Wenn die Idylle zum Sex Treff wird
Sommerliche Temperaturen locken nicht nur Badegäste an die Seen in der Region. Mancherorts wird das zu einem großen Problem – offenbar lässt sich das nicht so leicht lösen
Lange haben sie zugeschaut, dann ist ihnen der Kragen geplatzt: Die Bäumenheimer Fischer wollen nicht länger Pärchen beim Sex zusehen müssen, die sich an den Ufern des von ihnen gepachteten Weihers ohne Scham vergnügen. Und das passiert nicht gerade selten. Über einschlägige Seiten im Internet verabreden sich regelmäßig vor allem Männer zu erotischen Treffen oder auch nur zur „schnellen Nummer“an dem idyllischen Baggersee in Hamlar (Landkreis Donau-Ries).
Die Fischer befürchten eine gefährdende Wirkung für die Kinder in ihrem Verein und machen sich seither für ein Nacktbadeverbot stark – in der Hoffnung, damit auch den Freiluft-Sex zu unterbinden. Ob das etwas mit Prüderie zu tun hat, wird seither in der Gemeinde an der Schmutter heftig diskutiert. Die Folge: Bäumenheim machte zuletzt
Wie die Stadt das Problem auf „Porno Island“lösen will
bundesweit Schlagzeilen und ein Fernsehsender filmte Bürgermeister Martin Paninka, wie er um den See lief und selbst Kondome aufsammelte.
Während sich einige Bäumenheimer nun ärgern und behaupten, dass die vielen Diskussionen und Medienberichte ihrer schönen Gemeinde ein „Schmuddel-Image“verpasst hätten, wollen die Fischer weiterhin einfach nur das Sex-Problem an ihrem See lösen. Ihr Ansinnen endete jüngst mit einer Entscheidung im Gemeinderat: Ein Nacktbadeverbot gibt es vorerst nicht. Dafür werden Verstöße gegen die Durchfahrtsund Parkverbote im Landschaftsschutzbereich strenger geahndet. „Die Polizei wird uns da unterstützen“, kündigte Bürgermeister Paninka an. Den Fischern geht das nicht weit genug. Viele von ihnen glauben nicht daran, dass strengere Kontrollen dem See seine wahre Idylle zurückgeben können. Sie halten weiter an ihrer Forderung eines Nacktbadeverbotes fest.
Deutschlandweite Beiträge haben vor einigen Jahren auch den Waldsee in Senden (Landkreis Neu-Ulm) bekannt gemacht. Genauer gesagt „Porno Island“, wie der Teil einer Halbinsel im Volksmund genannt wird. Die dort Badenden – meist aus der Swinger- und HomosexuellenSzene – sorgten für Unfrieden unter den Bürgern. Der Sendener Polizeichef Thomas Merk stellt klar, dass niemand etwas gegen Nackte oder Homosexuelle habe. Doch viele der dort Anwesenden hätten keinerlei Respekt gegenüber den Leuten gezeigt, die dort spazieren gehen oder radeln wollten. Sie missbrauchten den Gedanken der Freikörperkultur. „Und das kann nicht sein“, sagt Merk. Der Streit hat nun ein Ende: Am Sendener Teil des Waldsees darf in Zukunft nicht mehr nackt gebadet werden. Das hat der Stadtrat vor einigen Wochen beschlossen.
Jede Kommune kann selber entscheiden, wie sie mit dem Thema Nacktbaden umgeht, seit im Jahr 2013 die bislang geltende Badeordnung in Bayern außer Kraft getreten ist. In der Sendener Satzung heißt es, dass „aufgrund der allgemein bekannten Problematik“im Bereich des Waldsees „das öffentliche Baden, hierzu zählt das Wasser-, Luftund Sonnenbaden, nur mit Bade- kleidung gestattet“ist. Ausnahme sind Kinder bis zum Alter von sechs Jahren.
Eine Nachricht, die Freunde des Sendener Naherholungsgebietes freut – diejenigen, die angezogen dort spazieren gehen. Und vermutlich auch diejenigen Nackten, die friedlich im offiziellen FKK-Bereich auf der anderen Seite des Waldsees baden, die zur Nachbarstadt Vöhringen gehört. In der Vergangenheit haben sich die „offiziellen FKKler“ebenso über das Treiben auf „Porno Island“aufgeregt wie die Sendener Bürger.
Polizeichef Merk begrüßt daher die neue Satzung. „Das ist aus Bürgersicht ein Problem und deswegen auch unseres.“Die Polizei habe nichts gegen den gegenüberliegenden offiziellen FKK-Bereich, in dem alles in geordneten Bahnen ablaufe.
Ob die Nachbarstadt Vöhringen sich an anderen Teilen des Sees der Sendener Entscheidung anschließt, ist unklar. Beide Städte planen aber, sich zu einem interkommunalen Gespräch rund um das Thema zusammenzusetzen.
Von derartigen „Gesprächen“hat man beim Lechfischereiverein in Augsburg längst genug. „Wir haben ein Stück weit resigniert“, erklärt Sylvia Fischer-Reichelt, die zweite Vorsitzende des Vereins. Seit vielen Jahren gilt der Kaisersee nahe der Autobahn in Szenekreisen als geeigneter Treffpunkt für erotische Abenteuer. Den Fischern, denen der See gehört, ist das seit jeher ein Dorn im Auge. Sämtliche Versuche, dem Treiben ein Ende zu setzen, gingen jedoch ins Leere. „Wer an einem späten Sommerabend am See entlang läuft, hat danach einiges zu erzählen“, sagt Fischer-Reichelt. Dagegen tun könne der Verein nur wenig: „Wenn sich jemand nicht an die Regeln hält, rufen wir eben die Polizei.“