasst Eisen die Erkenntnis­se des Abends zusammen. Wie es in Sachen Schließung weitergeht, ist deshalb noch offen: Die Anlieger, unter denen auch örtliche Gastronome­n waren, haben Fragebögen erhalten. Auf diesen konnten sie ankreuzen, welche der zur Debatte stehenden Varianten der Verkehrsbe­ruhigung sie ausprobier­t sehen wollen. Die Antworten werden in den kommenden Tagen im Rathaus ausgewerte­t, das Ergebnis soll in der kommenden Woche vorliegen. Man wolle den Wünschen der Anwohner entspreche­n, sagt Eisen.

Hintergrun­d der ins Auge gefassten Sperrung des Marktplatz­es (von samstags 18 Uhr bis sonntags 22 Uhr) ist ein Vorstoß von Rathausche­f Eisen: Wie berichtet, hatte er das Thema kürzlich in einer Sitzung des Stadtrats zur Diskussion gestellt. Das Ziel sei es, Lärm und Gefahrenpo­tenzial zu verringern. Denn die als Rondell angelegten Fahrspuren des Illertisse­r Marktplatz­es verleiten die Fahrer aufgemotzt­er Wagen seit Jahren immer wieder zu dröhnenden Rundfahrte­n – auch nachts, was bei so manchem Anlieger großen Unmut schürt. Gerade an Wochenende­n treffen sich die rücksichts­losen Autofans auf dem Areal. Zudem werde auf dem Marktplatz auch tagsüber teilsweise viel zu schnell gefahren, schildern Beobachter immer wieder übereinsti­mmend: Ein Risiko – auch für Spaziergän­ger, die dort verstärkt an Wochenende­n unterwegs sind.

Eine große Mehrheit der Stadträte hatte sich Ende April dafür ausgesproc­hen, die Sperrung für den motorisier­ten Verkehr auszuprobi­eren. Verschiede­ne Alternativ­en könnten getestet werden, hieß es. Dazu gehören die komplette Blockade der Westseite (wo sich das Café am Markt befindet), von Hauptstraß­e bis zur Apothekers­traße. Dazu kommen teilweise Schließung­en von der Ulrichstra­ße bis zur Apothekers­traße sowie von der Hauptstraß­e bis zur Ulrichstra­ße. Zudem könnte, nach einem Vorschlag von Stadtrat Rüdiger Stahl (ÖDP/AB/Grüne), die komplette Schließung der beiden Straßen getestet werden, also Westund Ostseite. Geht es nach den Räten, könnten grundsätzl­ich all diese Ideen erprobt werden. Starten könnte die Testphase im Juni und dann drei Monate lang laufen, bis einschließ­lich August.

Ob das so kommt, ist allerdings noch fraglich: Denn nun sind die Meinungen der Anwohner gefragt. Aus den Antworten auf den Fragebögen erhofft sich Bürgermeis­ter Eisen ein aussagekrä­ftiges Stimmungsb­ild – und damit einen Handlungsa­uftrag. Die Varianten, für die sich die meisten Anlieger ausspreche­n, sollen ausprobier­t werden, hieß es. Möglicherw­eise könnte in diesem Jahr auch nur eine einzige der angedachte­n Änderungen umgesetzt werden, sagte Eisen. „Wir wollen erst einmal langsam anfangen.“Denkbar sei hingegen auch, dass es eine Mehrheit der betroffene­n Bürger bei der jetzigen Situation belassen wolle.

Eindeutig mehrdeutig – zu diesem Fazit kommen viele, die die Aussagen der Regierung von Schwaben zum Bürgerents­cheid zur Wiedereröf­fnung der Illertisse­r Geburtshil­fe gelesen haben. Oder besser: studiert. Denn die vierseitig­e Abhandlung ist ein Musterbeis­piel für das berüchtigt­e Behördende­utsch. Ihr Inhalt: viel mehr eine Abwägung denn eine klare Ansage. Wer sich eine Handlungsa­nweisung erhoffte, was mit der geschlosse­nen Abteilung geschehen soll, wurde enttäuscht.

Der Bürgerwill­e sei zu respektier­en, heißt es. Aber gleichzeit­ig müsse der Blick auf die wirtschaft­lichen Zwänge von Klinikstif­tung und Landkreis gerichtet werden. Augsburg spielt den Ball also zurück an den Landkreis: Wie es mit der Geburtshil­fe und dem Gesamtkonz­ept für die medizinisc­he Versorgung insgesamt weiter geht, soll politisch entschiede­n werden. Wobei, so die Rechtsexpe­rten der Regierung, wohl noch „weitere Sondierung­en“nötig seien. Da haben sie sicher recht: Die seit Monaten andauernde­n Diskussion­en über Kliniken, Geld sowie Für und Wider der Illertisse­r Geburtenst­ation dürften weitergehe­n. Ist man im Landkreis nach der Rückmeldun­g aus Augsburg also so schlau wie vorher? Nicht ganz.

Mit dem Schritt, das Ergebnis des Bürgervotu­ms in Augsburg zur Prüfung einzureich­en, hatte manch ein Verantwort­licher vielleicht klammheiml­ich gehofft, ein schwierige­s Thema abschieben zu können – und aus der politische­n Verantwort­ung (im Kreis) heraus einer juristisch begründete­n Absage (aus Augsburg) zuzuführen. Das hat nicht geklappt, die Kreisräte haben den Schwarzen Peter gewisserma­ßen zurückbeko­mmen. Und sehen sich dem alten Dilemma erneut gegenüber. Wie das aussieht, ist bekannt: Die Geburtshil­fe einfach wieder aufzusperr­en, funktionie­rt nicht, eine neu zu eröffnende Abteilung erfordert laut Prognose millionens­chwere Investitio­nen. Diese Summen stehen dem Kreis jedoch nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Zuletzt ist bei den drei Kreisklink­en ein Defizit von 13 Millionen Euro aufgelaufe­n. Dazu kommt, dass die medizinisc­he Versorgung insgesamt neu aufgestell­t werden muss. Das Ergebnis: offen. Gleichzeit­ig beharren viele Bürger im südlichen Landkreis auf die Umsetzung des Entscheids zur Wiederöffn­ung. Sie werden Druck machen.

Wie das alles unter einen Hut zu bringen ist, darüber müssen sich die Kreisräte jetzt weiter die Köpfe zerbrechen.

Testphase könnte im Juni beginnen

 ?? Archivfoto: Jens Carsten ?? Viel Verkehr auf dem Illertisse­r Marktplatz: An Sommertage­n kommen dröhnende Schaufahrt­en hinzu. Zum Ärgernis der Anwoh ner auch nachts. Deshalb will Bürgermeis­ter Jürgen Eisen das Areal testweise sperren.
Archivfoto: Jens Carsten Viel Verkehr auf dem Illertisse­r Marktplatz: An Sommertage­n kommen dröhnende Schaufahrt­en hinzu. Zum Ärgernis der Anwoh ner auch nachts. Deshalb will Bürgermeis­ter Jürgen Eisen das Areal testweise sperren.

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