Auf der Suche nach dem ultimativen Kick
Zeigt euch eher ungewöhnliche Sportarten, die ihr in der Region ausprobieren könnt. Heute: Taekwondo
Zumindest im Sportunterricht hat jeder schon mal einen Fußball gekickt, einen Basketball im Korb versenkt oder seine Bahnen im Schwimmbad gezogen. K!ar.Text testet für euch Sportarten etwas abseits des Mainstreams. Alle vorgestellten Disziplinen könnt ihr hier in der Region problemlos ausprobieren. Diesmal waren wir für euch beim Taekwondo-Training.
In Paare aufgeteilt stehen sich die kleinen Nachwuchskampfsportler gegenüber. Den Kopf bedeckt ein weißer Helm, den Körper schützt die blaue Weste. Konzentriert blicken sie sich in die Augen, die Hände zu Fäusten geballt. In Kampfhaltung beobachten sie geduldig die Bewegungen des Gegenübers. Dann holt eines der Kinder zum Fußkick aus. Begleitet von einem Kampfschrei prallt der Fuß in Brusthöhe auf der Schutzweste des Gegenübers auf.
Fast schon sein halbes Leben ist Marlon Goertges Mitglied im Taekwondo-Verein. Ihm fehlen nur noch zwei Stufen, bis auch er sich den ranghöchsten, schwarzen Gürtel um die Hüfte binden darf – obwohl er erst zehn Jahre alt ist. Eigentlich hat der Verein die Altersgrenze für den Einstieg auf mindestens sechs Jahre festgesetzt. „Für Marlon haben wir aber eine Ausnahme gemacht, weil er eine Woche nach seinem Eintritt sechs Jahre alt geworden ist“, sagt Ralf Ramminger. Der 54-Jährige ist einer der Taekwondo-Trainer des TSV Pfuhl. Gerade übt er mit den Nachwuchskampfsportlern.
Diesmal sind nur eine Handvoll Kinder gekommen, was vermutlich den sommerlichen Temperaturen um die 35 Grad geschuldet ist. Hans Ott ist eines der Gründungsmitglieder der Kampfsportabteilung des TSV Pfuhl, Trainer und selbst begeisterter Taekwondoin, wie die Sportler genannt werden. „Normalerweise sind es etwa 25 bis 30 Kinder“, sagt er. Bei den Erwachsenen seien es zwischen zehn bis 16 Trainingsbeteiligte. Insgesamt umfasst die Abteilung 131 Mitglieder. Aufgrund des riesigen Andrangs habe man zusätzlich zur Seehalle das Sport- und Kampfzentrum in der Hauptstraße als Trainingsort eröffnet. Dort trainieren die Kleinen und die Erwachsenen zwei Mal die Woche zu unterschiedlichen Zeiten.
Der zehnjährige Marlon ist im Training mit Begeisterung dabei: „Mir macht der Sport Spaß, weil ich viel über Selbstverteidigung und Kondition lerne.“Laut Ott könne jeder, egal, in welchem Alter, mit dem koreanischen Kampfsport anfangen. Er selbst sei 62 Jahre alt und trainiere noch regelmäßig mit den anderen Erwachsenen. „Durch Trainingsfleiß ist bei der Sportart viel möglich“, sagt er. Allerdings müsse man fähig sein, Verantwortung zu tragen – daher auch die Altersbeschränkung ab sechs Jahren.
Das Ziel beim Taekwondo sei es, eine gewisse Verhältnismäßigkeit zu erlernen. Damit meint Ott, dass die großen und kleinen Taekwondokämpfer lernen müssen, welche Re- aktion auf einen Angriff angemessen ist. Darauf achtet auch Ramminger im Training: „Wer nur kämpfen will, ist beim Taekwondo falsch.“Teil des Programms ist daher auch Laufen von Formen. Das ist eine festgelegte Schritt- und Technikfolge, die zur Automatisierung des Bewegungsablaufs dient. Das Kämpfen kommt aber nicht zu kurz. Ott sagt: „In Pfuhl lehren wir die moderne Form des Taekwondos. Körperkontakt ist da miteingeschlossen.“
Die Kampfsportler trainieren bei Wettkampfübungen ausschließlich in Schutzausrüstung. So könne das Verletzungsrisiko gering gehalten werden. Selbstbeherrschung und Disziplin brauchen die Kampfsportler, um im Rang der Gurte aufzusteigen – die Anmeldung zur Prüfung sei erst nach intensivem Training möglich. „Einen neuen Gurt zu erreichen ist aber ein großer Ansporn“, sagt Ramminger. Anfänger starten mit dem weißen, dann folgen der gelbe, grüne, blaue, rote und schließlich der schwarze Gürtel. Ott ergänzt, dass es aber jeweils noch eine Zwischenstufe gebe: Bevor ein Taekwondoin zum Beispiel vom gelben zum grünen Gürtel aufsteigt, erhält er zunächst den gelb-grünen Gürtel. Mit dem Bestehen der Prüfung zum Schwarzgurt ändert sich das System: Dann erhält der Kampfsportler seinen Meistergrad, den sogenannten 1. Dan. Mit dem erneuten Ablegen dieser Prüfung – was allerdings frühestens nach einem Jahr möglich ist – erhöht derjenige den Meistergrad zum 2. Dan. Der höchstmögliche Gürtelgrad ist der 9. Dan.
Erst kürzlich haben im Mai drei Pfuhler Kampfsportler ihre Prüfung zum Schwarzgurt abgelegt. Ilka Mitsche ist eine von ihnen. Sie hat die Prüfung beim ersten Mal bestanden: „Ich bin sehr froh darüber und erleichtert.“Sieben Jahre habe sie auf diesen Moment hintrainiert. Schritt für Schritt sei sie so ihrem Ziel näher gekommen. Bei der Prüfung mussten die Sportler unter anderem die Formen korrekt ausführen und ein Brett mit Handkante durchschlagen.
Auch der gemeinsame Ausflug nach Fürth zur Prüfung sei ein tolles Erlebnis gewesen. „Das war ein riesen Spaß“, sagt Mitsche. Und das ist laut Ramminger das Wichtigste – denn der Spaß stehe bei dem Taekwondo selbstverständlich im Vordergrund.
Schon mit sechs Jahren darf man Taekwondo trainieren Der 9. Dan ist der höchstmögliche Gürtelgrad