Ein letztes Bad in der Menge
Bei der Verabschiedung der Mannschaft gab es heitere und wehmütige Momente. Warum es mit vielen Spielern wohl kein Wiedersehen geben wird
Die Fans von Ratiopharm Ulm hätten ihre Mannschaft gern erst nach der Endspielserie um die deutsche Basketball-Meisterschaft in die Sommerpause verabschiedet. Zwei Tage nach dem Aus im fünften Halbfinalspiel gegen Oldenburg herrschte im Foyer der Arena eine Mischung aus Enttäuschung, Dankbarkeit für eine Saison mit trotzdem vielen begeisternden Spielen, Wehmut und Belustigung. Für die heiteren Momente sorgten Per Günther und Thomas Stoll. Der Kapitän plauderte über seine Bemühungen, dem amerikanischen Teamkollegen Chris Babb ein paar Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu vermitteln. Babb war demnach ein gelehriger Schüler und hat sogar das Wort „genein“erfunden – seiner Überzeugung nach das Gegenteil von „genau“. Manager Stoll sagte über den eher introvertierten Raymar Morgan: „Vor ein paar Monaten hat er sogar zu sprechen begonnen.“
Die Spieler, die in der Hauptrunde mit 27 Siegen am Stück einen Bundesliga-Rekord aufgestellt hatten, nahmen am Samstag ein letztes Bad in der Menge. Sie hatten Schuhe und Trikots als Geschenke für die Fans mitgebracht, sie schrieben hunderte von Autogrammen und sie wurden noch einmal mit „Uuuulmer“-Sprechchören gefeiert. Am Abend traf sich die Mannschaft dann zu einem gemeinsamen Essen, am Sonntag reisten die Spieler heim und es ist zu befürchten, dass ein Großteil von ihnen nicht zurückkommt. „Die Veränderungen wer- den groß sein“, sagte Stoll, der zuvor von „der besten Mannschaft, die je in Ulm gespielt hat“, gesprochen hatte.
Dass Babb und trotz aller Bemühungen auch Morgan kaum zu halten sein werden, davon war ohnehin ausgegangen worden. Aber auch sonst hat sich nach der Verlängerung der Verträge von Günther und Tim Ohlbrecht nichts mehr getan. Es könnte also schwierig werden beispielsweise auch bei Augustine Rubit, Braydon Hobbs und Karsten Tadda. „Die meisten Spieler haben Angebote und bei unserem Etat wird es keine großen Sprünge geben“, sagt der Manager: „Wegen 50000 Euro mehr im Jahr würde sicher keiner gehen. Aber da sind ganz andere Summen im Spiel.“Der Manager nannte als Hausnummer eine halbe Million, die pro Saison beispielsweise in der Türkei zu verdienen sei: „Man muss jedem Spieler raten, so ein Angebot anzunehmen.“
Auf ihn und Trainer Thorsten Leibenath kommt also im Sommer bei der Zusammenstellung einer
„Genein“ Das Gegenteil von „genau“– Nach Überzeugung von Chris Babb
neuen Mannschaft wieder eine Menge an Arbeit zu. Abzuwarten bleibt, ob sie das erneut so gut hinkriegen wie beim letzten Mal. Stoll schwärmte bei der Verabschiedung: „Es war kein einziger Stinkstiefel im Team. Keiner, der für seine persönliche Statistik gespielt hätte.“