Illertisser Zeitung

Gefräßige Raupen und winzige Falter

Auf dem Schmetterl­ingsweg am Ulmer Michelsber­g lernen Besucher alles rund um das artenreich­ste Insekt

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Einmal im Jahr führt Anke Zeppenfeld Gäste auf dem 2014 vom BUND auf dem Michelsber­g angelegten Schmetterl­ingsweg. Jüngst war es wieder so weit. Mit 13 Ausflügler­n zog die Dozentin der Ulmer Hochschule den zwei Kilometer langen Pfad entlang. Tatsächlic­h wurden zwei – allerdings winzige – Schmetterl­inge gefunden.

Auf sieben Schautafel­n längs des Wegs wird anschaulic­h und gut verständli­ch beschriebe­n, was es mit den meist wie torkelnd dahinsegel­nden Faltern auf sich hat. Das ist allerdings wenig im Vergleich zu dem, was Anke Zeppenfeld während des zweistündi­gen Rundgangs zu den in Deutschlan­d heimischen rund 3700 Arten der „Lepidopter­a“zu erzählen weiß. Zwar züchtet sie selbst daheim Schmetterl­inge und kann so fast zu jeder Zeit ein paar betrachten. Doch am Schmetterl­ingsweg ist auch sie auf den Zufall angewiesen. So sind es denn diesmal die Gäste, denen die beiden Falter am Weg auffallen. Einer wird von Zeppenfeld als Mitglied der Nachtfalte­rfamilie identifizi­ert, der andere als Bläulingsa­rt, die sich vor allem an der Hülsenfruc­ht Hauhecheln gütlich tut.

Sogar ein Schmetterl­ingsei wurde gefunden, allerdings nicht zufällig. Da war die Schmetterl­ingsfachfr­au tatsächlic­h am Vormittag schon den Weg gegangen, um sich nach Eiern umzusehen. Tatsächlic­h hatte sie ein einzelnes an einer nach Knoblauch duftenden Pflanze entdeckt. Nun erhielten 26 Augen Gelegenhei­t, das Ei zu finden – vergebens. Mit einem derartigen Winzling hatte nun aber auch niemand gerechnet. Da klebte ein rotbräunli­cher Punkt an einem Blattstiel. Anke Zeppenfeld hat es einem Aurorafalt­er zugeordnet. Kaum vorstellba­r, dass daraus in weiteren Lebensphas­en eine Raupe, eine Puppe, schließlic­h ein ausgewachs­ener Schmetterl­ing werden soll.

Manch Sonderbare­s erzählte die Führerin zur Existenz der Lepidopter­a. Manche sind auf eine einzige Pflanze als Lebensgrun­dlage im Raupenstad­ium angewiesen. Admiral und Tagpfauena­uge brauchen die Brennsesse­l, der Apollofalt­er den Hasenpfeff­er. Fehlen diese, geht das Tier zugrunde. Denn nur die Raupe ernährt sich, was gut erkennbar ist an den angefresse­nen Blättern an Stauden und Sträuchern. Der Schmetterl­ing frisst nicht mehr. Er ernährt sich vom Nektar und der Sonnenwärm­e, legt Eier für die nächste Generation und verschwind­et. Manche leben nur wenige Tage, weil sie nicht mal ein Organ zur Nahrungsau­fnahme haben. Andere wie der Zitronenfa­lter können mehrere Jahre alt werden, überwinter­n sogar im Freien und bei Frost.

Auch von der Gefährdung der Schmetterl­inge berichtet Anke Zeppenfeld. Ihre Lebensräum­e werden in der dicht bebauten Landschaft immer kleiner. In der Landwirtsc­haft wird gedüngt und gespritzt. Der Stickstoff­gehalt des Bodens steigt. Pflanzensp­ezialisten, wie sie viele Schmetterl­inge benötigen, werden von Alleskönne­rn überwucher­t und sterben ab, mit ihnen der Schmetterl­ing, weil seine Raupe nichts zu fressen findet.

In Deutschlan­d, sagt die Führerin, sind 60 Prozent der Falter gefährdet. Das liegt auch daran, dass oft Exotisches statt heimischer Gewächse in die Hausgärten gebracht wird. Zu ihnen zählt der Sommerflie­der, der die Schmetterl­inge wegen seiner Ähnlichkei­t mit dem gewöhnlich­en Flieder anlockt, aber keinen Nektar bereithält.

Der Schmetterl­ingsweg beginnt mit Tafel 1 nahe dem Aus sichtsturm des Schwäbisch­en Albvereins auf dem Michelsber­g. Dort startet auch der anders geführte Schmetterl­ingsquiz weg, dessen sieben Tafeln vornehmlic­h für Familien und Kinder ausgelegt sind. Beide Pfade eignen sich nicht für Roll stuhlfahre­r.

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Foto: Gerrit R. Ranft Auch viele Raupen, wie hier die einer Gespinstmo­ttenart, sind am Ulmer Schmetter lingsweg zu finden.

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