Sie nennen ihn „Blutkuh“
Der 73-jährige Peter Hölzle rettete schon Leben. Doch seine vielen Blutspenden helfen nicht nur anderen
Peter Hölzle hat es ganz schön erwischt. Der 73-Jährige ist verliebt. Und auf dem Sprung. Seine Lebensgefährtin wartet in Franken. Für ein paar Tage besucht er sie. Am Dienstag aber muss er wieder in Augsburg sein. Schließlich ist er der Topstar unter den über 800 geladenen Gästen. 200 Mal hat er sein Blut gespendet. Seit seinem 18. Lebensjahr. Regelmäßig. Der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes ehrt nächste Woche die fleißigsten Blutspender in Schwaben.
Am heutigen Weltblutspendetag steht die Information im Vordergrund. Wer Hölzle fragt, warum er sich mehrmals im Jahr freiwillig piksen lässt, erfährt, was es heißt, wenn für jemanden Helfen und Nächstenliebe nicht nur schön klingende Schlagworte sind.
Schon Peter Hölzles Mutter spendete regelmäßig ihr Blut. Als ihr Sohn 18 Jahre alt war, fragte sie ihn, ob er nicht mitkommen wolle. Er wollte. Heute ist er überzeugt, dass nicht nur seine Mutter für sein jahrzehntelanges Engagement ausschlaggebend war, sondern auch seine Zeit bei den Pfadfindern. Das Motto „Jeden Tag eine gute Tat“habe ihn geprägt. Mit 14 Jahren begann er bei den Wieland-Werken in Vöhringen (Landkreis Neu-Ulm) – Hölzle ist gebürtiger Vöhringer – eine Lehre als Maschinenschlosser. Er blieb nicht nur 45 Jahre in dem Unternehmen, er trat auch mit 16 der Werksfeuerwehr bei, leitete sie später über Jahre und wurde der Sprecher der nicht öffentlichen Feuerwehren in Schwaben. „Helfen und helfen wollen“dieser Leitspruch habe ihn überzeugt, diesen Leitspruch habe er versucht zu leben. Und er passt auch zum Blutspenden.
Doch anderen helfen zu wollen, ist nach Ansicht von Hölzle aus der Mode gekommen. „In unserer Gesellschaft herrschen leider Ellenbogen und Egoismus vor“, sagt Hölzle. „Klar gibt es Ausnahmen“, betont der Rentner, der in Dorndorf in Illerrieden an der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg lebt und stolz von seinen zwei Töchtern und den fünf Enkeln erzählt.
Vor allem bei seinen vielen Blutspendeterminen hat er Menschen kennengelernt, für die es selbstverständlich ist, für andere da zu sein. „Diese Blutspender sind ja fast ein verschworenes Grüppchen“, erzählt er. Nach der Spende gebe es Kaffee oder richtige Mahlzeiten. Man setzt sich zusammen, lernt sich kennen, tauscht sich aus. „Das ist ja das Schöne.“Überhaupt genießen viele Blutspender die Zeit nach der Spen- de, erzählt Hölzle. Er beginnt zu schwärmen, was für ein unbeschreibbar gutes Gefühl es ist, was für eine seelische Bereicherung, etwas von sich zu geben, was anderen das Leben rettet. „Und was es nirgends zu kaufen gibt. Bei keinem Aldi, keinem Lidl.“
Als seine Frau vor Jahren an Krebs erkrankte, brauchte sie Blut. „Da haben wir gesagt, wie gut, dass wir so lange Blut gespendet haben.“Hölzles Frau hat den Kampf gegen die Krankheit dennoch verloren. Doch viele andere Schwerstkranke überleben dank der Blutspenden. „Manchmal würde es mich schon interessieren, wo mein Blut gelandet ist“, sagt Hölzle. Schließlich waren es 100 Liter. „Umgerechnet in Bier ist das eine ordentliche Menge.“
Viele seiner Freunde nennen ihn „Blutkuh“. „Dabei wäre Blutochse ja passender“, sagt Hölzle und lacht. Hölzle lacht viel und erzählt gerne. „Ich fühle mich heute um viele Jahre jünger.“Regelmäßiger Sport – radeln, schwimmen, Ski fahren – aber alles mit Maß, halte ihn fit. Und natürlich die Liebe. Seine verstorbene Frau habe ihm am Sterbebett gut zugesprochen, nicht allein zu bleiben. „Ich liebe die Zweisamkeit“, gesteht Hölzle. Dann muss er aufhören mit dem Erzählen und losfahren. Seine Lebensgefährtin wartet.