Party ohne Terrorangst
Beim Nürnberger „Rock am Ring“-Zwilling „Rock im Park“feierten 85000 Fans an Pfingsten ein entspanntes Musik-Spektakel mit den Toten Hosen und Rammstein
Statt lauter Rockmusik der Toten Hosen ertönt beim Nürnberger „Rock im Park“zunächst die Stimme eines Festivalmitarbeiters: „Wegen einer terroristischen Bedrohungslage wird ,Rock am Ring‘ für heute unterbrochen.“Die Konzerte beim bayerischen Schwesterfestival „Rock im Park“würden aber wie geplant weitergehen, sagt er. Allerdings wurde das Festivalgelände auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg am Samstagmorgen mit zahlreichen Sprengstoff-Spürhunden abgesucht.
Ob das eine außergewöhnliche Maßnahme oder Routine war, wollte die Polizei „aus einsatztaktischen Gründen“nicht sagen. „Nach unserer Bewertung sprechen wir weiterhin davon, dass sich keine geänderte Gefährdungslage ergeben hat“, sagte eine Polizeisprecherin am Samstagnachmittag. Unter den Eindrücken der Terroranschläge der vergangenen Monate waren die Sicherheitsvorkehrungen für das Musikfestival ohnehin deutlich verschärft worden. Bei der Anreise am Donnerstag mussten die Gäste in sehr langen Schlangen vor den Eingängen ausharren, weil sämtliche Taschen genau durchsucht wurden. Auch beim Weg zu den Bühnen gab es dieses Jahr neue Regeln: Es ist verboten, Taschen, Rucksäcke und „Behältnisse aller Art“auf das Festivalgelände mitzunehmen.
Probleme habe es dadurch nicht gegeben, sagte Veranstaltungsleiter Martin Reitmeier. „So wie die Besucher das angenommen haben, das ist echt der Wahnsinn.“Für Reitmeier hängt das auch mit der Kommunikationsstrategie zusammen. „Wir wollen einen Gast, der gut informiert ist und der weiß, wo er seine Infos herbekommt“, sagte er. Trotz des Terroralarms beim rund 400 Kilometer entfernten „Rock am Ring“(siehe auch auf der Seite blieben die bayerischen Fans völlig gelassen.
„Einige unserer Kameraden an den Bühnen haben berichtet, dass sie es noch nie so ruhig und gesittet erlebt haben“, sagte Jürgen Kohl vom Bayerischen Roten Kreuz. „Und das in einer Situation, in der man nicht davon ausgehen konnte.“
„Lasst euch nicht verunsichern, alles ist in Ordnung“, rief auch Tote-Hosen-Sänger Campino den Zuschauern am Ende eines zweistündigen Konzerts zu. Die 85000 Gäste schienen ohnehin kaum besorgt. „Wenn, dann habe ich Angst, dass die Konzerte abgesagt werden – dass etwas passiert, glaube ich nicht“, sagte eine junge Besucherin und brachte damit die Meinung vieler auf den Punkt. Einen Höhepunkt stellte in der Nacht auf Samstag die Chemnitzer Band Kraftklub dar. Die fünf Bandmitglieder ließen sich auf der Bühne von rund 60 Tänzerinnen unterstützen und sorgten so für eine beeindruckende Show.
Am zweiten Tag von „Rock im Park“war der Auftritt von System of a Down der Besuchermagnet: Die Band sorgte mit vielen alten Hits für Jubel und wilde Pogo-Tänze im Publikum. Eine Bühne weiter schaffte die Kölner Band Annenmaykantereit mit etwas ruhigeren Tönen eine gemütliche Lagerfeuer-Atmosphäre, ehe Macklemore & Ryan Lewis vor allem den jüngeren Gästen einheizten. Das Highlight war der Auftritt von Rammstein am Sonntag, auf den die Nürnberger Besucher anders als die des Schwesterfestivals nicht verzichten mussten.
Drei Tage, 90 Bands, zehntausende Besucher