Shoppen mit gutem Gewissen
Bei der Textilmesse „Dietenheim zieht an“war am Sonntag jede Menge Kleidung geboten. Mehr als 30 Aussteller zeigten, warum ihre Produkte nachhaltig sind
Dietenheim zieht an – und zwar jede Menge Besucher. Vor rund einem halben Jahr fand die Textilmesse „Dietenheim zieht an“zum ersten Mal statt, am gestrigen Sonntag wurde noch einmal nachgelegt: Mit mehr Ständen, größerer Ausstellungsfläche und mehr Besuchern. Hauptamtsleiter Dietmar Kögel schätzte während der laufenden Veranstaltung, dass es diesmal bestimmt 4000 bis 5000 Besucher waren. 2016 kamen etwa 2000 Gäste.
Zum ersten Mal mit dabei war auch die Ulmerin Karolina Twardzik. Die 29-Jährige betreibt seit eineinhalb Jahren die Marke „clair de chic“, bisher noch nebenberuflich. „Damit irgendwann mein Geld zu verdienen, das ist schon das Ziel“, sagte sie gestern. Twardzik entwirft und schneidert alles selbst und versucht dabei, möglichst innovative Designs zu schaffen. Ein Blickfang an ihrem Stand war zum Beispiel ein bodenlanges Ballkleid, dass sie aus alten Jeans genäht hat.
Bei der Ausstellung in der Dietenheimer Sporthalle gab es allerdings nicht nur Alltagsmode, son- dern auch fair hergestellte bayerische Trachtenmode und Sportbekleidung zu sehen. Zum Beispiel bei „Instinct“. Die Sportmarke wurde in diesem Jahr mit dem „Greentec Award“ausgezeichnet, einem internationalen Umweltpreis. Inhaber Michael Klumpp erklärte, dass die Kleidungsstücke bei „Instinct“alle aus griechischer Bio-Baumwolle hergestellt und in Ostdeutschland genäht werden. Das günstigste Sportshirt bei Klumpp kostet 25 Euro. Die Preise bei „Instinct“sind laut Klumpp deshalb vergleichsweise niedrig, weil die Kleidungsstücke ausschließlich in dem Yogastudio von ihm und seiner Partnerin sowie in Onlineshops verkauft werden. Kosten für teure Ladenmieten fallen damit für ihn weg.
Im vergangenen Jahr war die Ausstellung in der Stadthalle aufgebaut, heuer befanden sich die Stände in der Sporthalle. In der Stadthalle gab es in diesem Jahr hingegen ein umfangreiches Rahmenprogramm, bei dem sich die Besucher parallel dazu mit verschiedenen Vorträgen noch intensiver über das Thema Nachhaltigkeit informieren konnten. Höhepunkt war jedoch die Modenschau, bei der Schülerinnen der Gemeinschaftsschule Dietenheim Kleidung aus dem Dietenheimer Nähcafé und selbst umgenähte Klamotten präsentierten. Die 16-jährige Ravza Hancr erklärte stolz, dass sie für ihre schulterfreie Bluse ein altes Hemd umgearbeitet habe. Upcycling heißt es, wenn alten Dingen neues Leben eingehaucht wird. Die Schülerinnen haben außerdem eine Menge „Dietenheim zieht an“-Taschen selbst genäht, die sie an ihrem Stand in der Sporthalle verkauften.
Auch Besucherin Irmgard FethStrauß hat die Modenschau gefallen. Sie war schon im vergangenen Jahr dabei. Sie sagte: „Es ist interessant zu sehen, was aus der Veranstaltung wird.“Dabei können nicht nur die Besucher Interessantes bei „Dietenheim zieht an“erfahren. Designerin und Schneiderin Melanie Sägmüller aus Andelfingen (Landkreis Biberach) präsentierte ihren Laden „Naturtreu“. „Es ist auch toll, andere Anbieter nachhaltiger Mode kennenzulernen“, sagte sie. In der Branche gebe es bisher nicht so viel Austausch, dafür aber immer neue Entwicklungen. Sie näht ihre Kleidungsstücke zum Teil aus DenimLeinen, einem Stoff, der im vergangenen Jahr erst neu entwickelt wurde und der die Vorteile von Leinen und Jeansstoff vereint.
Dietenheims Bürgermeister Christopher Eh lobte in seiner Eröffnungsrede den Erfolg der Veranstaltung. Er sagte: „Das Projekt hat inzwischen auch einige Strahlkraft über unsere Gemeinde hinaus.“Die Veranstaltung, wie sie am Sonntag stattgefunden hatte, war auch Ergebnis der Verbesserungsvorschläge, die die Besucher im vergangenen Jahr gemacht hatten, erklärte er. So wurde heuer beispielsweise auch veganes Essen angeboten.
Professor Martin Müller von der Uni Ulm wies in seiner Ansprache auf die Bedeutung der Veranstaltung als Real-Labor hin. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Reutlingen untersucht er, wie nachhaltiger Textilkonsum funktionieren kann. Auch wenn die Förderung des Landes Baden-Württemberg für das Projekt nun endet, „Dietenheim zieht an“solle auf jeden Fall weiter stattfinden, sagte Müller.
Faire Sport Shirts gibt es schon ab 25 Euro