Inferno auf der Autobahn
Schreckliche Szenen müssen sich auf der A9 abgespielt haben. Was mal ein Reisebus war, ist nur noch ein verkohltes Gerippe. Es ist nicht der erste Horror-Unfall in dieser Gegend
Das verheerende Busunglück liegt nur Stunden zurück, als die Szenerie auf der A9 im Norden Bayerns fast schon wieder nüchtern wirkt. Feuerwehrleute halten eine Lagebesprechung ab, die Polizei organisiert die Spurensicherung. Die ganze Tragik des Ereignisses wird erst deutlich, als ein Leichenwagen nach dem anderen vorfährt und vor einem komplett ausgebrannten Gerippe hält, das einmal ein Reisebus war. 18 Menschen, davon geht die Polizei aus, fanden zwischen Münchberg und Gefrees in Oberfranken auf grausame Art und Weise den Tod. Sie verbrannten.
Es ist kurz nach 7 Uhr, als der Notruf bei der Feuerwehr eingeht. Ein Reisebus und ein Lastwagenanhänger stehen auf der Autobahn in Flammen. Der Bus, in dem unter anderem eine Reisegruppe aus Sachsen sitzt, ist aus noch ungeklärter Ursache auf den Lkw aufgefahren. 30 Menschen können sich ins Freie retten. Mit teils schweren Verletzungen werden sie in Krankenhäuser gebracht. Für die anderen Fahrgäste – insgesamt saßen 46 Reisende und zwei Fahrer im Bus – kommt jede Hilfe zu spät.
„Als wir eingetroffen sind, kam niemand mehr aus dem Bus“, sagt Andreas Hentschel von der Feuerwehr Münchberg. Einige Stunden dem Unglück teilt die Polizei mit: „Die verbleibenden Personen dürften wohl in dem brennenden Reisebus ums Leben gekommen sein.“Dass sich manche etwa auf das Gelände neben der Autobahn geflüchtet haben könnten, schließen Polizei und Feuerwehr aus. Dort seien Wildschutzzäune angebracht, die hätte niemand so leicht überklettern können. So hat sich auch diese vage Hoffnung zerschlagen.
Der Bus gehört einem Unternehmen aus dem sächsischen Löbau nahe Görlitz. Das Fahrzeug sei drei Jahre alt gewesen und zuletzt im April ohne Beanstandungen vom TÜV geprüft worden, teilen der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer und der Landesverband des Sächsischen Verkehrsgewerbes mit. Der Bus sei vorschriftsmäßig mit zwei Fahrern unterwegs gewesen. Der Kollege, der zum Zeitpunkt des Aufpralls am Steuer saß und umkam, war seit mehr als zehn Jahren bei dem Unternehmen beschäftigt und 2013 für langjähriges unfallfreies und sicheres Fahren ausgezeichnet worden. Er hatte im November 2016 ein Fahrsicherheitstraining gemacht.
Bei der Reisegruppe handelt es sich um Frauen und Männer im Alter zwischen 41 und 81 Jahren. Sie kommen überwiegend aus der Oberlausitz und dem Raum Dresden. Zahlreiche Beileidsbekundungen werden nach und nach veröffentlicht. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) drücken ihr Mitgefühl aus.
Es muss ein Inferno gewesen sein. Vom Bus ist nur noch ein verkohltes Gehäuse zu sehen. Das Wrack bietet einen grausigen Anblick. Selbst die Bäume daneben sind vom Feuer gezeichnet. Feuerwehrmann Andreas Hentschel sagt: „Der Bus stand lichnach terloh in Flammen.“Seine Kollegen fahren den Spurensicherungsexperten der Polizei eine Drehleiter aus, damit die bessere Fotos von der Szenerie machen können. „Im Einsatz funktionierst du, die Bilder kommen erst hinterher, wenn du zur Ruhe kommst“, sagt Hentschel.
Er war auch schon vor Ort, als 1990 in der Nähe der jetzigen Unglücksstelle ein anderer tragischer Unfall passierte. Bei einer Massenkarambolage starben zehn Menschen, weitere 122 wurden verletzt. Vergleichen könne man die Unglücke aber nicht, sagt Hentschel: „Damals hatten wir ein eineinhalb Kilometer langes Trümmerfeld.“
Feuerwehrfahrzeuge und Planen schützen die Reste des drei Jahre alten Busses vor neugierigen Blicken. Experten der Spurensicherung und der Rechtsmedizin beginnen mit ihren Arbeiten. Die Opfer müssen identifiziert werden. Und die Staatsanwaltschaft will aufklären, wie es zu dem Unfall kam. Denn wie ein Bus so rasch komplett in Brand geraten konnte – das wirft Fragen auf.
Die Polizei hat die Autobahn komplett abgeriegelt. Lange Staus auf den Umgehungsstraßen folgen. In beide Richtungen ist die A9 erst am späten Abend wieder befahrbar.