Der Nafri von nebenan
Komiker Abdelkarim macht sich vor rund 600 Fans über seine eigenen Wurzeln und die antimuslimische Hysterie der Deutschen lustig. Auch heikle Gags ernten dabei viel Gelächter
Jahrelang hat der Komiker Abdelkarim gegrübelt, ob er ein deutscher Marokkaner oder ein marokkanischer Deutscher ist? Jetzt hat er mit einer Zwischenlösung seinen Frieden gefunden. Er ist Deutschlands „Staatsfreund Nummer 1“. So lautet auch sein aktuelles Programm, mit dem er auf Tour ist. Und das bringt auch bei seinem Auftritt im Ulmer Zelt rund 600 Fans zum Lachen.
Gleich zu Beginn geht der Comedian auf Schmusekurs mit dem Publikum, parliert lustig mit dem Hausfotografen des Festivals und pickt sich den jüngsten Gast Stefan heraus, der mit seiner Familie gekommen und 13 Jahre alt ist. „Sei mal ehrlich, bist du freiwillig hier oder ist dein Handy kaputt?“, will der Mann auf der Bühne wissen, der in den zwei Stunden seiner Show gewiss etliche Kilometer hin- und hergelaufen ist.
Kein Zweifel, Abdelkarim ist derzeit in aller Munde, sorgt unter anderem in der „Heute Show“und „Die Anstalt“für den nordafrikanischen Tupfer, obwohl er in der „Bielefelder Bronx“als Kind marokkanischer Einwanderer geboren ist, wie er nicht ohne Stolz verkündet. So hat er die dort übliche Gas- sensprache drauf und gibt auf den Bühnen den Repräsentanten zweier Kulturen, die zuweilen gegensätzlicher nicht sein können, wie man immer wieder in den Nachrichten erfahren kann. Abdelkarim sagt im Zelt, er habe es im Gegensatz zu an- deren zahlreichen Menschen mit nordafrikanischen Wurzeln geschafft, nach vielem Bemühen einen Gesellschaftsteilnahmeschein in Deutschland zu bekommen. „Jetzt bin ich ein Deutscher, gefangen im Körper eines Grapschers“, sagt er und spielt auf die Silvestervorkommnisse 2015/16 am Kölner Dom an.
Das Leben in der „heimatlichen Fremde“ist sein Hauptthema. Abdelkarim spinnt feinsinnige Geschichten aus seinem Leben, die mehr hinter- als vordergründig sind und trotzdem, wie man sich anhand des Publikums im Zelt überzeugen konnte, für Lacher am laufenden Band sorgen. Gelegentlich bekommt auch das Politikgetriebe sein Fett ab, das Demokratie, Menschenrechte und Freiheit schon mal ignoriere, sobald es um wirtschaftliche Interessen wie Erdöl gehe. Als Nordafrikaner sei er ein „Nafri“, also Araber ohne Erdöl.
Sein Lieblingswort „Kanaken“gebraucht der studierte Jurist an diesem Abend häufig. Und natürlich erzählt er seine Lieblingsstory von seinem Reisegepäck, um das er keine Angst mehr haben muss. „Meine Tasche will niemand haben. Und wenn ich sie mal im Bahnhof vergessen habe und zurückkomme, ist der ganze Bahnhof leer und drei Polizisten passen auf meine Tasche auf.“Schwieriger gestalten sich für ihn und seine Freunde dagegen Umzüge: „Wir Araber kriegen einfach keinen Lkw mehr ausgeliehen.“
Abdelkarim schafft es selbst mit solch heiklen Themen, befreiendes Lachen zu produzieren. Und schließlich stellt er eine Frage leicht nuschelnd ans Publikum, die er selbst beantwortet: Was ist ein Hipster? „Ein Salafist in Röhrenjeans“.