Wie sicher sind Reisebusse?
Nach dem tödlichen Bus-Drama auf der A9 sind noch viele Fragen offen. Der Ruf nach Konsequenzen wird immer lauter und eine Umfrage bringt Besorgniserregendes zutage
Nach dem tragischen Busunglück auf der A9 in Oberfranken, bei dem am Montag 18 Menschen ums Leben kamen, wird über die Ursachen, die Sicherheit von Reisebussen und die Konsequenzen diskutiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wer war schuld an der Katastrophe?
Diese Frage ist noch nicht geklärt, allerdings haben Polizei und Staatsanwaltschaft momentan nur den Busfahrer, der bei dem Unfall ums Leben kam, als Verursacher im Visier. Gegen andere Personen werde derzeit nicht ermittelt. Der Firmensitz des Busunternehmens in Sachsen wurde durchsucht, Unterlagen wurden sichergestellt.
Wie geht es den Überlebenden?
Sieben der 30 verletzten Personen konnten gestern das Krankenhaus verlassen, drei sind nach Angaben der Polizei noch in Lebensgefahr.
Wie sicher sind Reisebusse?
Ein Blick auf die Unfallzahlen macht deutlich: Reisebusse zählen im Straßenverkehr zu den sichersten Verkehrsmitteln. Im Jahr 2015 ereigneten sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland insgesamt rund 400 000 Verkehrsunfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden – an rund 6100 waren Busse beteiligt, also an 1,5 Prozent. 3459 Menschen starben in jenem Jahr auf deutschen Straßen – fünf davon saßen in einem Bus. In den Jahren 2010 bis 2015 lag die Busbeteiligung im Schnitt ebenfalls bei 1,5 Prozent, dabei starben 86 Menschen.
Warum brannte der Bus so schnell komplett aus?
Die Ermittlungen dazu laufen. Untersuchungen des Bundesamtes für Materialwirtschaft haben aber bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass die Innenausstattung von Reisebussen trotz europäischer Richtlinien relativ schnell Feuer fängt – im Gegensatz beispielsweise zur Innenausstattung von Zügen der Deutschen Bahn. Kritiker fordern daher eine Anpassung der Vorschriften.
Welche Sicherheitsvorschriften gelten für deutsche Reisebusse?
Neben diversen Vorgaben zu Lenkund Ruhezeiten für Fahrer (höchstens zehn Stunden an einem Tag, 45 Minuten Pause nach 4,5 Stunden) und der Anschnallpflicht für Fahrgäste gibt es auch technische Vorschriften. So müssen unter anderem Rauchmelder im Motorraum und in Toilette sowie mindestens ein Feuerlöscher an Bord sein. Seit 2015 ist bei neuen Bussen zudem ein Notbrems-Assistent (AEBS) vorgeschrieben, der im Notfall das Fahrzeug vor einem nahenden Hindernis automatisch abbremst. Bis 2018 müssen auch ältere Busse nachgerüstet werden. Das System kann allerdings vom Fahrer eigenhändig ausgeschaltet werden. Kritiker fordern, das Abschalten zu verbieten.
Welche zusätzlichen technischen Maßnahmen sind möglich?
Auf freiwilliger Basis können Busunternehmen ihre Fahrzeuge beispielsweise mit Sprinkleranlagen im Motorraum ausstatten, die im Fall eines Brandes anspringen und das Feuer löschen. Dazu bietet beispielsweise Bushersteller Daimler bei seinen Setra-Bussen, die in NeuUlm produziert werden, ab 2018 den „Active-Brake-Assist 4“an, der Fußgänger auf der Straße rechtzeitig erkennt. Ein Bus aus dem Hause Daimler kostet laut eines Unternehmenssprechers neu rund 300 000 Euro – für rund 3000 Euro Aufpreis sei das komplette zusätzliche Sicherheitspaket zu haben.
Wie reagiert die Politik auf die Probleme mit Gaffern und der Rettungsgasse beim Unfall auf der A9?
Seit Ende Mai gilt es bereits als Straftat, bei Unglücksfällen vorsätzlich Einsatzkräfte zu behindern, die Hilfe leisten oder leisten wollen. Dader rauf stehen Geldstrafen oder bis zu ein Jahr Haft. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will Behinderungen von Rettungskräften drastisch schärfer ahnden. Bilden Autofahrer keine Notgasse, sollen statt der bisherigen Geldbuße von 20 Euro künftig mindestens 200 Euro und zwei Punkte in der Verkehrssünderdatei in Flensburg drohen. „Wir werden die geplante Erhöhung der Bußgelder noch einmal deutlich verschärfen“, sagte Dobrindt. Im schwersten Fall mit Sachbeschädigung sollen nach Angaben des Ministeriums bis zu 320 Euro, zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot fällig werden. Am Freitag befasst sich der Bundesrat mit dem Thema.