Acht Regeln für besseres Streiten
Kaum etwas zermürbt eine Partnerschaft so sehr wie Dauer-Zoff. Immer wieder die gleichen Themen und die alte Leier. Doch Streit ohne seelische Verletzungen kann man lernen. Psychologen verraten einfache Tipps
Keine Beziehung verläuft immer nur harmonisch. Dabei ist Streit grundsätzlich nicht schlimm: Er hat Psychologen zufolge eine wichtige Ventilfunktion. „Bei vielen Paaren prallen zwei Kulturen aufeinander“, sagt Berit Brockhausen, Psychologin und Buchautorin aus Berlin. Manche Dinge müssen einfach geklärt werden. „Das zeigt aber, dass da etwas ist zwischen den Partnern. Wir streiten uns nur mit Menschen, die uns wichtig sind.“
Wenn ein Streit jedoch immer wieder eskaliert, die Partner sich anschreien, beleidigen oder Vorwürfe machen, endet das in Missmut. „Solche Paare werden mit der Zeit feindselig, misstrauisch, denken: ‘Der andere meint es nicht mehr gut mit mir’“, sagt Brockhausen. Psychologen raten deshalb zum Time-out: Die Partner unterbrechen den Streit, bevor er richtig fies wird. Sie regen sich ab und reden später weiter. Das erfordert guten Willen. Und einige Regeln.
Es hilft, einen Vertrag zu vereinbaren. In einem ruhigen Moment sollten beide Partner ausmachen, dass sie Beschimpfungen, pauschale Vorwürfe und Ähnliches nicht wollen. Dazu können sie einen Vertrag unterschreiben, rät der Diplom-Psychologe Peter Groß aus Köln. Auch Paartherapeutin Brockhausen zufolge sollten beide Partner überlegen, ab wann ein Streit nichts mehr bringt. „Das kann zum Beispiel sein, wenn ich die gleiche Sache zum dritten Mal erkläre“, sagt die Diplom-Psychologin. Man könne sich vorher eine Art Codewort oder einen Satz überlegen. „Oder ich schreibe mir etwas auf, das ich dem Partner dann zeige, wie eine Gelbe Karte“, rät sie.
Der rät, Pausen zu akzeptieren. Sagt einer „Stopp“, dann gilt das. „Wenn einer von beiden das Gefühl hat, das geht ihm gerade zu weit, darf er oder sie das jederzeit sagen, auch mitten im Satz“, erläutert der Kölner Psychologe Groß. Die Situation wird sofort unterbrochen, die Partner gehen auseinander, auch räumlich. „An dem Punkt muss ich aus dem Zimmer gehen können, ohne dass der andere mir nachkommt.“Der Partner muss das Time-out des anderen akzeptieren, sonst wird der Vertrag schnell wirkungslos. Die Streit-Pause eignet sich auch, um Zoff an Feiertagen, Wochenenden oder im Urlaub zu umgehen: „Viele Paare streiten nämlich genau dann, wenn es eigentlich schön sein sollte.“
Der lautet schlicht: Abregen. „Emotionen drücken sich körperlich in Hormonen aus“, erklärt Psychologe Groß. Wer sich aufregt, produziert Stresshormone und ist rasch auf 180. „Genauso schnell werden die Hormone aber auch wieder zerlegt.“Wer den Raum verlässt, hat gute Chancen, sich schnell wieder zu beruhigen. „Um sich abzuregen, braucht jeder etwas anderes“, fügt Paartherapeutin Brockhausen hinzu. Der eine geht joggen, der andere hört lieber Musik.
Der heißt, das eigentliche Problem erkennen: Viele Paare glauben, sie streiten wegen Kleinigkeiten – etwa nicht gespültem Geschirr oder herumliegenden Socken. „Meist ist das aber nur der Anlass“, erklärt Brockhausen. In Wahrheit gehe es um mehr. Zum Beispiel: Beide arbeiten in Vollzeit, der eine fühlt sich überlastet und denkt: Ich habe meinen Partner schon so oft darum gebeten. Daraus wird schnell: Was ich denke oder fühle, zählt für ihn nicht. Damit der Streit nicht weiter eskaliert, sollten beide in Ruhe überlegen, wo das wahre Problem liegt. Der für Paare ist, das kein Streit ausufern sollte. „Wenn es immer auf endlose Diskussionen hinausläuft, macht das mürbe und kaputt“, sagt Psychologe Groß. Brockhausen ergänzt: „20 Minuten reichen! Wenn das Problem dann nicht geklärt ist, lieber erneut eine Pause machen.“Helfen könnten dabei ein Timer oder eine Eieruhr. Die Begrenzung der Zeit erhöht die Bereitschaft, sich erneut auf ein kontroverses Thema einzulassen.
Der richtet sich an beide gleichermaßen, die eigene Einstellung zu überdenken: „Es macht einen riesen Unterschied, mit welcher Haltung ich in ein Gespräch gehe“, erläutert Paartherapeutin Brockhausen. Betrachtet man den Partner als Gegner, gegen den man etwas durchsetzen möchte, oder als Verbündeten, mit dem man eine Lösung finden will? Die Evangelische Beratungsstelle für Ehe- und Lebensfragen empfiehlt in einem Leitfaden zu konstruktivem Streiten: Überlegen Sie sich, welche Folgen eine weitere Eskalation hätte und ob Sie diese in Kauf nehmen wollen.
Der schließt an den ersten an, das unterbrochene Streitgespräch wieder fortzuführen. Wer im Streit ein Time-out einfordert, muss unbedingt einen Zeitpunkt nennen, wann das Gespräch weitergehen soll. „Es ist sehr wichtig, später weiterzureden und den strittigen Punkt wieder aufzugreifen“, sagt Brockhausen. Für das Klärungsgespräch überlegt man sich am besten, was einen so aufgeregt hat: „Seien Sie dabei ehrlich mit sich selbst.“Umso ehrlicher könne man später mit dem Partner reden, und umso weniger angegriffen fühle der sich.
Der heißt, für ein gutes Gesprächsklima und den richtigen Zeitpunkt zu sorgen: Für das Klärungsgespräch sollten beide wach sein und Zeit haben. „Auf keinen Fall morgens vor dem ersten Kaffee oder abends todmüde auf dem Sofa“, rät Paartherapeutin Brockhausen. Je nachdem, wie man den Partner anspricht, kann man das Gespräch lenken. „Ich kann sagen: ,Das war unmöglich von dir.’ Ich kann den anderen aber auch einladen: ,Das hat mich total beschäftigt. Es würde mich interessieren, was du darüber denkst.’“Als Grundregel empfiehlt Brockhausen: „Überschütten Sie den Partner nicht damit, wie schlimm er ist.“Statt sich beim Gespräch frontal am Tisch gegenüberzusitzen, sollte man lieber spazieren gehen und Händchen halten. „Dann hört man einander ganz anders zu“, sagt sie.